Aktienrecht, Einfuhrzölle, GeodatenDas hat der Bundesrat heute alles entschieden
2.2.2022
Der Bundesrat legt die Schwerpunkte für die Digitalisierung in der Schweiz fest. Zudem verabschiedet er den Aussenpolitischen Bericht und modernisiert das Aktienrecht. Die jüngsten Entscheide im Ticker.
02.02.2022, 13:40
Härtefallbeiträge
Noch bis maximal Mitte 2022 will der Bund Härtefallbeiträge an Unternehmen ausrichten, die wegen der Pandemie hohe Umsatzeinbussen erleiden. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Härtefallverordnung für das Jahr 2022 per 8. Februar in Kraft gesetzt. Die Unterstützungsbeiträge bemessen sich an den ungedeckten Kosten im Jahr 2022. Voraussetzung für einen Beitrag ist eine Umsatzeinbusse von 40 Prozent oder eine behördliche Schliessung in den Jahren 2020 und/oder 2021. Die Gesuche werden von den Kantonen geprüft. Der Bundesrat schätzt den finanziellen Bedarf für die Härtefallverordnung im laufenden Jahr auf 1,1 Milliarden Franken. Davon würden rund 900 Millionen Franken zulasten des Bundes und 200 Millionen Franken zulasten der Kantone gehen.
Covid-Kredite
Die Zinsen für Covid-Kredite bleiben unverändert. Das hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden. Für Kredite bis zu 500'000 Franken bleibt der Zins bei 0 Prozent. Der Zinssatz für den durch die Bürgschaftsorganisationen verbürgten Anteil der Kredite über 500'000 Franken (Covid-19-Kredite-Plus) beträgt weiterhin 0,5 Prozent. Zudem begrüsst der Bundesrat die Möglichkeit, die Rückzahlung der Kredite ab Ende März 2022 zu starten - so hat es die Schweizerische Bankiervereinigung empfohlen. Er befürwortet auch die Möglichkeit, dass Banken von der Pandemie besonders betroffenen Unternehmen bei der Rückzahlung einen Aufschub von sechs bis zwölf Monaten gewähren. Muss der Bürgschaft leistende Bund einspringen und Forderungen an Unternehmen eintreiben, übernimmt dies in der Mehrheit der Fälle die Intrum AG. Sind juristische Abklärungen nötig, ist Kellerhals Carrard zuständig.
Anpassung des Arbeitsgesetzes
Der Bundesrat hat zwei Verordnungen zum Arbeitsgesetz angepasst, damit die Bestimmungen zur Arbeits- und Ruhezeit einfacher angewendet werden können. Dies soll den Schutz der Angestellten verbessern und die Kompetenzen von Bund und Kantonen bei der Erteilung von Arbeitszeitbewilligungen klären. Unter anderem werden Zuständigkeiten und Voraussetzungen für die Bewilligung von Nacht- und Sonntagsarbeit angepasst und unter den Kantonen harmonisiert. Ebenso sollen die Kontrollen der Kantone vereinfacht und das Ganze für die Betriebe und Angestellten verständlicher werden, schreibt der Bundesrat. Die neuen Bestimmungen treten am 1. April in Kraft.
Rüstungskontrolle
Der Bundesrat hat zum ersten Mal eine Strategie Rüstungskontrolle und Abrüstung verabschiedet. Sie enthält Ziele und Massnahmen für die Jahre 2022 bis 2025. Angesichts der angespannten Sicherheitslage - etwa in Osteuropa und in Asien - sei das Schweizer Engagement für Frieden und Sicherheit umso wichtiger, schreibt der Bundesrat. Die Schweiz setzt sich gemäss Strategie unter anderem für vollständige nukleare Abrüstung ein. Zudem will sich die Schweiz für ein Abkommen zu autonomen Waffen starkmachen mit dem Ziel, die menschliche Kontrolle über solche Waffen sicherzustellen und autonome Waffen zu verhindern, die nicht rechtskonform wären. Im Cyberspace und im Weltraum will sich der Bundesrat aktiver an der Entwicklung von Normen beteiligen, die den Einsatz neuer Technologien in Konflikten regeln - etwa bei autonomen tödlichen Waffensystemen.
