Russland Selenskyj: Millionen Ukrainer wieder mit Strom – Nacht im Überblick

SDA

18.12.2022 - 09:55

dpatopbilder - Eine ältere Anwohnerin geht mit ihren Gehstock eintlang beschädigter Gebäude. Foto: Libkos/AP/dpa
dpatopbilder - Eine ältere Anwohnerin geht mit ihren Gehstock eintlang beschädigter Gebäude. Foto: Libkos/AP/dpa
Keystone

Nach den schwersten russischen Raketenangriffen seit Wochen arbeitet die Ukraine bei Regen und Kälte weiter an der Wiederherstellung der Strom- und Wasserversorgung. Für fast sechs Millionen Menschen sei nach den Attacken gegen die Energieinfrastruktur die Stromversorgung wiederhergestellt, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Samstag in seiner in Kiew allabendlich verbreiteten Videobotschaft. «Die Reparaturarbeiten gehen weiter», sagte Selenskyj mit Blick auf den «Terrorangriff» vom Freitag. Russland hatte mehr als 70 Raketen auf das Land abgefeuert.

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Selenskyj forderte die internationale Gemeinschaft angesichts der schweren Schäden auf, der Ukraine die Mittel für den Schutz ihres Luftraums zu geben. Gemeint ist ein effektives Flugabwehrsystem. «Ihr könnt das tun. Ihr könnt unseren Menschen Schutz geben – 100 Prozent Schutz gegen diese terroristischen russischen Schläge», sagte Selenskyj. Demnach wartet die Ukraine auf letzte Zustimmungen zur Lieferung der Waffen. Selenskyj hofft etwa auf die US-Patriot-Flugabwehrsysteme. So sollen Schäden an der Infrastruktur künftig verhindert werden.

«Probleme mit der Heizung, grosse Probleme mit der Wasserversorgung bleiben weiter bestehen», sagte Selenskyj. Demnach sind noch immer Millionen Menschen von Stromausfällen und anderen Einschränkungen betroffen. Am schwierigsten ist die Situation in der Stadt Kiew und in der Region, aber auch in Winnyzja und Umgebung und in Lwiw (Lemberg). Auch in anderen Regionen wie in Odessa, Poltawa und Dnipropetrowsk gebe es weiterhin Stromausfälle.

Die Ukraine hatte am Freitag von mehr als 70 Raketenangriffen gesprochen, von denen die meisten durch die Flugabwehr abgefangen worden seien. Durch die Treffer und Schäden fiel erneut in vielen Regionen die Strom- und Wasserversorgung aus. Unter anderem in der Hauptstadt Kiew und in der Region Charkiw berichteten die Behörden von Fortschritten bei der Wiederherstellung der Versorgung. Im Kiewer Gebiet hiess es, dass noch 50 Prozent der Haushalte keinen Strom hätten.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hatte zuvor mitteilt, die Wasserversorgung in der Millionenmetropole sei wiederhergestellt. In drei Vierteln der Haushalte gehe auch die Heizung wieder. Bei der Stromversorgung gab es aber weiter Probleme.

Baerbock: Keine Hoffnung auf baldige Waffenruhe in der Ukraine

Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat keine Hoffnung auf eine baldige Waffenruhe in der Ukraine. «Niemand ausser (Wladimir) Putin hat diesen Krieg begonnen, und wenn Putin es will, dann ist der Krieg morgen vorbei», sagte sie der «Bild am Sonntag». Der russische Präsident müsse seinen Soldaten nur den Befehl zum Abzug geben. «Aber leider gibt es dazu alles andere als ehrliche Anzeichen.» Sie wandte sich auch gegen eine Waffenruhe zu russischen Konditionen: Eine solche würde den «Schrecken» für die Menschen in der Ukraine nicht beenden, «im Gegenteil».

Nobelpreisträgerin: Kriegsverbrecher-Tribunal kann Leben retten

Die Einrichtung eines Tribunals für russische Kriegsverbrechen kann nach Einschätzung der ukrainischen Friedensnobelpreisträgerin Olexandra Matwijtschuk bereits kurzfristig Einfluss auf das Vorgehen der russischen Armee in ihrem Land haben. «Schon wenn wir die ersten Schritte zu einem internationalen Tribunal gehen, sendet das ein Signal an die Täter, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden», sagte die Juristin dem «Tagesspiegel» (Sonntag). «Das kann möglicherweise Leben retten.» Gemeinsam mit Partnern und Zeugen habe man 27 000 Fälle von Kriegsverbrechen dokumentiert. «Das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Staatschef Selenskyj hatte schon im September vor der UN-Vollversammlung für ein Sondertribunal geworben. Matwijtschuk hatte für das von ihr geleitete «Zentrum für bürgerliche Freiheiten» den Friedensnobelpreis entgegengenommen.

Wladimir Klitschko bei «Ein Herz für Kinder» ausgezeichnet

Wladimir Klitschko – Bruder von Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko – wurde bei der Spendengala «Ein Herz für Kinder» ausgezeichnet. Er nahm am Samstagabend in Berlin das Goldene Herz entgegen, stellvertretend für alle Helferinnen und Helfer der vom Krieg betroffenen Kinder in der Ukraine. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erinnerte in ihrer Laudatio an die Menschen in dem Land.

«Wenn es in diesem Moment, wo immer auf dieser Welt, passiert, dass ein Kind geboren wird, dann braucht es neben ganz viel Liebe zwei Dinge. Schutz und Geborgenheit. Für viele Kinder in der Ukraine ist das unerreichbar», sagte von der Leyen (64) im ZDF. «Das erste Licht ist für viele Neugeborene der Schein einer Taschenlampe, weil der Strom im Kreisssaal fehlt. Über die Krankenhausflure kriecht die Kälte. Es mangelt an heissem Wasser. Säuglinge kommen unter Raketenbeschuss zur Welt.»

Unschuldige Kinder, Frauen und Männer seien seit zehn Monaten gefangen im Alptraum eines brutalen russischen Angriffskrieges. «Hunderte Kinder sind bereits in diesem Krieg gestorben. Millionen erfahren täglich Ängste, die kein Kind durchleben sollte.» Manchmal fielen die russischen Bomben auch auf Spielplätze und Geburtskliniken. Die Strom-, Gas- und Wasserversorgung in der Ukraine sei zu grossen Teilen zerstört. Zehntausende Gebäude seien unbewohnbar. Mancherorts werde das Essen knapp.

Wladimir Klitschko bedankte sich in der Sendung. Er wolle nicht nur denen Danke sagen, die direkt hinter der Frontlinie die Kinder versorgten. Er erwähnte auch die Menschen im Studio und in Deutschland, jeden, der finanziell unterstütze oder Flüchtlinge aufgenommen habe.

Was am Sonntag wichtig wird

Die Kämpfe in der Ostukraine gehen weiter. Die russischen Truppen setzen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau ihre Angriffe im Gebiet Donezk in der Ostukraine von günstigeren Positionen aus fort. Das ukrainische Militär versucht, Durchbrüche an der Verteidigungslinie zu verhindern. Die Behörden in Kiew ringen nach den jüngsten russischen Raketenangriffen weiter um die Versorgung der Bürger mit Wärme und Strom.