Maskenpflicht an SchulenImmunsystem durch Corona-Massnahmen geschwächt
9.10.2021
Deutlich mehr Kinder als sonst erkranken derzeit an Atemwegsinfektionen. Ärzte warnen: Weil das Immunsystem lange nicht in Kontakt mit anderen Viren kam, sei es nun untrainiert.
09.10.2021, 18:32
Das Ausbleiben der üblichen Grippewelle wurde im letzten Winterhalbjahr noch als positiver Nebeneffekt der Corona-Massnahmen begrüsst. Masken, Isolation und Hygieneregeln verhinderten den Kontakt auch zu anderen Viren. Die Folge ein Jahr später: unser Immunsystem ist gegen viele normalerweise harmlosere Viren nicht mehr gut trainiert und Erkältungskrankheiten haben spürbarere Folgen.
Ulrich Weigeldt, Vorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, berichtet in der «Passauer Neuen Presse», dass die Hausärzte gerade bei Kindern «mehr und mehr Infektionskrankheiten sehen, die vorher niemand auf dem Radar hatte». Dabei seien oft Erwachsene die Ansteckungsquelle. Seiner Ansicht nach sollten Lehrpersonen daher einer Impfpflicht unterstellt werden, dafür könnte dann die Maskenpflicht in der Primarschule fallen.
Auch Christoph Aebi, Chefarzt der Kinderklinik am Inselspital in Bern, erklärt im «Tagesanzeiger» es sei «wichtig und angesichts der geringen Krankheitslast von Sars-CoV-2 für Kinder auch gerechtfertigt», dass man vor allem in der Primarschule so rasch wie möglich zum normalen Alltag zurückfinde und ganz von der Maskenpflicht wegkomme.
Dass Kinder deutlich mehr unter Pandemiemassnahmen leiden als durch das Virus selbst, halten die Fachgesellschaft der Kinder- und Jugendmedizin «Pädiatrie Schweiz», der Verein Kinderärzte Schweiz und die Schweizerische Vereinigung der Fachpersonen im schulärztlichen Dienst in einem Positionspapier fest.
Geteilte Ansichten über psychische Auswirkungen
Je nach Kanton und Schule sind Masken zwar ohnehin nur noch empfohlen. In der Wissenschaft gibt es aber durchaus auch Gegenstimmen, welche die Schutzmassnahmen gerne wieder ganz hochfahren würden. So schreibt beispielsweise Dominique de Quervain, Neurowissenschaftler und Professor an der Universität Basel, auf Anfrage des «Tagesanzeiger» CO₂-Sensoren, Lüften, repetitives Testen und das Tragen von Masken seien erwiesenermassen wirkungsvoll. Aus seinem Fachgebiet sieht er keine unerwünschten Nebenwirkungen: «Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz, dass diese Schutzmassnahmen sich in relevanter Weise negativ auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen auswirken.»
Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz, dass COVID-Schutzmassnahmen in Schulen (CO2-Sensoren, Lüften, repetitives Testen, Masken) sich in relevanter Weise negativ auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen auswirken. (1/2)
Allerdings hat die Zürcher Regierung gerade acht Millionen Franken für zusätzliche psychiatrische Angebote für Kinder und Jugendliche in psychischer Not bewilligt. Laut Susanne Walitza im «Tagesanzeiger», Direktorin der Uniklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, hat sich die Zahl der telefonischen Notfallkontakte infolge der Pandemie fast verdoppelt.