Baby-Geisel ist tot Kinder im Gaza-Krieg – Opfer von Erwachsenen

Von Philipp Dahm

30.11.2023

Gaza: Ablenkung für Kinder im Kriegsgebiet

Gaza: Ablenkung für Kinder im Kriegsgebiet

Eine palästinensische Hilfsorganisation nutzt die Waffenruhe im Gazastreifen, um Spielaktivitäten für geflohene Kinder zu organisieren. Und sie so von der Zerstörung und den Belastungen des Krieges abzulenken. In Chan Junis, im Süden des Gazastreifens, trafen sich Kinder am 28. November auf einem Schulhof.

30.11.2023

Ein zehnmonatiges Baby und sein vier Jahre alter Bruder sind als Geiseln der Hamas getötet worden. Im Westjordanland sterben ein Achtjähriger und sein 14-jähriger Bruder. Der Krieg fordert auch unter Kindern Tribut.

Von Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mit dem zehn Monate alten Kfir Bibas ist die jüngste Geisel der Hamas gestorben.
  • Das Baby wurde mit seinem vierjährigen Bruder und seiner Mutter angeblich durch einen israelischen Luftangriff getötet.
  • Bei dem Terror-Angriff am 7. Oktober wurden 29 Kinder ermordet und rund 30 entführt.
  • Im Westjordanland halten Überwachungskameras fest, wie ein achtjähriger und ein 15-jähriger Palästinenser in Dschenin erschossen werden.
  • Von angeblich 14'000 Opfern im Gazastreifen sollen 10'000 Frauen, Kinder und Jugendliche sein.

Kfir Bibas ist erst neun Monate alt, als er am 7. Oktober von der Hamas entführt wird. Nun ist Kfir tot. Das Baby wird nur zehn Monate alt.

Kfir ist nicht allein. Als die Terroristen über Nir Oz herfallen, nehmen sie auch Ariel, seinen vierjährigen Bruder mit. Eine Videoaufnahme zeigt, wie ihre 32-jährige Mutter Shiri ihre Kinder an sich klammert, als sie entführt werden. Ein anderer Clip zeigt, dass sie auch Vater Yarden (34) erwischt haben, der eine Wunde am Kopf hat, berichtet der britische «Guardian».

Die Familie gehört zu den rund 250 israelischen Geiseln der Hamas. In Nir Oz richten die Terroristen ein Massaker an, töten Dutzende und ermorden auch die Familie Kedem: Grossmutter, Eltern, die beiden sechsjährigen Töchter und der vierjährige Sohn werden im Sicherheitsraum ihres Hauses umgebracht.

Unter den Israelis, die aus dem säkularen Kibbuz entführt werden, ist neben der Familie Bibas auch die 80-jährige Carmela Dan mit ihrer 13-jährigen Enkeltochter Noya. Das Kind ist autistisch. Zwölf Tage nach der Entführung werden in Gaza nahe der Grenze ihre Leichen gefunden: Die israelische Armee glaubt, die beiden hätten die Terroristen aufgehalten und seien deshalb umgebracht worden.

29 Kinder getötet und rund 30 entführt

Mindestens 29 Kinder sind laut den Vereinten Nationen bei dem Überfall am 7. Oktober getötet worden. Ungefähr 30 Minderjährige sind entführt worden, ergänzt die Nachrichtenagentur «Associated Press». Für die Verwandten dieser Kinder ist die Ungewissheit untragbar: Auch die Tante von Kfir Bibas kämpft bis zum Schluss um ihre Familie. Sie wendet sich am 28. November an die Öffentlichkeit.

Noya und Carmela Dan wurden ermordet, weil sie eine Last waren. Auch ihre Verwandten Erez (12), Sahar (16) und Ofer Kalderon wurden aus Nir Oz entführt.
Noya und Carmela Dan wurden ermordet, weil sie eine Last waren. Auch ihre Verwandten Erez (12), Sahar (16) und Ofer Kalderon wurden aus Nir Oz entführt.
Abbey Onn

Mit Blick auf den Geisel-Austausch mit der Hamas und die endende Waffenpause bittet sie darum, Baby Kfir und die anderen freizugeben. «Wir wissen nicht, wo sie festgehalten werden. Nach unserem Wissen werden sie im Untergrund festgehalten», zitiert der «Jewish Chronicle» Ofri Bibas-Levy. «Wir machen uns wirklich Sorgen um das zehn Monate alte Baby, das hauptsächlich Muttermilchersatz braucht.»

Lage von Nir Oz (rot markiert).
Lage von Nir Oz (rot markiert).
Google Earth

Doch für Kfir, seinen Bruder Ariel und Mutter Shiri kommt jede Hilfe zu spät. Die Qassam-Brigaden, der militärische Arm der Hamas, teilen am 29. November mit, dass die drei bei einem israelischen Luftangriff getötet worden sind. Israel hat zuvor vermutet, die Familie sei nach Chan Yunis im südlichen Teil des Gazastreifens gebracht worden. Die Armee versucht nun, die Angaben zu verifizieren. Über Yardens Schicksal ist nichts bekannt.

Tausende palästinensische Kinder getötet

Auch auf der Gegenseite sterben Kinder. Wie viele, ist kaum zu beziffern. Am 8. November meldet das Hamas-Gesundheitsministerium in Gaza, dass von 10'569 Toten 4324 Kinder und Jugendliche seien. Die «New York Times» berichtet von über 14'000 Opfern im Gazastreifen, von denen 10'000 Frauen, Kinder und Jugendliche sein sollen. Die Zahlen lassen sich nicht überprüfen.

Doch nicht nur im Gazastreifen sterben Kinder. Auch im Westjordanland gibt es immer wieder jugendliche Opfer. Gerade macht ein Video einer Überwachungskamera die Runde, auf der zu sehen ist, wie in Dschenin ein Achtjähriger hinter einem Auto hervorkommt, um etwas zu schmeissen. Das Kind wird in den Kopf getroffen. Sein Name ist Adam al-Ghoul.

Lage von Dschenin (rot markiert) im Westjordanland.
Lage von Dschenin (rot markiert) im Westjordanland.
Google Earth

Ein anderes Video hält fest, wie Basel Abu al-Wafa getötet wird: Den 15-Jährigen, der mit Steinen nach israelischen Soldaten wirft, treffen gleich mehrere Projektile. Er stirbt wegen eines Lungen-Treffers im Spital. Auch er soll am Kopf getroffen worden sein, beklagt ein palästinensischer Arzt bei der BBC: Die Soldaten wollten den Jungen töten, glaubt Wissam Bakr. 

Angeblich sind die Kinder zwei Opfer eines Militär-Einsatzes, bei dem die Israelis «zwei hochrangige Terroristen» eliminiert haben wollen. Dass der Krieg, den die Hamas angezettelt hat, so viele junge Menschen betrifft, erklärt sich auch durch die Demografie: Im Gazastreifen sind 65,4 Prozent unter 24 Jahre alt, im Westjordanland sind es 57,9 Prozent.