Trennung von Religion und Staat Französische Regierung stellt neues Islam-Forum vor

dpa

5.2.2022 - 21:13

Muslime beten in einer Moschee in Paris.
Muslime beten in einer Moschee in Paris.
Archivbild: Christophe Ena/AP/dpa

Das Gremium soll in Zusammenarbeit mit den Muslimen des Landes die Trennung von Kirche und Staat sicherstellen und Extremismus entgegenwirken. Manche Gläubige sehen einen politischen Schachzug.

5.2.2022 - 21:13

Die französische Regierung hat am Samstag ein Gremium zur Neugestaltung des Islams in Frankreich vorgestellt. Das Islam-Forum soll von Geistlichen und Laien geführt werden und die Trennung von Kirche und Staat gewährleisten. Befürworter argumentierten, das Forum werde das Land und die fünf Millionen französischen Muslime schützen. Kritiker betrachten das Forum als Versuch, bei der Präsidentschaftswahl im April dem Amtsinhaber Emmanuel Macron Stimmen aus dem rechten Lager zu sichern.

«Wir müssen ein neues Kapitel aufschlagen», sagte Innenminister Gerald Darmanin bei der Eröffnungssitzung des Forums im Wirtschafts-, Sozial- und Umweltrat in Paris. «Wir beginnen die Beziehungen zwischen dem Staat und dem Glauben neu.» Grundlage sei eine neue Form des Dialogs, der offener, integrativer und repräsentativer für die Vielfalt des Islams in Frankreich sein werde. Die Mitglieder des Islam-Forums werden von der Regierung ausgewählt. Mindestens ein Viertel von ihnen sollen Frauen sein.

«Eine französische Religion»

Macrons Projekt umfasst Massnahmen wie die Ausbildung von Imamen in Frankreich, anstatt sie aus der Türkei, Marokko oder Algerien zu holen – ein Plan, den auch viele Angehörige der muslimischen Gemeinden befürworten. Das Forum bricht auch mit der zentralisierten Führung der Geistlichen. «Einen einzelnen Vertreter des muslimischen Glaubens, der alles beherrscht, gibt es nicht mehr», sagte Darmanin. Frauen und Männer, die ihre Legitimation aus ihrer Arbeit und ihrem Fachwissen in einem bestimmten Bereich bezögen, sollten sich am Dialog mit dem Staat beteiligen.

Der französische Innenminister Gérald Darmanin sagte in einem Interview der Tageszeitung «Le Parisien», der Islam sei «keine Religion von Ausländern in Frankreich, sondern eine französische Religion, die nicht von ausländischem Geld und irgendwelchen Behörden im Ausland abhängig sein sollte».

Das Forum ersetzt den sogenannten Französischen Rat des muslimischen Glaubens, der 2003 vom damaligen Innenminister Nicolas Sarkozy geschaffen wurde. Der Rat hatte zwischen Regierung und Geistlichen vermittelt. In Frankreich leben mehr Muslime als in allen anderen Ländern in Westeuropa.

Muslime beklagen Diskriminierung

Muslime in Frankreich beklagen sich seit langem über Diskriminierung im Alltagsleben, von Ausweiskontrollen durch die Polizei bis hin zu Problemen bei der Arbeitssuche. Nach jedem extremistischen Anschlag in Frankreich sehen sich Muslime unter Generalverdacht gestellt und dazu gedrängt, die Gewalt zu verurteilen.

Das französische Parlament hatte im vergangenen Jahr ein Gesetz beschlossen, mit dem Moscheen, Schulen und Sportclubs strenger überwacht werden. Die Regierung argumentierte, dass das nötig sei, um Frankreich vor radikalen Islamisten zu schützen. Mit dem Gesetz wurden zahlreiche Moscheen und Gemeindegruppen geschlossen.

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