FrankreichTumult bei Wahlkampfauftritt von Rechtspopulist Eric Zemmour
dpa
6.12.2021 - 04:00
Der französische Rechtspopulist kündigt eine Rückeroberung des Landes an. In Paris demonstrieren Tausende gegen seine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl.
DPA
06.12.2021, 04:00
06.12.2021, 04:58
ap
Am Rande eines Wahlkampfauftritts des französischen Rechtspopulisten Eric Zemmour in der Nähe von Paris ist es am Sonntag zu Handgreiflichkeiten gekommen. Zuschauer schlugen mehrere Aktivisten nieder und beleidigten Journalisten, wie Reporter der Nachrichtenagentur AP beobachteten. Zemmour kündigte vor einigen Tagen an, er werde bei der Präsidentschaftswahl im kommenden April antreten. In Paris protestierten Tausende gegen seine Kandidatur.
Bei der Wahl stehe viel auf dem Spiel, sagte Zemmour. «Wenn ich die Wahl gewinne, wird das nicht nur ein weiterer (politischer) Wechsel sein, sondern der Beginn der Rückeroberung des schönsten Landes der Welt.» Seine Anhänger sangen die französische Nationalhymne, riefen «Wir werden siegen» und schwenkten die französische Flagge.
AP-Reporter sahen, wie einige schwarz gekleidete Aktivisten mit der Aufschrift «Nein zum Rassismus» auf ihren Pullovern von Teilnehmern der Kundgebung geschlagen und brutal aus dem Saal geführt wurden. Ausserhalb des Saals kam es zu weiteren Auseinandersetzungen zwischen Aktivisten und Sicherheitsleuten. «Ich bin kein Rassist», sagte Zemmour. «Wir verteidigen unser Land, unsere Heimat, unser angestammtes Erbe (um) ... unseren Kindern Frankreich zu vermitteln, wie wir es kennen.»
Zemmour fordert, dass sich die Ausländer der französischen Kultur «anpassen», anstatt ihre Identität zu behalten. Er will Eltern verbieten, ihren Kindern ausländische Namen zu geben, und die Auswahl auf typisch französische Namen beschränken. Darüberhinaus will er den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt auf französischem Boden abschaffen und ausländische Straftäter und Arbeitssuchende, die nicht innerhalb von sechs Monaten eine Stelle finden, ausweisen.
Reporter eines französischen Fernsehmagazins wurden von Zemmours Anhängern vor seiner Rede ausgebuht und beleidigt. Die Personen wurden kurzzeitig aus dem Saal geführt, aber Zemmour kritisierte die Medien in seiner Rede heftig. «Sie erfinden Polemiken über Bücher, die ich vor 15 Jahren geschrieben habe, sie schnüffeln in meinem Privatleben und beschimpfen mich mit allen möglichen Namen», sagte der Kandidat. «Meine Gegner wollen meinen politischen Tod, Journalisten wollen meinen sozialen Tod und Dschihadisten wollen meinen Tod.»
Zemmour wird in Frankreich mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verglichen, weil er mit seinem rabiaten Populismus und seinen Ambitionen auffällt, bei der Präsidentschaftswahl im April den Sprung von der Leinwand an die Spitze des Landes zu schaffen. Der 63-Jährige, der mehrfach wegen Hetzreden verurteilt wurde, stellte den Slogan seiner Kampagne vor: «Unmöglich ist nicht französisch», ein Zitat, das Napoleon zugeschrieben wird.
Die Kundgebung am Sonntag sollte ursprünglich in einer Pariser Konzerthalle stattfinden, wurde aber aus Sicherheitsgründen in ein grösseres Ausstellungszentrum in einem nördlichen Vorort der Hauptstadt verlegt. In Paris fand gleichzeitig eine Demonstration gegen Zemmour statt, die von mehr als 50 Organisationen organisiert wurde, darunter linke politische Parteien, Gewerkschaften und antirassistische Gruppen. Die Polizei hatte Zusammenstösse mit den rechtsextremen Anhängern von Zemmour befürchtet.
Im Pariser Stadtteil Barbes gingen am Sonntag Tausende Demonstranten auf die Strasse und marschierten hinter einem Transparent mit der Aufschrift «Paris wird die Rechtsextremen zum Schweigen bringen».