Sprung von der «Trumptanic» Erste Republikaner wenden sich von Trump ab

dpa/tsha

6.11.2020

Republikaner kritisieren offen den US-Präsidenten

Republikaner kritisieren offen den US-Präsidenten

Angesichts schwindender Aussichten auf einen Sieg feuerte US-Präsident Donald Trump weitere verbale Breitseiten gegen das Wahlsystem ab, dessen Legitimität er seit Wochen attackiert.

06.11.2020

Eric Trump fordert von den Republikanern mehr Unterstützung für seinen Vater. Doch einige gehen schon auf Distanz zum Präsidenten. Seine Vorwürfe empfinden auch im konservativen Lager viele als bizarr. Aber nicht alle.

Die Auftritte von Donald Trump bringen seine eigene Partei in Bedrängnis. Schon vor der Wahl gab es kritische Stimmen. Aber jetzt setzen sich weitere führende Politiker der Grand Old Party, wie sich die Republikaner so stolz nennen, von ihrem Spitzenmann ab. Sie sind erzürnt, wie ein amerikanischer US-Präsident die demokratischen Verfahren der Wahl infrage stellt. Andere scheinen gebannt den Atem anzuhalten. «Wo sind die Republikaner?» schimpft Trumps Sohn Eric auf Twitter und ruft die führenden Leute der Partei auf: «Zeigt mehr Rückgrat, kämpft gegen diesen Betrug!»

Einige folgen dem Appell, etwa der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Senat, Lindsey Graham. Er spendete eine halbe Million Dollar an den Rechtshilfefonds, aus dem Klagen gegen Wahlergebnisse finanziert werden sollen. Auch Trumps ehemalige Sprecherin Sarah Huckabee Sanders zeigt sich überzeugt, dass ihr Ex-Chef «Führer dieser Partei» sein werde – wie auch immer die Wahl ausgeht. Andere aber bereiten schon ihren Sprung von der «Trumptanic» vor – das Bild von Trump auf der sinkenden «Titanic» geht gerade in den sozialen Netzwerken um.

Kritik aus Maryland

«Es gibt keine Rechtfertigung für die Äusserungen des Präsidenten heute Abend, die unseren demokratischen Prozess untergraben», kritisiert der republikanische Gouverneur von Maryland, Larry Hogan, nachdem Trump aus dem Weissen Haus schon wieder Betrugsvorwürfe äussert, ohne jedoch einen einzigen Beweis zu vorlegen. «Keine Wahl oder Person ist wichtiger als unsere Demokratie.»

Der Kongressabgeordnete Adam Kinzinger fordert: «Hören Sie auf, entlarvte Falschinformationen zu verbreiten ... Das wird langsam verrückt.» Und der Abgeordnete William Cogswell im Repräsentantenhaus von South Carolina twittert, er schäme sich für die Äusserungen des Präsidenten – auch als Republikaner, der gerade einen bisher von Demokraten gehaltenen Wahlkreis gewonnen habe.

Auf Twitter gibt es seit Anfang des Jahres einen Account «Republicans for Joe Biden» (Republikaner für Joe Biden). Gegen «Trumps lächerliche und haltlose Lügen über einen ‹Wählerbetrug›» müssten führende Republikaner öffentlich Stellung beziehen, fordert die Gruppe nun. Sie wandte sich dabei namentlich an Senator Mitt Romney, der 2012 selbst Präsidentschaftskandidat war und gegen den demokratischen Amtsinhaber Barack Obama verlor.



Romney hat schon gesagt, dass er Trump seine Stimme bei der Wahl verweigert habe. Der gläubige Mormone wandte sich zuvor auch schon gegen «die fehlende Bereitschaft des Präsidenten», «eine absurde und gefährliche Verschwörungstheorie zu verurteilen». Er reagierte damit Mitte Oktober auf eine Antwort Trumps auf die Frage nach seiner Haltung zur QAnon-Bewegung. Mit einer Bewertung der jüngsten Auftritte des Präsidenten hielt er sich zunächst jedoch zurück.

«Wir sehen uns einem gemeinsamen Feind gegenüber»

Eine Öffnung nach rechts aussen wird von Republikanern, die sich durchaus zum «Establishment» zählen und nicht wie Trump als Aussenseiter gerieren, kritisch gesehen. Manche gehen auch wegen Corona auf Distanz. «Ich wünsche sicherlich, dass der Präsident eine glücklichere Beziehung zu Masken entwickeln würde», sagt der Gouverneur von Ohio, Mike DeWine. Er fürchtet, dass die Zerrissenheit der USA auch die Chancen verringert, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen: «Wir sehen uns einem gemeinsamen Feind gegenüber, dem es egal ist, ob wir Trump oder Biden wählen.»



Bei den Republikanern gibt es die Sorge, dass diese Wahl und ihre Folgen letztlich das Vertrauen in die Demokratie untergraben. Dazu gehört, Wahlergebnisse zu akzeptieren, auch wenn die eigene Position keine Mehrheit gefunden hat. «Ich bin für Trump. Aber wenn es am Ende auf Biden herausläuft, dann werden alle von uns das akzeptieren», sagt DeWine.

Senator Pat Toomey aus Pennsylvania sagt, er sei besorgt über mangelnde Transparenz bei der Stimmenauszählung in diesem Schlüsselstaat. «Aber wenn ein endgültiges Ergebnis vorliegt und beglaubigt ist, müssen alle Parteien den Ausgang der Wahl akzeptieren.» Ein Appell für die Demokratie kommt am Freitag dann auch von Romney. Jede Stimme zu zählen, sei ein Herzstück der Demokratie. «Glaubt an die Demokratie, an unsere Verfassung und das amerikanische Volk!»

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