Faktencheck Was ist dran an Trumps Lobeshymne auf sich und die Nation? 

dpa/phi

5.2.2020

Neun Monate vor der Präsidentenwahl rühmt sich Trump vieler Erfolge. Doch manche seiner Errungenschaften sind nicht ganz so rekordverdächtig wie behauptet.

Höher, schneller, weiter: US-Präsident Donald Trump hat sich in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation vieler Erfolge gerühmt.

Zum Auftakt des Wahljahres sprach er unter dem Motto «das grosse amerikanische Comeback» ausführlich über die Errungenschaften seiner bisherigen Amtszeit.

Zu Recht? Hier der Faktencheck.

«Unsere Wirtschaft steht so gut da wie nie zuvor.»

Das höchste Wirtschaftswachstum während Trumps Amtszeit gab es mit 2,9 Prozent im Jahr 2018. Im vergangenen Jahr fiel die Zunahme angesichts eines global schwächeren Wachstums und den von Trump angezettelten Handelskonflikten aber um 0,6 Prozentpunkte geringer aus. Es war trotz steigender Ausgaben der Regierung das langsamste Wachstum seit 2016.

«It's the economy, stupid»: Präsident Bill Clinton hatte ein höheres Wirtschaftswachstum vorzuweisen als Trump.
«It's the economy, stupid»: Präsident Bill Clinton hatte ein höheres Wirtschaftswachstum vorzuweisen als Trump.
Bild: Keystone

In der Vergangenheit ist die US-Wirtschaft mitunter deutlich schneller gewachsen: Ende der 90er-Jahre etwa gab es unter Präsident Bill Clinton vier Jahre in Folge ein Wachstum von mehr als 4 Prozent. 1984 wiederum waren es sogar 7 Prozent.

«Die Arbeitslosenquote ist die niedrigste seit mehr als einem halben Jahrhundert.»

Die US-Arbeitslosenquote liegt bei 3,5 Prozent, dem niedrigsten Stand seit einem halben Jahrhundert. Der Rückgang begann allerdings nicht erst mit Trumps Amtsantritt, sondern bereits vor mehr als zehn Jahren unter seinem Vorgänger Barack Obama.

Ein verzweifelter Anleger während der Finanzkrise 2007/2008 an der New Yorker Börse: Seit dem Crash erholen sich die US-Arbeitslosenzahlen stetig.
Ein verzweifelter Anleger während der Finanzkrise 2007/2008 an der New Yorker Börse: Seit dem Crash erholen sich die US-Arbeitslosenzahlen stetig.
Bild: Keystone

Damals war die Quote im Zuge der weltweiten Finanzkrise zeitweise auf bis zu 10 Prozent gestiegen. Bis zu Trumps Amtsantritt im Januar 2017 hatte sich die Arbeitslosenquote aber wieder auf 4,7 Prozent halbiert.

«Wir werden die Aids-Epidemie in Amerika bis Ende des Jahrzehnts ausmerzen.»

Die Zahl der HIV-Neuinfektionen in den USA geht der Gesundheitsbehörde CDC zufolge seit vielen Jahren nur langsam zurück. 2008 gab es noch 48'000 Neuinfektionen, fünf Jahre später waren es noch 39'000. Seit 2013 scheint die Zahl allerdings zu stagnieren – 2018 gab es erneut 38'000 Neuinfektionen.

Trotz eines politischen Aktionsplans der Regierung gibt es also kaum Gründe, die einen plötzlichen Rückgang auf Null bis 2010 nahelegen würden. Das HI-Virus löst die Immunschwächekrankheit Aids aus.

«Die USA sind durch unsere mutige Deregulierungskampagne zum mit Abstand grössten Öl- und Gasproduzenten geworden»

Der US-Energieagentur (EIA) zufolge sind die USA der weltgrösste Produzent von Rohöl und Erdgas. Das kann Trump allerdings nur sehr eingeschränkt als seinen Erfolg verbuchen, weil dies bereits unter Obama der Fall war.

Fracking im US-Bundesstaat Colorado: Weil die Trump-Administration Umweltvorschriften lockerte, boomt der Energiesektor.
Fracking im US-Bundesstaat Colorado: Weil die Trump-Administration Umweltvorschriften lockerte, boomt der Energiesektor.
Bild: Keystone

Die Förderung der Rohstoffe in den USA ist wegen der Anwendung der Fracking-Methode über viele Jahre rasant angewachsen. Die USA sind der EIA zufolge seit 2009 vor Russland der grösste Gasproduzent und haben inzwischen auch Saudi-Arabien als grössten Ölproduzenten überholt.

«Ich habe die Beiträge der anderen Nato-Mitglieder um mehr als 400 Milliarden [US-Dollar] erhöht.»

Trump fordert die übrigen Nato-Staaten seit Beginn seiner Amtszeit auf, ihre Verteidigungsausgaben anzuheben – er kann diese allerdings nicht selbst «erhöhen», wie er es formuliert hat. Trump will, dass die Nato-Länder das Ziel des Bündnisses erfüllen, mindestens zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung fürs Militär auszugeben.

Unter Alliierten: Trump beim Nato-Gipfel Anfang Dezember 2019 in England.
Unter Alliierten: Trump beim Nato-Gipfel Anfang Dezember 2019 in England.
Bild: Keystone

Dazu hatten sich die Mitgliedsstaaten allerdings bereits 2014 verpflichtet. Im November hatte die Nato neue Zahlen präsentiert, die wohl auch Trump besänftigen sollten. Demnach soll sich die Summe der Mehrausgaben der europäischen Nato-Staaten und Kanadas von Anfang 2016 bis Ende 2020 auf 130 Milliarden US-Dollar belaufen. Bis Ende 2024 sollen es rund 400 Milliarden Dollar sein.

«Die Zahl der Drogentoten ist zum ersten Mal seit 30 Jahren zurückgegangen.»

Die Zahl der Menschen, die infolge einer Überdosis Drogen ums Leben gekommen sind, ist 2018 erstmals seit knapp drei Jahrzehnten wieder rückläufig gewesen. Die Zahl der Drogentoten sank der US-Gesundheitsbehörde (CDC) zufolge im Vergleich zum Vorjahr um 4,1 Prozent auf 67'367 Menschen.

«Gerade wird eine lange, hohe und sehr mächtige Mauer gebaut. Wir haben jetzt mehr als 100 Meilen und werden mehr als 500 Meilen bis Anfang nächsten Jahres erreichen.»

Der Mauerbau an der Grenze zu Mexiko war eines der zentralen Versprechen Trumps vor seiner Wahl zum Präsidenten. Bis Mitte Januar waren nach Angaben des Heimatschutzministeriums aber erst rund 160 Kilometer der neuen Grenzmauer fertiggestellt – das entspricht etwa 5 Prozent der rund 3'200 Kilometer langen Grenze.

Migranten vor dem US-Grenzzaun

Der langsame Fortschritt liegt unter anderem an Rechtsstreitigkeiten und am Widerstand der Demokraten im Kongress. Um den Mauerbau schneller voranzutreiben, leitet Trump nun mit Hilfe einer Notstandserklärung Mittel aus dem Verteidigungshaushalt dafür um. Bis Anfang 2021 bis zu 800 Kilometer fertigzustellen, scheint aber übermässig optimistisch.

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