US-Forscher melden Russland verschleppt Tausende ukrainische Kinder in Lager

tafi

16.2.2023

Russland soll laut einer US-Studie mindestens 6000 ukrainische Kinder verschleppt und in Umerziehungslager gebracht haben. (Symbolbild)
Russland soll laut einer US-Studie mindestens 6000 ukrainische Kinder verschleppt und in Umerziehungslager gebracht haben. (Symbolbild)
IMAGO/ZUMA Wire

Mindestens 6000 Kinder soll Russland aus der Ukraine verschleppt und in Lager gesteckt haben, um sie zu russifizieren. Moskau geht dabei laut einer Studie systematisch vor, bestreitet aber die Vorwürfe.

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Sie wurden deportiert und in Umerziehungslager gebracht, teilweise schon im Säuglingsalter: Russland hat einer Studie des Humanitarian Research Lab der Universität Yale zufolge mindestens 6000 ukrainische Kinder verschleppt. Die Forschenden der US-Universität haben demnach 43 Umerziehungslager in Russland und auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim eindeutig identifiziert. Sie sprechen von Kriegsverbrechen.

In der vom US-Aussenministerium mitfinanzierten Studie (vollständiger Report als PDF-Download) heisst es, dass Kinder seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor knapp einem Jahr schon ab einem Alter von vier Monaten in russische Lager gebracht worden seien. Einige dieser Anlagen befinden sich laut Studie in Sibirien und entlang der fernöstlichen Pazifikküste Russlands.

Zweck der russischen Lager sei vor allem eine «prorussische patriotische» und militärartige Erziehung. In einigen Fälle hätten Kinder Schusswaffen-Training erhalten. Es gibt aber keine Hinweise, dass die Kinder in den Krieg geschickt worden seien.

Eltern werden gezwungen, ihre Kinder abzugeben

Der Kreml hat der Studie vehement widersprochen, berichtet das ZDF. «Russland hat Kinder aufgenommen, die gezwungen waren, mit ihren Familien vor dem Beschuss zu fliehen», habe die russische Botschaft in den USA auf der Nachrichtenplattform Telegram mitgeteilt. «Wir tun unser Bestes, um Minderjährige in Familien zu belassen und in Fällen der Abwesenheit oder des Todes von Eltern und Verwandten die Waisen unter Vormundschaft zu stellen.»

Diese Darstellung Russlands deckt sich nicht mit dem Yale-Report. Die Forschenden schreiben, dass zahlreiche Kinder aus ihren Familien geholt werden. Die dafür notwendige  Zustimmung der Eltern werde häufig unter Zwang eingeholt, Ablehnungen würden routinemässig missachtet. «In vielen Fällen kann die Fähigkeit der Eltern, eine freiwillige Zustimmung zu erteilen, als zweifelhaft angesehen werden, da die Kriegsbedingungen und die implizite Bedrohung durch die Besatzungstruppen eine Zwangslage darstellen», schreiben die Forschenden.

Dunkelziffer bei entführten Kinder bedeutend höher

Yale-Forscher Nathaniel Raymond sagt, das russische Vorgehen stelle einen «klaren Verstoss» gegen die vierte Genfer Konvention zum Schutz von Zivilisten in Kriegen dar. In manchen Fällen könne es sich um «ein Kriegsverbrechen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit» handeln.

Raymond verglich das russische Vorgehen mit Entführungen. Die Autoren der Studie fordern einen Zugang unabhängiger Beobachter zu den Lagern und ein Ende russischer Adoptionen von ukrainischen Kindern.

Die Studie basiert unter anderem auf der Auswertung von Satellitenbildern. Demnach dürfte die tatsächliche Zahl der in Lager gebrachten ukrainischen Kinder «deutlich höher» liegen als die festgestellten mindestens 6000.

Die Ukraine hatte kürzlich erklärt, mehr als 14'700 Kinder seien aus dem Land nach Russland deportiert worden. Einige seien Opfer von sexuellem Missbrauch geworden. Russland beteuert, sich um Waisen zu kümmern und Kinder medizinisch betreuen zu wollen.

Mit Material der Nachrichtenagentur AFP.