Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse zieht eine negative Bilanz über die zu Ende gehende Legislatur – trotz der Wahlerfolge der bürgerlichen Parteien vor vier Jahren. Er sieht kaum Fortschritte für den Wirtschaftsstandort.
«Andere Länder machen Fortschritte, die Schweiz ist stehen geblieben», sagte Chefökonom Rudolf Minsch am Dienstag vor den Medien in Bern. In den internationalen Rankings zur Wettbewerbsfähigkeit sei sie zurückgefallen.
Der Wirtschaftsdachverband hat 100 Geschäfte der Legislatur unter die Lupe genommen und jeweils beurteilt, wie das Resultat die Standortqualität der Schweiz beeinflusst. Bei vielen Geschäften verzeichnet er einen Status quo. Das betrifft etwa Volksinitiativen, die abgelehnt wurden. Minsch sprach von «Abwehrkämpfen gegen eine Verschlechterung».
Reformstau und Unsicherheit
Als negative Entwicklung beurteilt economiesuisse den Reformstau bei der Altersvorsorge oder die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Die lange Phase der Unsicherheit über die Umsetzung habe sich negativ ausgewirkt, und die nun eingeführte Stellenmeldepflicht führe zu einem hohen Aufwand bei den Unternehmen, schreibt der Verband.
Dies beeinflusse die Säule «Arbeitsmarkt» negativ – eine von zwölf Säulen zur Messung der Wettbewerbsfähigkeit in Rankings. Einzig bei zwei Säulen verzeichnet economiesuisse eine positive Entwicklung: Bei der Marktgrösse und bei der Qualifikation der Arbeitskräfte.
Trotz Rechtsruck vor vier Jahren
Die bürgerliche Mehrheit habe sich nicht immer durchsetzen können, sagte economiesuisse-Direktorin Monika Rühl auf die Frage, warum die wirtschaftspolitische Bilanz trotz des Rechtsrucks bei den letzten Wahlen so negativ ausfalle. Ausserdem hätten sich zuweilen die Polparteien zusammengeschlossen.
Minsch stellte fest, der Schweiz komme etwas die Fähigkeit zu Kompromissen abhanden. Ein eigenes Verschulden – etwa mangelnde Priorisierung beim Lobbying – sieht economiesuisse nicht: Es sei wichtig, alle Themen abzudecken, sagte Rühl dazu.
Kandidierende sensibilisieren
Mit Blick auf die Wahlen im Herbst und die nächste Legislatur will economiesuisse die National- und Ständeratskandidatinnen und -kandidaten für wirtschaftspolitische Anliegen sensibilisieren. Der Verband hat zu diesem Zweck die Onlineplattform www.elections.ch aufgebaut, auf der Interessierte anhand eines Fragebogens wichtige wirtschaftspolitische Geschäfte beurteilen können.
Nach Ausfüllen des Fragebogens bekommen sie eine Auswertung und Informationen zu den Geschäften. Ranglisten oder Wahlempfehlungen will economiesuisse daraus nicht erstellen.
Höheres Rentenalter
Zu den wichtigen Themen der kommenden Legislatur gehört für economiesuisse die Digitalisierung der Verwaltung, die es Unternehmen ermöglichen soll, effizient mit den Behörden zu interagieren. Der Dachverband will sich aber auch für die Angleichung des Rentenalters von Frauen und Männern sowie für eine generelle Erhöhung des Rentenalters einsetzen.
Auf der Wunschliste stehen ausserdem die vollständige Strommarktliberalisierung, die Abschaffung der Industriezölle und weitere Freihandelsabkommen. Bekämpfen will economiesuisse unter anderem Vorhaben zur materiellen Steuerharmonisierung.
Konkretes abwarten
Keine Erwähnung finden die Pläne der OECD für eine Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung. Finanzminister Ueli Maurer hatte vor kurzem gewarnt, diese könnten das Schweizer Steuersystem auf den Kopf stellen. Tatsächlich bestehe hier ein grosses Schadenspotenzial für den Wirtschaftsstandort Schweiz, sagte Minsch dazu. Es sei aber noch unklar, was am Ende genau beschlossen werde.
Das Thema «Klima» wiederum kommt laut Minsch deshalb nicht vor, weil economiesuisse davon ausgeht, dass die Revision des CO2-Gesetzes bald abgeschlossen ist und das neue Parlament nicht mehr stark beschäftigen wird.
«Es bleibt ein Positionspapier»
Das Klimapapier der wirtschaftsnahen FDP hat economiesuisse zur Kenntnis genommen. «Es bleibt ein Positionspapier», sagte Rühl auf eine entsprechende Frage. Economiesuisse warte nun auf die Konkretisierung. Minsch hob die bereits erfolgte Reduktion des CO2-Ausstosses im Industriesektor hervor.
Allgemein appelliert economiesuisse an das Parlament, den Bundesrat und besonders Wirtschaftsminister Guy Parmelin, in der nächsten Legislatur die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz wieder zu stärken. «Da besteht Verbesserungspotenzial», sagte Rühl.
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