13,8 Milliarden für Bauern Grüner: «Grundwasser ist vergiftet – Bundesrat geht zu wenig weit»

Von Julia Käser

13.2.2020

Der Bundesrat präsentiert die künftige Agrarpolitik – und will mit einem Massnahmenpaket die Trinkwasserinitiative hinfällig machen. Allerdings: Den Gegnern gehen die Vorschläge viel zu wenig weit. 

Den ökologischen Fussabdruck reduzieren und gleichzeitig Mehrwerte für die Landwirtschaft sowie die Konsumentinnen und Konsumenten schaffen – das ist das übergeordnete Ziel der künftigen Agrarpolitik der Schweiz. Am Donnerstagmittag informiert Bundesrat Guy Parmelin (SVP) genauer über die Pläne für die Agrarpolitik ab 2022 (AP22+). 

Ein Punkt der AP22+ stösst dabei auf besonders grosses Interesse: Das enthaltene Massnahmenpaket, das eine Alternative zur 2018 eingereichten – und von Bundesrat und Parlament abgelehnten – Trinkwasserinitiative bieten soll. Bereits im vergangenen Jahr kündigte Parmelin an, er möchte mit einem «starken und genügenden» Massnahmenpaket «zentrale Anliegen der Trinkwasserinitiative» in die Pläne für die künftige Agrarpolitik integrieren.

«Der Bund muss jetzt handeln»

Für Kilian Baumann, Nationalrat der Grünen, stellt das Massnahmenpaket aber keine Alternative zur Trinkwasserinitiative dar, wie er «Bluewin» verrät. So würden die geplanten Massnahmen zwar in die richtige Richtung zielen, seien aber viel zu zögerlich. «Es ist eine Tatsache, dass das Grundwasser im gesamten Mittelland vergiftet ist. Da kann der Bund die Verantwortung nicht erst einmal auf die Branche abwälzen, sondern sollte jetzt selbst handeln.»

Zielwerte für weniger Pestizide – das will die Agrarpolitik22+. Damit nicht einverstanden sind die Gegner.
Zielwerte für weniger Pestizide – das will die Agrarpolitik22+. Damit nicht einverstanden sind die Gegner.
Bild: Keystone

Dass der Bundesrat bei den Pestiziden gemäss AP22+ erst in fünf Jahren eingreifen soll – dann nämlich, wenn die Ziele des Absenkpfades nicht erreicht wurden – greift gemäss Baumann viel zu kurz. Es gelte jetzt, Klartext zu reden und konkrete Lösungen vorzubringen.

Baumann plädiert für einen griffigen Gegenvorschlag zur Trinkwasserinitiative – denn die vorgeschlagenen Massnahmen im AP22+ seien viel zu schwammig formuliert. Klar sei: «Betriebe, die auf Pestizide und den Futterimport aus Brasilien verzichten, müssen besser unterstützt werden.»

Bauernpräsident ist für Senkung der Pestizide

Auf der Gegenseite klingt es anders. Die Bäuerinnen und Bauern stellen sich entschlossen gegen die Trinkwasserinitiative – doch wie stehen sie zu den Plänen des Bundesrats? Im Sommer sagte Bauernpräsident Markus Ritter (CVP) gegenüber «Bluewin», mit Zielwerten für weniger Pestizide – wie sie nun in der AP22+ enthalten sind – könne er sich arrangieren.

Diese seien kein neues Anliegen und würden bereits jetzt im bundesrätlichen Aktionsplan Pflanzenschutz festgehalten. «Dass das nun auch auf Gesetzesstufe beschlossen werden soll und somit eine höhere Verbindlichkeit bekommt, ist ein Kompromiss», so Ritter damals.



Dass sich der Bauernverbandspräsident jüngst mit Zielwerten für weniger Pestizide einverstanden zeigte, ist für Baumann logisch: «Der öffentliche Druck auf die Landwirtinnen und Landwirte wird immer grösser. Man kann nicht mehr verleugnen, dass etwas gehen muss.»

Das will die Initiative

Die Trinkwasserinitiative fordert etwa, dass nur noch jene Landwirtinnen und Landwirte Direktzahlungen erhalten, die auf Pestizide verzichten. Landwirtschaftsbetriebe hingegen, die regelmässig oder prophylaktisch Antibiotika einsetzten, sollen von sämtlichen Direktzahlungen ausgenommen werden.

Auch beim Tierbestand wird angesetzt: Neu sollen Betriebe nur noch so viele Tiere halten können, wie sie mit Futter vom eigenen Hof füttern können.

13,8 Milliarden zur Unterstützung der Landwirtschaft

Nun also will der Bundesrat mit konkreten Massnahmen die Anliegen der Trinkwasserinitiative angreifen und im Rahmen der AP22+ eine Alternativlösung präsentieren. Dazu wurden verschiedene Gesetzesänderungen herausgearbeitet.

Alles in allem bleibt das Budget für die Unterstützung der Landwirtschaft fast unverändert. 2022 bis 2025 sollen Bäuerinnen und Bauern mit insgesamt rund 13,8 Milliarden Franken unterstützt werden. Was sich ändert, sind jedoch die Anforderungen, an die die Direktzahlungen geknüpft sind.

Die AP22+ erhöht etwa die Anforderungen an Ausbildungen von Bezügerinnen und Bezügern von Direktzahlungen. Sie müssen mindestens das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis vorweisen sowie die drei Module Betriebswirtschaft besucht haben. Diesen Schritt begründet Parmelin damit, dass besser Ausgebildete die höheren landwirtschaftlichen Erträge erzielten. 

Weiter soll der Verzicht auf Pestizide mit Direktzahlungen für betreffende Landwirtschaftsbetriebe gefördert werden. Subventionen von mehr als 15'000 Schweizer Franken hingegen will der Bundesrat nach und nach reduzieren. 


Das ist das Massnahmenpaket der AP22+:

  • Im Landwirtschaftsgesetz wird ein verbindlicher Absenkpfad für die Verluste an Stickstoff und Phosphor verankert, der neben der Landwirtschaft auch für andere Branchen gilt. Konkret soll bis 2030 eine Reduktion von 20 Prozent erfolgen. Gelingt dies nicht, muss der Bundesrat Korrekturmassnahmen ergreifen.
  • Die maximale Hofdüngerausbringung pro Hektar wird im Gewässerschutzgesetz reduziert.
  • Pflanzenschutzmittel mit erhöhtem Umweltrisiko sollen im ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) nicht mehr zugelassen sein.
  • Der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel soll zudem vermehrt mit Direktzahlungen gefördert werden.
  •  Sämtliche Nährstofflieferungen an Landwirtschaftsbetriebe müssen transparent festgehalten werden.
  • Werden in bestimmten Regionen trotz all dieser Massnahmen zu hohe Stoffeinträge in Gewässern festgestellt, sollen Bund und Kantone regionsspezifisch eingreifen können.

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