Nachtragskredite
Zur Bewältigung der Corona-Pandemie sind weitere Gelder nötig. Der Bundesrat hat mit einer Sonderbotschaft den Nachtrag Ia zum Voranschlag 2022 verabschiedet. Er unterbreitet dem Parlament drei Nachtragskredite im Umfang von 3,4 Milliarden Franken. Die Nachträge entfallen auf den Corona-Erwerbsersatz (1,7 Mrd. Franken), den Bundesanteil an der Härtefallhilfe (0,9 Mrd. Franken) und den Bundesbeitrag an die Arbeitslosenversicherung für die Kurzarbeitsentschädigung (0,8 Mrd. Franken). Damit erhöhen sich die Corona-Ausgaben im laufenden Jahr auf 7,2 Milliarden Franken. In den Jahren 2020 und 2021 hat der Bund zur Bewältigung der Corona-Pandemie bereits Ausgaben von rund 30 Milliarden Franken getätigt.
Aussenpolitischer Bericht
Der Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU sowie die Corona-Pandemie standen im Jahr 2021 im Zentrum der Schweizer Aussenpolitik. Zudem hat die «zunehmende Bedeutung der guten Dienste» der Schweiz die Aussenpolitik geprägt – etwa die Wahl Genfs für das Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Joe Biden und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Juni 2021. Auch sei das Krisenmanagement des Aussendepartements stark gefordert gewesen, etwa wegen der Situation in Afghanistan. Das steht im Aussenpolitischen Bericht, den der Bundesrat am Mittwoch verabschiedet hat.
Stützung der Zuckerproduktion
Die vom Parlament beschlossene Stützung der einheimischen Zuckerproduktion tritt am 1. März 2022 in Kraft. Das hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden. Es sind der Mindestgrenzschutz von 7 Franken je 100 Kilogramm Zucker und der Einzelkulturbeitrag von 2100 Franken je Hektare Zuckerrüben. Die Massnahmen sind bis 2026 befristet. Wer die Rüben nach Anforderungen der biologischen oder integrierten Produktion anbaut, erhält einen Zusatz-Einzelkulturbeitrag von 200 Franken. Die Bestimmungen zur Stützung der einheimischen Zuckerwirtschaft waren bisher in einer Verordnung geregelt, nun stehen sie im Landwirtschaftsgesetz.
Digitale Transformation
Der Bundesrat hat die Schwerpunkte für die Digitalisierung in der Schweiz festgelegt. Im Fokus stehen die Digitalisierung im Gesundheitsbereich, vertrauenswürdige Datenräume, der Beitrag staatlicher Akteure zur digitalen Transformation der Schweiz und Ansätze zur Stärkung der staatlichen digitalen Souveränität. Um die digitale Transformation über die drei Staatsebenen hinweg rascher und wirkungsvoller zu gestalten, haben Bund, Kantone und Gemeinden die neue Organisation Digitale Verwaltung Schweiz geschaffen, wie die Regierung in ihrer Mitteilung schrieb.
Digitalisierung im Finanzbereich
Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) soll die Rahmenbedingungen und Standortfaktoren für den Schweizer Finanzplatz vor dem Hintergrund der Digitalisierung verbessern. Der Bundesrat hat einen Bericht zur «Digital Finance» mitsamt zwölf Massnahmen verabschiedet. So soll das EFD die Nutzung von Daten und Clouds, die Cybersicherheit und die künstliche Intelligenz sowie die Nachhaltigkeit im Finanzbereich im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Risiken des Finanzplatzes aufarbeiten. Das EFD soll dabei zudem gegenüber den Finanzinstituten, Konsumenten, Zulieferern, innovativen Start-ups und der Wissenschaft ein aktiver Dialogpartner sein und koordinieren.
