Gewalt in Asylzentren Bund suspendiert Sicherheits-Mann versehentlich

Von Alex Rudolf

25.6.2021

In den Bundes-Asylzentren in Boudry, Basel, Zürich und Altstätten kam es in den vergangenen Monaten zu Vorwürfen gegen das Sicherheitspersonal. 
In den Bundes-Asylzentren in Boudry, Basel, Zürich und Altstätten kam es in den vergangenen Monaten zu Vorwürfen gegen das Sicherheitspersonal. 
KEYSTONE/ Francesca Agosta

15 Sicherheitskräfte wurden von ihrem Dienst in Bundes-Asylzentren suspendiert, da verschiedene Gewaltvorwürfe untersucht werden. In der Bevölkerung brodelt es: Heute demonstrieren Aktivistinnen gegen die Arbeit des Staatssekretariats für Migration.

Von Alex Rudolf

25.6.2021

Gefälschte Rapporte, Brutalität und Verhältnisse wie in Gefängnissen: Seit Monaten geben die Zustände in Asylunterkünften des Bundes zu reden. Die Vorwürfe sind derart gravierend, dass das Staatssekretariat für Migration (SEM) den ehemaligen Bundesrichter Niklaus Oberholzer damit beauftragt hat, die Vorwürfe zu untersuchen. Für heute Nachmittag ruft die Aktionsgruppe Migrant Solidarity Network zu einer Kundgebung vor dem Amt in Bern auf, um gegen «die Gewalt, die Respektlosigkeit und die Isolation» zu kämpfen, wie es auf der Website heisst.

Im Nachgang zu verschiedenen Medienberichten wurden insgesamt 14 Sicherheitsleute von ihrem Dienst für das SEM suspendiert. Diese arbeiten jedoch weiterhin, wie eine Nachfrage von blue News zeigt.

Weiterarbeiten trotz Freistellung

Acht Mitarbeiter des Sicherheitsunternehmens Protectas und fünf von Securitas dürfen derzeit nicht für das SEM arbeiten, werden aber anderweitig beim jeweiligen Unternehmen eingesetzt. In einem Fall kam es sogar zu einer falschen Freistellung: «Ein Mitarbeiter wurde aufgrund eines Missverständnisses suspendiert, diese Person ist mittlerweile wieder für den Einsatz im SEM zugelassen», sagt SEM-Sprecher Lukas Rieder auf Anfrage. Details zum Fall gibt er keine preis.

Worum ging es konkret? In Basel soll Karim T. von Securitas-Mitarbeitern provoziert und zusammengeschlagen worden sein, wie die Rundschau des SRF berichtete. Im Rapport der Sicherheitsleute ist festgehalten, dass der Asylsuchende stark alkoholisiert gewesen sei, laut Informationen, die der Rundschau vorliegen, entspreche dies jedoch nicht der Wahrheit und es sei unverhältnismässige Gewalt angewandt worden.

Sicherheitsleute bauschen auf

Vergleichbare Fälle ereigneten sich in Altstätten SG, wo ein 16-Jähriger mehrere geprellte Rippen und wackelnde Zähne von einem Deeskalationsversuch davongetragen hat. Besonders hohe Wellen schlugen die Berichte aus Boudry NE, wo RTS, die Rundschau und die WOZ in den Besitz von Tonaufnahmen kamen. Auf diesen ist zu hören, wie Sicherheitskräfte über die Fälschung von Berichten sprechen. «In gewissen Rapporten übertreibe ich manchmal die Realität etwas, das rechtfertigt die Dinge besser», sagt etwa eine Mitarbeiterin. Amnesty International stellt in einem Bericht von diesem Mai eine Missachtung der Menschenrechte fest.

In Zürich, wo ein Bundes-Asylzentrum im Kreis 5 erst vor zwei Jahren eingeweiht wurde, werden Vorwürfe laut, es herrschten Verhältnisse wie im Gefängnis. Massenprügeleien und Selbstverletzungen von Bewohnern seien die Folge, wie der Tages-Anzeiger berichtete. Die Folge: Eine Häufung von Kündigungen vonseiten der Angestellten.

Rieder sagt, man nehme sachliche Kritik zur Situation und zum Betrieb der Bundes-Asylzentren sehr ernst. «Das SEM akzeptiert keinen unverhältnismässigen Zwang gegenüber Asylsuchenden und sanktioniert unkorrektes Verhalten weiterhin konsequent», sagt er weiter. Neben Oberholzers Bericht finde derzeit ein internes Audit statt. Über Resultate und daraus folgende Massnahmen werde im Anschluss informiert.

«Wir wissen aus vielen Befragungen, dass die meisten Asylsuchenden, insbesondere Frauen und Kinder, sehr dankbar sind für den Schutz und die Präsenz der Sicherheitsbeauftragten.»

Auch wenn die Entrüstung in der Bevölkerung zunimmt und diese in der heutigen Demonstration gipfelt, hält Rieder fest, dass insgesamt sehr gute Arbeit geleistet werde: «Wir wissen aus vielen Befragungen, dass die meisten Asylsuchenden, insbesondere Frauen und Kinder, sehr dankbar sind für den Schutz und die Präsenz der Sicherheitsbeauftragten.»