Bund wird aktivMehr als doppelt so viele Fälle von Sklaverei in der Schweiz
aru
29.1.2023
Waren es 2020 noch 15 Fälle von Arbeitsausbeutung, wurden ein Jahr später schon 40 Fälle polizeilich verfolgt. Nun rückt die moderne Sklaverei in den Fokus des Bundes.
aru
29.01.2023, 15:50
aru
Für viele ist ein Job in der Schweiz ein Volltreffer, ein Glücksfall. Dass vermeintlich gute Angebote aber auch das Gegenteil sein können, zeigt ein Fall, der in Winterthur vor Gericht kam. Wie die «NZZ am Sonntag» schreibt, sei eine Frau jahrelang von einem Ehepaar als Sklavin gehalten worden.
Die junge Frau wurde im Ausland für eine Stelle als Kindermädchen in Winterthur gesucht. Doch wurde der Job zum Martyrium, da sie geschlagen und erniedrigt worden sei. Zudem musste sie ihren Pass abgeben und geschlafen hat sie auf einer Matratze auf dem Boden. Das Paar wurde diesen Sommer zu Freiheitsstrafen verurteilt.
Schwierig, an die Opfer zu gelangen
2020 wurden in der Schweiz noch 15 Fälle von Arbeitsausbeutung polizeilich ermittelt, 2021 waren es bereits 40 Fälle. Dies ergibt eine noch nicht veröffentlichte Statistik, die der «NZZ am Sonntag» vorliegt.
«Arbeitsausbeutung dürfte viel weiter verbreitet sein als gemeinhin angenommen.»
Sarah Schilliger
Forscherin an der Universität Bern
Diese Zahlen zeigen, was Spezialist*innen vermutet hatten: «Arbeitsausbeutung dürfte viel weiter verbreitet sein als gemeinhin angenommen», sagt Sarah Schilliger, Forscherin an der Universität Bern. Sie hat zum Thema Arbeitsausbeutung mehrfach publiziert und geht von einer sehr hohen Dunkelziffer aus.
Da Arbeitsausbeutung im Gegensatz zu Zwangsprostitution im privaten Raum stattfinde, sei es schwieriger an die Opfer zu gelangen. Sexuelle Ausbeutung geschehe eher im halböffentlichen Raum.
34'000 Sans-Papiers als Haushaltshilfen
Die Zahl, welche das Staatssekretariat für Migration veröffentlicht, ist erstaunlich. Dort geht man davon aus, dass in der Schweiz rund 34'000 Sans-Papiers als Hausangestellte arbeiten.
Nun wird der Bund aktiv: Anfang Jahr trat der dritte nationale Aktionsplan gegen Menschenhandel in Kraft, wobei Arbeitsausbeutung erstmals einen Schwerpunkt darstelle, so die «NZZ am Sonntag».