Krim «gehört halt zu Russland» Alt Ständerat taucht in russischer Propaganda auf

dmu

28.5.2024

Der ehemalige Schweizer Parlamentarier Eduard Belser (links) spricht an einer Medienkonferenz in Sewastopol, der grössten Stadt auf der Halbinsel Krim.
Der ehemalige Schweizer Parlamentarier Eduard Belser (links) spricht an einer Medienkonferenz in Sewastopol, der grössten Stadt auf der Halbinsel Krim.
Bild: Screenshot/NTS-tv

Der ehemalige Baselbieter SP-Ständerat Eduard Belser reiste mit Freunden auf die Krim. Russlands Medien machen aus der privaten Gruppe eine «Schweizer Delegation».

dmu

28.5.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der frühere Baselbieter Stände- und Regierungsrat Eduard Belser reiste 2018 gemeinsam mit Freunden auf die von Russland völkerrechtswidrig annektierte ukrainische Halbinsel Krim.
  • Russische Medien berichteten ausführlich vom Besuch der «Schweizer Delegation».
  • Gemäss einem Politologen versuche Russland mit solchen Reisen, die militärische Besetzung der Krim zu legitimieren.

Im Jahr 2018 protestierte die ukrainische Botschaft in Bern beim Aussendepartement (EDA) gegen den Schweizer Besuch auf der von Russland besetzten ukrainischen Halbinsel Krim. Schweizer Medien nahmen den Vorfall damals nicht auf. 

Ganz anders das lokale russische Fernsehen: Dort wurde von einer «Schweizer Delegation» berichtet, die «sich ein Bild machen will, wie die Stadt unter den Bedingungen der Sanktionen lebt», wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Alles wirkt offiziell: Die Flaggen der Schweiz und Russlands sind zu sehen und Bilder einer Konferenz werden gezeigt. Der Leiter der Schweizer Delegation spricht über die Krim, die «nach Russland zurückgekehrt» sei.

Für russische Medien diente der Besuch als Beweis, dass sich auch Ausländer für die Krim interessieren. Zur Erinnerung: Im Frühjahr 2014 besetzte und annektierte Russland völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel Krim.

Teilnehmer im Pensionsalter

Dem «Tages-Anzeiger» liegt nun die Liste der teilnehmenden Schweizer*innen vor: 14 Männer und Frauen im Pensionsalter aus der Schweiz, die meisten aus dem Grossraum Basel.

Von einer «Schweizer Delegation» kann kaum gesprochen werden – selbst wenn ein ehemaliger Politiker als Reiseleiter fungierte: der heute 83-jährige Eduard Belser, früherer SP-Ständerat und Regierungsrat im Kanton Baselland. Die russischen Medien stellten ihn denn auch als «ehemaligen Abgeordneten» vor.

«Die Idee entstand in einem Kreis von Freunden, die sich schon 60 Jahre kennen», sagt Belser zum «Tages-Anzeiger». Er habe die Reise zusammen mit einem russischen Reisebüro organisiert. «Bezahlt haben wir die Reise selbst, bis auf den letzten Rappen.»

Die Krim, ein erstaunlicher Ort

Auch wenn die Gruppe offensichtlich keinen staatlichen Auftrag hatte, implizieren die Bilder im russischen Fernsehen einen offiziellen Charakter. So treten Belser und russische Vertreter an einem Pult mit Tischfahnen der Schweiz und Russlands auf. «Heute haben wir eine grossartige Gelegenheit, mit eigenen Augen zu sehen, wie die russische Krim und Sewastopol leben und sich entwickeln», wird Belser von der russischen Nachrichtenagentur Tass zitiert. Es sei ein erstaunlicher Ort, mit wunderschöner und malerischer Natur.

Zehn Tage war die Schweizer Gruppe unterwegs. Man habe unter anderem den neuen Flughafen und die Brücke vom russischen Festland auf die Halbinsel besucht. Kremlchef Wladimir Putin hatte die Strassenbrücke erst wenige Monate zuvor eröffnet.

Eduard Belser betont indes, sich nie als offiziellen Vertreter der Schweiz ausgegeben zu haben. «Ich habe mich als Pensionär und Bienenzüchter vorgestellt», sagt er zum «Tages-Anzeiger».

Gezielte russische Propaganda

Gemäss Anton Shekhovtsov, Leiter des Wiener Zentrums für demokratische Integrität, versucht die russische Propaganda mit solchen Reisen, die militärische Besetzung der Krim zu legitimieren. So könne den Menschen auf der Krim und in Russland demonstriert werden, dass auch Besucher aus dem Westen die Lage als völlig normal akzeptieren.

«Wegen der aufgeheizten Situation» würde Belser die Reise heute nicht mehr wiederholen. Damals sei sie aber kein Fehler gewesen. Auch wenn ihm bewusst sei, dass die Ukraine die Krim als Teil ihres Staatsgebietes betrachte, «gehört sie faktisch halt zu Russland».


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