FTX-Gründer Bankman-Fried Das Wunderkind ist tief gefallen

tafi/SDA

13.12.2022 - 19:16

Insolvente Kryptobörse: FTX-Gründer auf den Bahamas festgenommen

Insolvente Kryptobörse: FTX-Gründer auf den Bahamas festgenommen

STORY: Der Gründer und ehemalige Chef der inzwischen bankrotten Kryptowährungsbörse FTX, Sam Bankman-Fried, ist auf den Bahamas verhaftet worden. Das Büro des Generalstaatsanwalts der Bahamas teilte mit, Bankman-Fried sei am Montag festgenommen worden, nachdem die US-Staatsanwaltschaft ihn strafrechtlich angeklagt habe. Man erwarte seine Auslieferung an die USA Die Polizei in den Bahamas erklärte, Bankman-Fried werde am Dienstag vor dem Magistratsgericht in Nassau erscheinen. Dessen Anwalt hatte zunächst auf Anfragen nicht reagiert. FTX hatte am 11. November in den USA Gläubigerschutz beantragt, nachdem Kunden als Reaktion auf die heimliche Verschiebung von Einlagen im Volumen von zehn Milliarden Dollar massenhaft Gelder abgezogen hatten. Bankman-Fried hat jegliche Betrugsvorwürfe zurückgewiesen.

13.12.2022

Eben noch als Selfmade-Milliardär ein Liebling der Wirtschaftspresse, heute wegen Betrugsvorwürfen in Haft: Nach dem Kollaps der Kryptobörse FTX geht es nun dem Gründer Sam Bankman-Fried an den Kragen. 

13.12.2022 - 19:16

Es ist einer der spektakulärsten Abstürze der US-Finanzgeschichte. Noch vor kurzem wurde Sam Bankman-Fried als Goldjunge der Kryptobranche gefeiert – nun könnte er für viele Jahre hinter Gitter kommen.

«Wir beschuldigen Sam Bankman-Fried, ein Kartenhaus auf Schwindeleien aufgebaut zu haben», verkündete der Chef der US-Börsenaufsicht SEC, Gary Gensler, am Dienstag in Washington. Dabei dürfte das Verfahren der Börsenaufsicht SEC für den Jungunternehmer mit dem markanten Wuschelkopf, dessen Markenzeichen Schlabber-Shirts, kurze Hosen und Badeschlappen sind, noch das kleinere Problem darstellen. 

Sam Bankman-Fried, der Gründer der Kryptobörse FTX, ist festgenommen worden. Ihm droht eine lange Haftstrafe.
Sam Bankman-Fried, der Gründer der Kryptobörse FTX, ist festgenommen worden. Ihm droht eine lange Haftstrafe.
Matias J. Ocner/Miami Herald via ZUMA Press Wire/dpa

Auch im Visier des Staatsanwalts

Am Vorabend war der erst 30 Jahre alte Bankman-Fried auf Betreiben der US-Justizbehörden auf den Bahamas verhaftet worden, wo seine insolvente Kryptobörse FTX ihren Hauptsitz hatte. Der Handelsplatz für Digitalwährungen wie Bitcoin und Ether war im November innerhalb weniger Tage in akuter Geldnot kollabiert und riss dabei den gesamten Kryptomarkt mit nach unten.

Jetzt geht es Bankman-Fried – in der Szene nur SBF genannt – auch persönlich an den Kragen. Die Staatsanwälte in New York City hat am Dienstag die Anklageschrift veröffentlicht, wie die «New York Times» berichtet. Bankman-Fried wird in acht Fällen angeklagt, unter anderem wegen Betrugs an Kunden und Kreditgebern und wegen Verschwörung, einschliesslich der Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten und der Verletzung von Wahlkampffinanzierungsgesetzen.

