GrossraubtiereWallis will vom Bund Sondererlaubnis für weitere Wolfsabschüsse
hkl, sda
20.5.2022 - 12:53
Die Wildhut hat am Freitag im Oberwallis einen Wolf erlegt. Wolfsbefürworter kritisieren den Abschuss scharf. Der Kanton spricht derweil von einer «Überpopulation» und fordert vom Bund ausnahmsweise die Erlaubnis, während sechs Monaten weitere Wölfe zu schiessen.
20.5.2022 - 12:53
SDA
Der Staatsrat habe diese Woche ein entsprechendes Schreiben an den Bundesrat verfasst, hiess es an einer Medienkonferenz der Kantonsregierung am Freitag in Sitten. Darin wird der Bund aufgefordert, «eine Notverordnung erlassen, die es dem Kanton ermöglicht, während sechs Monaten in Koordination mit der Bundesamt für Umwelt die Überpopulation der Wölfe zu regulieren».
«Wir würden in Absprache mit dem Bundesamt für Umwelt eine Anzahl Wölfe festlegen, die wir abschiessen können, bevor es zu Angriffen kommt», sagte Staatsrat Frédéric Favre. Der Kanton fordert zudem eine Vereinfachung der Verwaltungsverfahren sowie eine Entschädigung der Züchter für alle Tiere, die nach einem nachgewiesenen Wolfsangriff nicht wiedergefunden werden, abzüglich der natürlichen Verluste.
50 bis 70 Wölfe
Nach Schätzungen der Walliser Dienststelle für Jagd, Fischerei und Wildtiere halten sich derzeit 50 bis 70 Wölfe im Wallis auf. Einige von ihnen sind Mitglieder der vier gesichteten Rudel. Seit 2018 habe sich die Anzahl der im Gebiet anwesenden Individuen mehr als verdoppelt.
2021 tötete der Wolf 336 von den rund 40'000 auf die Alp getriebenen Tieren. Das bedeutet, dass weniger als 0,9 Prozent aller Walliser Tiere dem Wolf zum Opfer fielen. Auf die Frage, ob dieser Prozentsatz zu hoch sei, antwortete Staatsrat Christophe Darbellay: «Das hängt davon ab, was man bereit ist zu akzeptieren».
Die beiden Staatsräte sprachen von einer «monumentalen Herausforderung für die Züchter und die kantonalen Dienste, die nicht mehr weiter wissen». Der Wolf habe vor nichts mehr Angst und überspringe Zäune von mehr als einem Meter Höhe. Die Berglandwirtschaft sei in Gefahr, das Wallis habe im nationalen Vergleich viermal so viele Wölfe.
Mehr Geld für Herdenschutz
Kürzlich hatte der Grosse Rat einer Zusatzfinanzierung von einer Million Franken für den Herdenschutz zugestimmt. Von diesem Betrag gehen auf Beschluss des Staatsrates 750'000 Franken in Schutzmassnahmen auf den Alpen, darunter auch für jene, die als nicht schützbar eingestuft werden.
Im laufenden Jahr sind im Kanton 92 Nutztiere vom Wolf getötet worden, darunter 28 Schafe und Ziegen in geschützten Situationen in der Region Schattenberge-Augstbord in den Gemeiden Ergisch und Unterbäch. Diese soll der Wolf gerissen haben, den die Wildhut nun zur Strecke gebracht hat.
Dieser Abschuss erfolgte im Anschluss an die von der Kantonsregierung diese Woche erteilte Bewilligung. Gemäss der revidierten Verordnung zum Bundesgesetz über die Jagd seien die Voraussetzungen für die Anordnung eines Abschusses erfüllt, stellte der Kanton fest.
Diese erlaubt den Abschluss von Grossraubtieren, wenn diese innerhalb von vier Monaten mindestens zehn Schafe oder Ziegen getötet haben. Laut dem Kanton handelte es sich um ein einzelnes Tier ohne Rudel.
Wolfsschützer empört
Dem widerspricht die Gruppe Wolf Schweiz (GWS). Sie kritisierte die Abschussbewilligung durch den Kanton in einer Medienmitteilung am Donnerstag scharf. Im betroffenen Gebiet sei bekanntlich ein Rudel ansässig. In Rudelstreifgebieten seien Abschüsse von Einzelwölfen bundesrechtlich unzulässig.
Falls es in Rudelgebieten zu Schäden durch Wölfe komme, die einen Eingriff in den Bestand rechtlich erlauben, so müsse dieser über eine Regulierung des Rudels durch den Abschuss von Jungwölfen erfolgen, erklärt die GWS. Dafür sei die Zustimmung des Bundes erforderlich und es dürften lediglich 50 Prozent der im laufenden Jahr geborenen Jungtiere erlegt werden. Über diese eindeutige Regelung der eidgenössischen Jagdverordnung setze sich der Kanton Wallis mit seinem Vorgehen hinweg.
Auch missachteten die Walliser Behörden ein Urteil des eigenen Kantonsgerichts, moniert die GWS. Das Kantonsgericht habe die Behörden in einem Fall von 2018 gerügt, als diese bereits einmal widerrechtlich einen Einzelwolf in einem Rudelstreifgebiet zum Abschuss freigegeben hätten. Vom damaligen Versprechen der Behörden, das Urteil in der weiteren Praxis zu berücksichtigen, sei leider nichts übrig geblieben.
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