Parlamentsreisen Politiker-Reisen unter der Lupe

SDA

24.7.2019 - 14:08

Heikle Tweets aus Nordkorea: Der Waadtländer CVP-Nationalrat Claude Béglé. (Archivbild)
Heikle Tweets aus Nordkorea: Der Waadtländer CVP-Nationalrat Claude Béglé. (Archivbild)
Source: KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Politische Äusserungen von Parlamentariern während ihren privaten Auslandsreisen sind delikat. CVP-Nationalrat Claude Béglé hat mit seinen Tweets aus Nordkorea die Problematik erneut ans Licht gebracht. Auch das Nationalratsbüro sieht nun Handlungsbedarf.

Beispiele von umstrittenen Parlamentarier-Reisen ohne offizielle Mandate gibt es einige: Dazu gehören unter anderem der Besuch einer Schweizer Parlamentarier-Gruppe in eine von Israel besetzte Siedlung im Westjordanland, eine Reise von fünf Parlamentariern nach Eritrea oder eben die jüngste Nordkorea-Reise des Waadtländer Nationalrats Claude Béglé.

«Die Parlamentarier sollen Ferien machen und sich nicht von Regierungen in anderen Ländern vereinnahmen lassen und die dortige Schweizer Botschaft belästigen», sagte SVP-Nationalrat Ronald Rino Büchel (SG) gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Mittwoch.

Parlamentarier seien bei privaten Reisen als Bürger unterwegs und verträten nicht die Schweiz. Doch dieses «pseudo-offizielle Auftreten» könne zu Missverständnissen in anderen Ländern führen. Denn die Gegenseite erachte Parlamentarier-Besuche aus der Schweiz oft als wichtig und offiziell. Und in Béglés Fall habe Nordkorea sicher «eine riesen Freude» an dessen positiven Äusserungen gehabt.

Seit einigen Monaten an der Arbeit

Büchel gehört zusammen mit den Nationalrätinnen Isabelle Moret (FDP/VD) und Elisabeth Graf-Litscher (SP/TG) zu einer Arbeitsgruppe, welche im Auftrag des Nationalratsbüros die bisherigen Regeln für Privatreisen von Parlamentariern überprüfen und eventuelle Anpassungen vorschlagen soll. Die Arbeiten dauerten bereits seit einigen Monaten an, sagte Litscher-Graf auf Anfrage. Zuvor hatten Zeitungen von Tamedia darüber berichtet.

Graf-Litscher sieht vor allem Handlungsbedarf bei der Bezeichnung der Parlamentarier-Reisen. So brauche es Richtlinien, wann eine Schweizer Delegation als offizielle Delegation im Ausland unterwegs sein dürfe. Das sei umso wichtiger in denjenigen Ländern, in denen die Schweiz eine diplomatische Rolle spiele.

Für die Nationalrätin sollten deshalb nur noch Reisen der Legislativkommissionen als offizielle Delegationen bezeichnet werden können. Denn diese seien für den Austausch mit anderen Ländern wichtig. Und sie müssten schon heute vom Büro des Nationalrats bewilligt werden.

Für Büchel muss eine offizielle Delegation mindestens eine gewisse Anzahl von Parlamentariern aufweisen und die ganze Parteienbreite beinhalten. «Einzelmasken» wie im Fall Béglé soll es seiner Meinung nach nicht mehr geben.

Gesetz oder Verhalten ändern

Umstritten ist, ob dazu nur die bisherigen Regeln angepasst werden sollen oder ob sogar eine Änderung des Parlamentsgesetzes nötig wäre. Heinz Brand (SVP/GR), zweiter Präsident des Nationalratsbüros, sprach sich gegenüber dem Nachrichtensender SRF4 deutlich gegen neue Regeln aus.

Stattdessen müsse vermehrt an die Verantwortung der Parlamentarier appelliert werden: Sie müssten sich im Klaren sein, dass ihre Verlautbarungen im Ausland Konsequenzen hätten. «Nur wegen der Redseligkeit einzelner Parlamentarier» dürfe die Reisefreiheit unter keinen Umständen einschränkt werden.

Auch Brand will «ja keine neuen Regeln». Er glaubt, dass man die neuen Parlamentarier im Herbst einfach richtig informieren müsse. Graf-Litscher hingegen schliesst eine Gesetzesänderung nicht aus. Das müsse das Büro an einer seiner nächsten Sitzungen entscheiden. Gemäss Moret sollte der Entscheid spätestens in der Herbstsession fallen.

Ein-Mitglied-Gruppen

In einem weiteren Punkt besteht laut Graf-Litscher Anpassungsbedarf, und auch hier steht Béglé im Zentrum: Denn der Nationalrat hat mindestens sieben parlamentarische Gruppen gegründet, in denen er das einzige Mitglied ist: Dazu gehören zum Beispiel die Gruppen «Indische Halbinsel», «Seidenstrasse», «Zentral- und Ostafrika», «Humanitäre Hilfe/IKRK» oder «Pazifik-Allianz».

Dass eine parlamentarische Gruppe in der Anfangsphase nur aus einer Person bestehe, gehe schon in Ordnung, sagte Graf-Litscher. Aber spätestens nach einem Jahr müsse sie eine gewisse Anzahl Mitglieder aufweisen und breit abgestützt sein. Einig sind sich Büchel und Graf-Litscher in einem Punkt: Regeln über Sinn oder Unsinn soll es nicht geben. Jeder Parlamentarier soll auch weiterhin frei sein, eine Gruppe zu gründen.

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