Angeblich Mutter schikaniert Moskau blamiert sich mit Fake-Video über «ukrainische Nazis»

Von Philipp Dahm

30.3.2023

Ein Video gibt zu reden: Ukrainische Soldaten als Nazis?
Ein Video gibt zu reden: Ukrainische Soldaten als Nazis?
Screenshot: Twitter

Ein Video, das vom russischen Aussenministerium veröffentlicht wurde, zeigt angeblich herzlose Ukrainer, die bei einer Kontrolle Mutter und Kind quälen. Dass der Tweet schon wieder gelöscht ist, hat einen guten Grund.

Von Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein Video zeigt vermeintlich, wie ukrainische Soldaten bei einer Auto-Kontrolle eine Mutter und ihr Kind schikanieren.
  • Die Soldaten schiessen neben das zivile Fahrzeug, ihr Auto trägt ein Balkenkreuz der Wehrmacht.
  • Eine Geolokalisierung ergibt, dass der Clip in Donezk gefilmt wurde, das seit Jahren in russischer Hand ist.
  • Weitere Fehler lassen keinen Zweifel daran, dass das Video gefälscht ist.

Das Video, das vom russischen Aussenministerium auf Twitter veröffentlicht wurde, ist angeblich an der Front gedreht worden. Eine Lenkerin, die mit ihrem kleinen Kind unterwegs ist, filmt vermeintlich, wie sie kontrolliert wird.

«Militante der ukrainischen Streitkräfte» stoppen sie, beschreibt ein prorussischer Telegram-Kanal die Szene. Weil sie einen Armee-Konvoi überholt haben soll, sagen die Soldaten: «Abschaum, zeig deine Papiere.» Weiter heisst es: «Als sie Russisch mit ihm sprach, nannte der Nazi sie ‹ein Schwein, dumm und dreckig›».

Auch als die Mutter in Panik gerät, «hören die Militanten nicht auf»: Sie schiessen neben das Auto, «was das Baby sehr verängstigt hat». Das Fahrzeug der scheinbar ukrainischen Soldaten zeigt ein Balkenkreuz, wie es die Wehrmacht benutzt hat. «Einmal Nazi, immer Nazi», schreibt das russische Aussenministerium dazu. Und alles nur, weil die Lenkerin Russisch gesprochen hat.

Gescheiterte «Informationsoperation»

Das Video wird am ersten Tag mehr als eine Million Mal angeklickt. Dann verschwindet es plötzlich. Der Kreml muss ein Einsehen gehabt haben: Die Lüge ist nicht länger aufrechtzuerhalten. 

Es gibt offensichtliche Fehler: Wie konnte die Lenkerin auf so einer engen Strasse einen Militärkonvoi überholen? Warum ist der Armee-Jeep von der Front so sauber? Ist der Soldat im Hintergrund nicht erstaunlich locker? Und warum kümmert sich niemand um die Dashcam, obwohl es nicht erlaubt ist, militärische Bewegungen festzuhalten?

Mehreren Akteuren gelingt es, eine Geolokalisierung der Szene zu durchzuführen: Das Video wurde in einem Gebiet im Oblast Donezk gedreht, das seit Jahren in russischer Hand ist.Kommt hinzu, dass die ukrainische Armee aktuell grüne und nicht gelbe Armbänder trägt und dass der VW in dieser Ausführung nur in Russland gefahren wird.

Inzwischen wird der Täuschungsversuch auf prorussischen Telegram-Kanälen angeblich sogar eingeräumt. Der Tenor: Es gäbe bei derlei «Informationsoperationen» noch viel zu lernen und zu verbessern.