Dem FTX-Gründer drohen viele Jahre Gefängnis hinter Gitter bringen könnten. Dass die Behörden auf den Bahamas so schnell im Auftrag der US-Kollegen zugriffen, deutet laut Experten darauf hin, dass sich die Strafverfolger ihrer Sache sehr sicher sind. Die Auslieferung dürfte nur eine Formsache sein.

Einstiges Wunderkind

Ja, es ist wirklich einer der spektakulärsten Abstürze der US-Finanzgeschichte. Vor wenigen Monaten galt Bankman-Fried noch als Krypto-Wunderkind und zierte Titelseiten von US-Wirtschaftsblättern wie «Fortune». Sein FTX-Konzern wurde von Investoren zeitweise mit 32 Milliarden Dollar bewertet, sein eigenes Vermögen in den Superreichen-Charts von «Forbes» und «Bloomberg Billionaires» auf über 26 Milliarden Dollar taxiert.

FTX konnte sich im Kryptoboom vor Investorengeld kaum retten und entwickelte sich zu einem Powerhaus der florierenden Branche. Der Konzern gab Unsummen für Werbekampagnen aus, überzog Stadien mit seinem Logo, verpflichtete Promis wie Football-Star Tom Brady und Top-Model Gisele Bündchen als schillernde Markenbotschafter.

Auch in der Politik übte Bankman-Fried dank des vielen Geldes, das FTX zufloss, eine Zeit lang erheblichen Einfluss aus. Als Grossspender der Demokratischen Partei versuchte er, sich in Washington zum zentralen Sprachrohr der Kryptobranche aufzuschwingen und die Debatte um die von vielen Experten als überfällig angesehene Regulierung des Marktes mit grossem Lobbyaufwand mitzugestalten.

Selbst als der Kryptoboom endete und der Kursverfall Anfang des Jahres etliche Unternehmen in Not brachte, kratzte dies zunächst nicht am Image von SBF. Im Gegenteil: Sein FTX-Konzern avancierte in der Krise zunächst zum weissen Ritter, der strauchelnde Firmen rettete. Bankman-Frieds Imperium galt zeitweise gar als eine Art Zentralbank der Kryptowelt.

SEC: Anlegergelder gezielt veruntreut

Inzwischen wird immer klarer, dass es sich bei dieser vermeintlichen Erfolgsstory um einen handfesten Skandal handelt. Bankman-Fried wies Täuschungsvorwürfe zwar bis zuletzt zurück. «Ich habe nie versucht, Betrug an jemandem zu begehen», sagte er Anfang Dezember bei einer Konferenz in New York, zu der er aus den Bahamas zugeschaltet war.

Doch die SEC ist davon überzeugt, dass es bei FTX von Anfang nicht mit rechten Dingen zuging und Anlegergelder gezielt veruntreut und für andere Firmen im Umfeld abgezweigt wurden. Auch der neue Konzernchef John Ray, der die Leitung von FTX im Konkursverfahren übernahm, zeigte sich schockiert: «Noch nie in meiner Karriere habe ich solch ein komplettes Versagen an Unternehmenskontrolle und so einen Mangel an vertrauenswürdigen Finanzinformationen erlebt».

Was die Ex-Führungsriege um FTX-Gründer Bankman-Fried veranstaltet habe, sei schlicht «inakzeptabel». Ray hat 40 Jahre Erfahrung mit der Sanierung von Firmen. Er war unter anderem nach der historischen Pleite des US-Konzerns Enron mit dessen Abwicklung betraut gewesen.

Bei FTX habe die «Kontrolle in den Händen einer sehr kleinen Gruppe von unerfahrenen, naiven und womöglich kompromittierten Personen» gelegen, führte Ray in seinem ersten Lagebericht an das Insolvenzgericht aus. Die Situation sei «beispiellos», klagte der Sanierungsexperte. Bankman-Fried bezeichnete die Insolvenz derweil als seinen grössten Fehler und beschuldigte Ray, den Konzern «niederbrennen» zu wollen.

tafi/SDA