Einfuhrzölle
Ab Anfang 2024 gibt es in der Schweiz keine Einfuhrzölle für Industrieprodukte mehr. Der Bundesrat hat die Änderung des Zolltarifgesetzes auf diesen Zeitpunkt hin in Kraft gesetzt. Wirtschaft und Verwaltung hätten so genug Zeit für die erforderlichen technischen und organisatorischen Anpassungen, schreibt die Regierung. Die Abschaffung der Industriezölle war vom Parlament im Oktober 2021 gutgeheissen worden. Die Massnahmen stärkten die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft im Inland und beim Export, lautete der Tenor von bürgerlicher Seite. Weil auch Konsumentinnen und Konsumenten von tieferen Preisen für importiere Konsumgüter profitieren dürften, verzichteten die Gegner auf ein Referendum. Mit der Abschaffung der Industriezölle werden dem Bund jedes Jahr mehr als 500 Millionen Franken an Zolleinnahmen entgehen.
Modernisiertes Aktienrecht
Das modernisierte Aktienrecht tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Das hat der Bundesrat entschieden. Die vom Parlament im Juni 2020 verabschiedete Revision enthält unter anderem die Umsetzung der Abzocker-Initiative auf Gesetzesstufe sowie flexiblere Gründungs- und Kapitalvorschriften. Teile der Revision - nämlich Geschlechterrichtwerte und Transparenzvorgaben für Unternehmen, die in der Rohstoffgewinnung tätig sind - sind bereits in Kraft. Weil nun alle Bestimmungen zu übermässigen Vergütungen im Gesetz stehen, wird die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) auf den 1. Januar 2023 aufgehoben.
Verkehrsinfrastruktur
Der Bundesrat will das Verkehrswachstum besser bewältigen können. Dafür soll eine neue nationale Dateninfrastruktur aufgebaut werden. Der verbesserte Informationsaustausch zwischen den Betreibern von Strassen- und Schieneninfrastruktur sowie den Verkehrsteilnehmenden soll es ermöglichen, Verkehrsinfrastrukturen effizienter zu betreiben und zu nutzen, Mobilitätsangebote gezielter zu planen, besser auszulasten und den Bedürfnissen der Bevölkerung besser Rechnung zu tragen. Der Bundesrat hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung geschickt. Diese dauert bis zum 3. Mai.
Geodatenmodell
Das Geodatenmodell der amtlichen Vermessung soll neu in gleicher Weise geregelt werden wie die Geodatenmodelle aller anderen Geobasisdaten des Bundesrechts. Dies wird es in Zukunft einfacher machen, kleinere Anpassungen vorzunehmen, ohne gleich das ganze Geodatenmodell verändern zu müssen. Der Bundesrat hat die Vernehmlassung für entsprechende Verordnungsänderungen eröffnet. Er will damit auch die rechtlichen Grundlagen für ein neues Datenmodell schaffen, das künftig bei der amtlichen Vermessung zum Einsatz kommen soll. Die Vernehmlassung läuft bis am 13. Mai. In Kraft setzen will der Bundesrat die Revision per Anfang 2023.
Fonds für Familienzulagen in der Landwirtschaft
Der Bundesrat will den Fonds für Familienzulagen in der Landwirtschaft aufheben. Der Fonds erwirtschaftet seit 2018 keine Zinsen mehr, mit denen die Beiträge der Kantone zur Finanzierung der Familienzulagen reduziert werden könnten, schreibt er zur Begründung seines Entscheides. Der Fonds verfügt über ein Kapital von 32,4 Millionen Franken. Dieses soll an die Kantone verteilt werden. Auswirkungen auf die Begünstigten von Leistungen des Fonds hat die Auflösung nach Angaben des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) nicht. Über die Aufhebung hat noch das Parlament zu entscheiden. Eine Auflösung empfohlen hat auch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK).