Spannender können es Armin Laschet und Markus Söder kaum machen. Sowohl der in Umfragen weit zurückliegende CDU-Chef als auch der beim Umfragevolk beliebte CSU-Vorsitzende haben nun ihre Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur erklärt. Nach wochenlangem Zögern und Bremsen drücken beide jetzt aufs Tempo: Zeitnah soll nun die K-Frage entschieden werden, da sind sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und sein bayerischer Kollege nach der Klausur der Spitze der Unionsfraktion am Sonntag einig. Die Frage ist nur: Wie? Und vor allem: Wer wird es am Ende? Laschet oder Söder? Startet nachher womöglich eine gespaltene Union in den Bundestagswahlkampf?
Keystone-SDA
11.04.2021, 20:00
SDA
Die Union steuert nun unaufhaltsam auf ihr High-Noon in der K-Frage zu. Dass Laschet die Kanzlerkandidatur anstrebt, daran hatte es seit langem keine erkennbaren Zweifel gegeben – doch erst jetzt sagt er dies auch öffentlich. Söder wiederum hatte auch auf hartnäckige Nachfragen monatelang nur geantwortet, sein Platz sei in Bayern. Die ungeklärte Frage, sie war zuletzt zu einer immer stärkeren Belastung für die Union geworden – zumal nun auch die Grünen mit dem 19. April einen Termin genannt haben, wann sie ihre K-Frage klären wollen.
Vor der versammelten Unionsfraktionsspitze kommt nun nicht nur Laschet aus der Deckung, sondern auch Söder: Er sei bereit zur Kandidatur, wenn die CDU ihn breit unterstütze. Die Sätze des CSU-Chefs hinter verschlossenen Türen lassen keinen Zweifel an seinen Ambitionen mehr. Aber Söder sagt auch: Wenn die CDU dies nicht wolle, werde man ohne Groll weiter gut zusammenarbeiten. Ohne Groll – das klingt fast ein wenig, als habe er die Segel schon gestrichen. Laschet wolle es unbedingt machen, wird auch in der CSU kolportiert.
Fakt ist aber erst einmal: Nun liegt der Ball im Feld der CDU. Auf deren klare Unterstützung ist Laschet nun angewiesen. Am Montag kommt zunächst das CDU-Präsidium zusammen, dann der grössere Parteivorstand. «Ich werde morgen bereit sein zur Kandidatur, so wie Markus Söder, und um Vertrauen bitten», sagt Laschet am Sonntagabend in der ARD.
Tatsächlich haben die beiden am Samstag länger telefoniert, wie sie am Sonntag berichten. Offen und freundschaftlich, wird betont. In der Pressekonferenz stehen sie dann allerdings in grösstmöglicher Distanz voneinander vor den Journalisten. Der Nordrhein-Westfale links, der Bayern ganz rechts. Dazwischen Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Beide versuchen, den Eindruck von Einigkeit zu demonstrieren – eine Entscheidung verkünden sie nicht. Beide beschwören die Gemeinsamkeit – aber noch einmal werden auch die Unterschiede zwischen beiden klar.
Laschet spricht über die Corona-Krise, die Aufgaben, die die Union nach der Pandemie schultern müsse – Arbeitslosigkeit bekämpfen, Europa zusammenhalten. Bei der Idee eines Modernisierungs-Jahrzehnts gebe es viel Übereinstimmung in der Union – «soviel, wie vielleicht seit Jahren nicht mehr». In einer Lage, wo Kanzlerin Angela Merkel nach 16 Jahren aus dem Amt gehe, sei so viel Einigkeit wie möglich zwischen CDU und CSU das Ziel. Die Welt erwarte ein stabiles Deutschland – und deshalb seien die Unionsparteien in besonderer Verantwortung.
Söder kann sich ein paar Hinweise auf die von ihm so oft zitieren Umfragen nicht verkneifen: Bei denen gebe es für die Union deutlich Luft nach oben. Auch deswegen sei es fünf Monate vor der Bundestagswahl so wichtig, die Weichen inhaltlich und personell richtig zu stellen. Das klingt dann wiederum nicht so, als wolle er klein beigeben im Kampf um die Kandidatur und die Macht im Land. Personen seien bei der anstehenden Entscheidung nicht alles, aber sie spielten eine wichtige Rolle, sagt Söder selbstbewusst. Und natürlich kennt er auch die neuesten Umfragen, die ihm – Söder – im direkten Vergleich mit den Grünen und der SPD deutlich bessere Werte bescheinigen als Laschet.
Und der machtbewusste Bayer ergänzt, es komme nicht auf die Ambitionen der einzelnen Bewerber an, «sondern es kommt auf das Wohl nicht nur der Union, sondern vor allen Dingen Deutschlands an». Dieser gemeinschaftliche Auftrag verpflichte, dem habe sich am Ende alles unterzuordnen. Das klingt fast ein wenig so, als appelliere Söder an Laschet und die CDU-Spitze, sich gut zu überlegen, ob sie sich nicht doch für ihn, Söder, als Kandidat aussprechen sollten.
Wenn die CDU als die grössere Schwesterpartei ihn breit unterstütze, sei klar, «dass man nicht kneifen darf», unterstreicht Söder seine Ambitionen. Natürlich vergisst er nicht, auch die Fraktion und die Parteimitglieder zu erwähnen – immerhin hatten sich zuletzt weit mehr als 50 CDU-Abgeordnete dafür ausgesprochen, die Entscheidung über die K-Frage in der Fraktion zu fällen. Das war so verstanden worden, als stelle sich die Gruppe hinter Söder – denn unter Abgeordneten geht die Angst um, dass mit Laschet als Kandidat und den schlechten Umfragen etliche von ihnen bei der Wahl aus dem Parlament fliegen.
Wenn die grosse Schwester einen anderen Vorschlag als ihn habe, «dann würden wir das auch akzeptieren», sagt Söder. Doch für manche in Berlin klingt dabei auch mit, als wolle der Bayer deutlich machen: Wenn sich die CDU nun trotz seines Angebots für Laschet entscheide, bleibe auch an der CDU die Verantwortung für eine mögliche Pleite bei der Wahl kleben und dafür, dass die Union womöglich aus dem Kanzleramt fliegt. Fast wie eine Warnung an die grosse Schwesterpartei klingt dann noch der Söder-Satz, es sei für beide wichtig, «dass wir die Entscheidung nicht auf Biegen und Brechen fällen. Sondern schon getragen von einem gemeinschaftlichen Geist der Verantwortung.»
Gibt es nun schon am Montag eine Entscheidung, wenn die CDU-Gremien tagen, und nachmittags dann auch das CSU-Präsidium? Fakt ist: Kein CDU-Grande hat sich bislang öffentlich für Söder als Kanzlerkandidat stark gemacht. Aus der CDU heisst es seit langem, Laschet sei sich sicher, dass er die Landesvorsitzenden und die wichtigen CDU-Ministerpräsidenten bei der Kandidatenfrage hinter sich habe.
Laschet selbst sagt am Sonntagabend im ZDF mit Blick auf den für ihn so wichtigen Montag, es solle keine Beschlussfassung geben. «Aber wir werden sicher ein Meinungsbild einholen, wie die Haltung der CDU ist, und dann Empfehlungen geben für den weiteren Weg.»
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