Europa Selenskyj will baldige EU-Beitrittsgespräche – Die Nacht im Überblick

SDA

10.5.2024 - 07:01

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola war zu Besuch in der Ukraine bei Präsident Wolodymyr Selenskyj (r). Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa
EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola war zu Besuch in der Ukraine bei Präsident Wolodymyr Selenskyj (r). Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa
Keystone

Während Russland mit einer Militärparade Erinnerungen an die Sowjetunion aufleben lässt, hat die ukrainische Staatsführung am Europatag das Streben des Landes in die EU bekräftigt. Präsident Wolodymyr Selenskyj warb einmal mehr für einen schnellen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union. «Unser Staat, unser Volk haben es verdient, und auch die Europäische Union braucht diesen Schritt – nicht nur politisch», sagte Selenskyj am Donnerstag in seiner täglichen Videoansprache. Die EU beziehe ihre Kraft auch daraus, niemanden vor der Tür sitzen zu lassen, der an die europäischen Werte glaube. Kiew baue darauf, dass im Juni die eigentlichen Beitrittsverhandlungen beginnen werden. Es wird erwartet, dass die EU-Mitglieder nach der Europawahl im Juni über einen möglichen Beginn der Gespräche entscheiden.

Selenskyj bedankte sich in seiner Botschaft auch bei der Präsidentin des Europaparlaments Roberta Metsola. Dass sie am Europatag nach Kiew gereist sei, um ihre Unterstützung für das Land zu demonstrieren, sei ein wichtiges Signal. Er habe mit Metsola über politische, aber auch militärische Hilfe für die Ukraine gesprochen.

Dass die gemeinsame Pressekonferenz durch einen von Russland verschuldeten Luftalarm unterbrochen werden musste, zeugt nach Darstellung Selenskyjs davon, dass Moskau im Gegensatz zu Brüssel nur Gewalt anzubieten habe. Er deutete an, dass Russland weitere militärische Vorstösse vorbereite. Die Ukraine werde aber darauf antworten, kündigte er an.

Selenskyj will mit westlichen Waffen Initiative zurückerlangen

Seiner Einschätzung nach werde die Ukraine mit Ankunft der westlichen Waffen die Initiative an der Front zurückerlangen, sagte Selenskyj bei einer Pressekonferenz mit Metsola in Kiew. Derzeit seien die russischen Streitkräfte im Osten der Ukraine in der Offensive, das sei kein Geheimnis. «Sobald die Waffenlieferungen ankommen, stoppen wir ihre Initiative», versprach Selenskyj. Um die Oberhand zu gewinnen, brauche sein Militär «etwas Kräftiges». Die Pressekonferenz im Freien vor dem Präsidialamt musste kurz darauf wegen des Luftalarms abgebrochen werden.

Laut Selenskyj bereitet das russische Militär derzeit eine Grossoffensive vor. Dazu würden Kräfte im Norden und Osten der Front gesammelt. Trotzdem laufe bei den Russen längst nicht alles so gut, wie sie glaubten. «Es ist nicht so, dass ich damit Ihre Stimmung heben will. Das ist die Realität», versicherte Selenskyj bei dem Auftritt.

Deutschland kauft in den USA Raketenartillerie für die Ukraine

Einer der wichtigsten Unterstützer der Ukraine – auch im militärischen Bereich – ist Deutschland. Und Berlin legt nun noch einmal nach. Die Bundesregierung werde die Lieferung von drei weiter reichenden Raketenartilleriesystemen aus den USA an die Ukraine bezahlen, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Washington nach Gesprächen mit seinem Amtskollegen Lloyd Austin. «Die stammen aus Beständen der US-Streitkräfte und werden von uns bezahlt.» Die Systeme kosten einen höheren zweistelligen Millionenbetrag.

Russland hatte zuletzt verärgert auf die Waffenlieferungen und die Unterstützungsbekundungen des Westens an die Ukraine reagiert. Präsident Wladimir Putin ordnete eine Atom-Übung an, die – wie auch die Militärparade auf dem Roten Platz – weithin als Machtdemonstration des Kremls wahrgenommen wurde. Immer wieder wurden aus Moskau auch Drohungen laut, die Atomwaffen im Notfall einzusetzen.

Der ukrainische Justizminister Denys Maljuska sagte am Rande eines G7-Justizministertreffens in Venedig: «Dies sind leere Drohungen, die sich an ein westliches Publikum richten, nicht an die Ukraine.» Das Ganze habe keinen militärischen Nutzen und wäre für Russland selbst zerstörerisch, weil es durch einen Atomwaffeneinsatz einige Verbündete verlieren würde.

Selenskyj entlässt Chef der Leibgarde

Nach angeblich vereitelten Anschlagsplänen gegen ihn entliess Selenskyj den Chef seiner Leibgarde, Serhij Rud. Das berichteten am Donnerstag mehrere ukrainische Medien übereinstimmend unter Berufung auf ein Präsidentendekret. Der Grund für die Entlassung wurde nicht genannt. Am Dienstag hatte allerdings der ukrainische Geheimdienst SBU die Aufdeckung von russischen Anschlagsplänen gegen Selenskyj bekannt gegeben. Dabei wurden auch zwei hochrangige Offiziere aus dem Staatsschutz festgenommen. Das ist die Abteilung, die Rud führte.

Was am Freitag wichtig wird

In Moskau erwarten Beobachter am Freitag die Ernennung des Regierungschefs. Nachdem Präsident Putin am Dienstag offiziell seine fünfte Amtszeit angetreten hat, ist die Regierung erwartungsgemäss zurückgetreten, um dem Kremlchef freie Hand bei der Neubesetzung des Kabinetts zu lassen. Die meisten Experten gehen aber davon aus, dass Regierungschef Michail Mischustin seinen Posten behält.