«Halbe Stunde lang gesucht» Podcast-Macher spürten RAF-Terroristin vor der Polizei auf

klm

29.2.2024

Daniela Klette (Fahndungsbild): Die RAF-Terroristin wurde am Dienstag in Berlin festgenommen.
Daniela Klette (Fahndungsbild): Die RAF-Terroristin wurde am Dienstag in Berlin festgenommen.
Fahndungsfoto

Über 30 Jahre fahndete die deutsche Polizei nach der mutmasslichen RAF-Terroristin Daniela Klette. Ein kanadischer Journalist soll sie aber schon vor Monaten enthüllt haben. Mit einer «halbstündigen Recherche nach Feierabend».

klm

29.2.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Am Montag wurde die RAF-Terroristin Daniela Klette nach 30 Jahren Fahndung in Berlin verhaftet. 
  • Das Mitglied der «Rote Armee Fraktion» lebte als «Claudia Ivone» ein beschauliches Leben und betätigte sich unter anderem in einem örtlichen Capoeira-Verein.
  • Die Macher des Podcasts «Legion» stöberten Klette schon vor der Polizei auf. 
  • Dabei habe der kanadische Journalist Khesrau Behroz «eine halbe Stunde» gebraucht. 

Hätte die Polizei Daniela Klette schon vor Jahren finden können? Diese Frage stellt sich nach der Verhaftung des ehemaligen Mitglieds der «Rote Armee Fraktion» in Berlin. 

Denn das Team eines ARD-Podcasts soll Klette relativ problemlos gefunden haben – konnte es aber nicht verifizieren. Im Dezember 2023 wurde die Folge «Most Wanted: Wo ist RAF-Terroristin Daniela Klette?» veröffentlicht. Darin berichteten die Macher, dass sich ein Hörer bei dem Team des Hack-Podcasts «Legion» gemeldet habe.

Dessen Story: Er habe Daniela Klette an einer Hacker-Party kennengelernt, wo diese frei über ihre explosive Vergangenheit gesprochen habe. Das Team um die Produzenten Khesrau Behroz und Patrick Stegemann leitete eine Recherche ein. 

Alte Fahndungsfotos verhalfen zu Durchbruch

Dazu wandten sich die Macher auch an den kanadischen Journalisten Michael Colborne, der mit seinem Kollektiv Bellingcat auf Gesichtserkennungs-Software spezialisiert ist. Da der Hörer ein Foto der angeblichen RAF-Terroristin lieferte, konnten sie aktiv werden, wie unter anderem der «Spiegel» berichtet.

Zwar lieferte das neue Foto zunächst keine Resultate. Dafür verhalfen die alten Fahndungsfotos zum Durchbruch. Colborne speiste sie in die Gesichtserkennungssoftware PimEyes ein, die ihm dann den Weg auf das Facebook-Konto einer «Claudia Ivone» wies – Klettes falsche Identität. Die Berlinerin postete auf ihrem Account Capoiera-Fotos oder zeigte sich bei einem «Karneval der Kulturen» an der Spitze einer Musik- und Tanzgruppe.

Mehrere Abgleiche mit den Fahndungsfotos und den neuen Facebook-Fotos ergaben, dass es sich wohl um dieselbe Person handelt. Beim Besuch der besagten Musik- und Tanzgruppe verlief die Recherche aber im Sand. 

Ermittler gehen mit Kisten und Kartons in das Wohnhaus der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette. Foto: Paul Zinken/dpa
Ermittler gehen mit Kisten und Kartons in das Wohnhaus der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette. Foto: Paul Zinken/dpa
sda

Dass Colbornes Theorie durch die Verhaftung von Klette nun bestätigt wurde, mache ihn zwar stolz, wie er «Spiegel» weiter erzählt, er sei aber auch «beunruhigt». «Die Suche hat mich nicht mehr als eine halbe Stunde nach Feierabend gekostet», so der Journalist. Er stelle sich die Frage, wieso ein Journalist aus Kanada, der nicht einmal Deutsch kann, einen 30 Jahre lang ungeklärten Fall so schnell lösen konnte. Vor allem, da er dazu nur öffentlich verfügbare digitale Werkzeuge nutzte. 

Wie Podcast-Moderator Khesrau Behroz im Interview mit «rbb» sagt, habe sich das Team vor der Veröffentlichung der Folge mit den Ermittlungsbehörden ausgetauscht. Dabei sollen sie aber nicht alle Ergebnisse ihrer Recherche geteilt haben. In einer Pressekonferenz am Dienstag betonten die Ermittler*innen, dass der wichtigste Hinweis zur Verhaftung von Daniela Klette aus der Bevölkerung gekommen sei, wie etwa die «Welt» berichtet.  

Dritte Generation der RAF

Gesucht wurde Daniela Klette unter anderem wegen Sprengstoff-Anschlägen und Geldtransporter-Überfällen sowie wegen versuchten Mordes. Diese sollen Klette und weitere ehemalige Mitglieder der RAF im Zeitraum zwischen 1999 und 2016 begangen haben.

Insgesamt sollen sie dabei mehr als zwei Millionen erbeutet haben. Klette gehörte zur dritten Generation der «Roten Armee Fraktion», eine ehemalige linksextremistische terroristische Vereinigung in Deutschland.

Die Bewegung soll unter anderem für 33 Morde an Politikern, Wirtschaftsführern, aber auch an Unbeteiligten verantwortlich sein und wird für eine Vielzahl von Raubüberfällen verantwortlich gemacht.