Diskriminierung Jede zehnte Frau erhält nach Baby-Pause Kündigung – Tendenz steigend

sob

12.2.2019

Mutterfreuden enden oft in Arbeitsfrust, wenn die Frau nach der Baby-Pause wieder arbeiten möchte und merkt, dass sie nicht mehr erwünscht ist. (Symbolbild)
Mutterfreuden enden oft in Arbeitsfrust, wenn die Frau nach der Baby-Pause wieder arbeiten möchte und merkt, dass sie nicht mehr erwünscht ist. (Symbolbild)
Getty

Von wegen Kündigungsschutz: Immer mehr junge Mütter verlieren ihren Job. Viele haben nicht die Kraft für ein juristisches Seilziehen. Andere haben keine Chance, weil sie die Kündigung erst nach der Sperrfrist bekommen.

Frauen, die nach Geburt des Kindes weiterarbeiten wollen, müssen immer häufiger davon Abstand nehmen – unfreiwillig. Manche Firmen ekeln junge Mütter regelrecht raus.



Sara Lehner, Präsidentin der kantonalen Schlichtungsstelle für Diskriminierungsfragen Basel-Stadt, sagt in einem «Blick»-Bericht: «Die Fälle mit dem Thema Kündigung während und nach dem Mutterschaftsurlaub nahmen in den letzten Jahren zu.» Häufig werde die Rückkehr zum Problem, weil der Arbeitnehmerin nach Ablauf der Sperrfrist gekündigt werde.

«Die meisten betroffenen Frauen erlebten eine berufliche Rückstufung und diskriminierende Kündigungen oft am ersten Arbeitstag nach dem Mutterschaftsurlaub», beobachtet die Leiterin der Fachstelle Gleichstellung der Stadt Zürich, Anja Derungs.

Diskriminierung nimmt zu

Schwangerschaftsdiskriminierung beschäftigt auch die Arbeitnehmerorganisationen. «Rechtsauskünfte zu solchen Fragen und die Rechtsfälle in diesem Bereich haben in verschiedenen Regionen zugenommen», sagt Leena Schmitter, Leiterin Gleichstellung bei Unia.

Syna-Sprecher Dieter Egli erlebt Ähnliches: «Diskriminierungen wegen Schwanger- oder Mutterschaft nehmen mit dem allgemeinen Druck bei der Arbeit zu – vor allem auch in typischen Dienstleistungs- und Frauenberufen wie Verkauf.» Bei Arbeitgebern sei die Haltung verbreitet, dass Frauen mit kleinen Kindern Probleme bereiteten.



Ohne überhaupt ihr Recht auf Kündigungsschutz geltend zu machen, scheiden vermehrt auch schwangere Frauen unfreiwillig aus dem Arbeitsleben aus. «Es kommt sehr oft vor, dass man bereits zu Beginn der Schwangerschaft versucht, Frauen zur Kündigung zu drängen – auch mit dem Hinweis darauf, dass man ihnen während der Schwangerschaft keine angepasste Arbeit anbieten könne», sagt Egli.

Gemäss einer Studie des Arbeitnehmerverbands Travailsuisse erhält jede zehnte Frau in der Schweiz nach dem Mutterschaftsurlaub eine Kündigung.

Arbeitgeber irritiert

Mütter seien gut qualifizierte Mitarbeiterinnen, die Arbeitgeber gerne weiterbeschäftigen, sagt Fredy Greuter vom Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) zu «Blick». Explizit von der Kündigung am ersten Arbeitstag will der SAV nicht abraten.

Aber Greuter betont: «Für uns ist nicht nachvollziehbar, dass die Unternehmen generell den Mutterschaftsurlaub als Vorwand nehmen, um sich von frischgebackenen Müttern zu trennen.» Allerdings sei unbestritten, dass angeschlagene Unternehmen bei einer Reorganisation nicht um Entlassungen herumkämen.

Bilder aus der Schweiz
Zurück zur Startseite