Mitholz BE Bundesamt: Risiko durch ehemaliges Munitionslager nicht tragbar

SDA

15.4.2019

Vom ehemaligen Munitionslager der Armee in Mitholz im Berner Oberland geht ein für die Bevölkerung nicht akzeptables Risiko aus. Eine am Montag publizierte Zweitbeurteilung des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) bestätigt die Einschätzung des VBS.

Das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) war 2018 in einer Risikoanalyse zum Schluss gekommen, dass vom 1947 bei einer Explosion verschütteten Munitionslager der Armee in Mitholz BE eine grössere Gefahr ausgeht als bisher angenommen. In den eingestürzten Anlageteilen und im Schuttkegel liegen noch rund 3500 Bruttotonnen Munition mit mehreren hundert Tonnen Sprengstoff.

Als zuständige Fachstelle in der Störfallverordnung überprüfte das BAFU nun die Risikoanalyse VBS. Für die Begutachtung des «sehr komplexen» Mitholz-Dossiers zog das BAFU externe Experten des deutschen Fraunhofer-Institutes für Kurzzeitdynamik bei.

Noch immer ist die Felsabrissstelle sichtbar, die entstand, als es in Mitholz 1947 zu drei grossen Explosionen kam.
Noch immer ist die Felsabrissstelle sichtbar, die entstand, als es in Mitholz 1947 zu drei grossen Explosionen kam.
Keystone

VBS-Szenarien «plausibel»

Das Fraunhofer-Institut prüfte zuerst die Szenarien des VBS und «befand diese für plausibel», schreibt das BAFU. Das VBS war von zwei möglichen Szenarien ausgegangen: einer kleineren Explosion (eine Tonne Sprengstoff TNT), die alle 300 Jahre auftreten könnte und einem grösseren Ereignis (10 Tonnen TNT) alle 3000 Jahre.

Die deutschen Fachleute prüften auch noch andere Szenarien, «um die Bandbreite der möglichen Gefährdungen abzustecken.» Nach Ansicht der Experten könnte als Obergrenze auch noch ein 20-Tonnen-Szenario mit einem anderen Ereignisablauf möglich sein.

Laut BAFU zeigen die Berechnungen insgesamt ähnliche Risiken wie bei den VBS-Szenarien bleiben, die Gefährdungsbereiche könnten räumlich aber anders verteilt sein. Diese Erkenntnisse seien in der Massnahmen- und Notfallplanung zu berücksichtigen und das Risiko «mindestens in den akzeptablen Bereich zu senken».

Bevölkerung direkt informiert

Die Bevölkerung wurde am Montagabend in Mitholz über das Gutachten informiert. Zur Erarbeitung von Massnahmen hat der Bund Ende 2018 ein Expertenteam eingesetzt. Es soll bis 2020 nach Möglichkeiten suchen, das Risiko einer neuen Explosion zu beseitigen oder zumindest zu senken.

Das VBS prüft dabei etwa den Einsatz eines Roboters oder ferngesteuerten Baggers zur Bergung der verschütteten Munition. Ein Prototyp könnte in ein bis zwei Jahren vorliegen, hiess es anfangs Jahr.

Zudem wurde die Überwachung des Munitionslagers verstärkt - mit Video- und Wärmebildkameras sowie Sensoren, die austretende Gase messen. Die Bevölkerung erhielt ein Merkblatt für den Fall einer Explosion oder einer Evakuierung.

Neun Tote

Bei einer Informationsveranstaltung vom Herbst 2018 machten die Einwohnerinnen und Einwohner von Mitholz deutlich, dass sie eine vollständige Räumung des Munitionslagers erwarten.

1947 vernichteten drei grosse Explosionen etwa die Hälfte der in Mitholz eingelagerten 7000 Bruttotonnen Munition. Neun Menschen starben, als herumfliegende Felsbrocken Häuser trafen, sieben Menschen wurden verletzt und 200 verloren ihr Obdach.

Bilder aus der Schweiz
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