Kokain und Heroin in geringen Mengen erlaubt Kanton St. Gallen lockert Weisungen beim Drogenbesitz

SDA

29.4.2019 - 17:16

Kritiker befürchten, dass die neue Regelung den ersten Schritt hin zu einer Legalisierung der gefährlichen Drogen bedeuten könnte. (Symbolbild)
Kritiker befürchten, dass die neue Regelung den ersten Schritt hin zu einer Legalisierung der gefährlichen Drogen bedeuten könnte. (Symbolbild)
Bild: Keystone/dpa/Christian Charisius

Der Besitz geringer Mengen an Heroin oder Kokain ist ab sofort im Kanton St. Gallen erlaubt. Konsumenten, die maximal zwei Gramm der Drogen mit sich führen, haben keine Bussen mehr zu befürchten. Ein erster Schritt auf dem Weg zu einer Legalisierung?

Bussen für den Besitz geringer Drogenmengen sind im Kanton St. Gallen Schnee von gestern: Seit Anfang März werden Konsumenten, die höchstens zwei Gramm Kokain oder Heroin auf sich tragen, nicht mehr gebüsst. Ein St. Galler SVP-Kantonsrat befürchtet darin den ersten Schritt für eine Legalisierung.

Wer weniger als 10 Gramm Cannabis mit sich trägt, geht seit Herbst 2017 in den meisten Kantonen straffrei aus. Das Bundesgericht hatte am 6. September 2017 entschieden, dass ein Mann aus Basel zu Unrecht wegen Besitzes von Cannabis und Haschisch gebüsst worden war. Er war 2015 von der Kantonspolizei Basel-Stadt kontrolliert worden. Die Beamten fanden ein halbes Gramm Marihuana und 0,1 Gramm Haschisch, weshalb er gebüsst wurde. Es handle sich um eine straflose Vorbereitungshandlung, so das Bundesgericht.

Der Kanton St. Gallen, der lange als sehr restriktiv auch im Umgang mit weichen Drogen galt, hat jetzt auch den Umgang mit weiteren Betäubungsmitteln gelockert. Seit 1. März 2019 gilt eine Weisung, nach der der Besitz weiterer Drogen straffrei sein soll, schreibt der St. Galler SVP Kantonsrat Peter Haag in seiner Interpellation. Es handelt sich dabei um 2 Gramm Heroin oder 2 Gramm Kokain.

Beatrice Giger, Medienbeauftragte der St. Galler Staatsanwaltschaft, bestätigte einen entsprechenden Artikel im «St. Galler Tagblatt» vom Montag. Grundlage ist der Artikel 19b des Betäubungsmittelgesetzes, der seit 2013 in Kraft ist: «Wer nur eine geringfügige Menge eines Betäubungsmittels für den eigenen Konsum vorbereitet oder zur Ermöglichung des gleichzeitigen und gemeinsamen Konsums einer Person von mehr als 18 Jahren unentgeltlich abgibt, ist nicht strafbar.»

Klare Linie

10 Gramm eines Betäubungsmittels des Wirkungstyps Cannabis gelten laut Gesetz als geringfügige Menge. Die Menge sei aufgrund der «Preisäquivalenz» beim Heroin und beim Kokain auf 2 Gramm festgelegt worden, so Giger. Damit sei eine klare Linie geschaffen worden. Der Konsum der Betäubungsmittel sei weiterhin strafbar. Die verbotenen Drogen würden von der Polizei sichergestellt und vernichtet.

Laut dem SVP-Kantonsrat ist St. Gallen der erste Kanton, in dem der Besitz dieser Betäubungsmittel straffrei sei. Im Kanton Thurgau gilt die Regelung weiterhin nur für Cannabis, «mangels gesetzlicher Grundlage», wie Marco Breu von der Medienstelle der Thurgauer Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Solange es keine einschlägige Rechtsprechung gebe, werde der Besitz von Kokain oder Heroin weiterhin verzeigt.

Grundsätzlich gebe es keine Änderung, heisst es beispielsweise auch bei der Staatsanwaltschaft von Basel-Stadt. Die Regelung sei aber nicht starr. Es brauche einen Ermessensspielraum. Langjährige Konsumenten, die mit geringen Mengen von Heroin oder Kokain kontrolliert werden, gingen in der Regel straffrei aus. Es gebe allenfalls eine Ordnungsbusse.

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