Terrorismus Ständerat will Handel mit Bomben-Chemikalien beschränken

SDA/aka

18.6.2020

Ständerat Thomas Minder (parteilos/SH) spricht neben Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Ständerat in der Berner Expo.
Ständerat Thomas Minder (parteilos/SH) spricht neben Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Ständerat in der Berner Expo.
Bild: Keystone

Bomben lassen sich selber bauen – ein Beispiel dafür ist der Amoklauf des Rechtsextremen Anders Behring Breivik auf Utoya. Der Ständerat will deshalb nun, dass es für bestimmte Chemikalien eine Bewilligung braucht. 

Privatpersonen sollen weniger leicht Zugang haben zu Chemikalien, aus denen sich Bomben herstellen lassen. Der Ständerat hat Gesetzesbestimmungen gutgeheissen, die für den Kauf von bestimmten Substanzen eine Bewilligung vorschreiben.

Das Stöckli hiess das Gesetz über Vorläuferstoffe für explosionsfähige Stoffe am Donnerstag mit 34 zu 7 Stimmen und 2 Enthaltungen gut. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

Die Sicherheitspolitische Kommission (SiK) des Ständerates war zunächst skeptisch gewesen. Nach einer Anhörung von Drogisten, Apothekern, der kantonalen Fachstellen für Chemikalien und des Bauernverbandes den Gesetzesänderungen stimmte sie dem Entwurf dann aber doch zu.

«Potenziell hoher Sicherheitsgewinn»

Von den neuen Bestimmungen seien nur wenige betroffen, sagte Mathias Zopfi (Grüne/GL) namens der Mehrheit. Denn meist könnten Private – gewerbliche Nutzer sind vom Gesetz nicht betroffen – auf nicht bewilligungspflichtige Stoffe ausweichen.



Zopfi sprach von einem potenziell hohen Sicherheitsgewinn: Nicht nur Terroristen benutzten die vom Gesetz erfassten Stoffe, in jüngster Zeit seien auch Bankomaten damit gesprengt worden. Und Jugendliche würden immer wieder mit solchen Stoffen experimentieren und schwere Verletzungen riskieren.

Eine Minderheit hätte nicht eintreten wollen. Werner Salzmann (SVP/BE) sagte, trotz der Reglementierung in der EU seien in Europa Anschläge verübt worden. Wer die betroffenen Stoffe benutzen wolle, werde unter Generalverdacht gestellt. Es sei immer dasselbe: «Wir erkennen ein Sicherheitsrisiko, erlassen Verbote und bestrafen grossmehrheitlich nicht die Richtigen.»

Minder: «Das wird nichts bringen»

Die Meldepflicht werde nichts bringen, warnte auch Thomas Minder (parteilos/SH). Besser als im Ausland zu kopieren, wäre es laut Minder, das Richtige zu machen, nämlich möglichst langer oder lebenslänglicher Freiheitsentzug.

«Soll man nichts tun, wenn man eine Lücke erkennt?», fragte dagegen Daniel Jositsch (SP/ZH) – und räumte dabei ein, dass Terrorismus sich nicht gesetzlich verbieten lasse und immer neue Wege finde.

«Die Schweiz muss die Abgabe solcher Substanzen regeln», sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Das könne Anschläge und Straftaten mit selbstgebauten Bomben verhindern. Die Schweiz wolle nicht Logistikbasis von Schwerstkriminellen werden.

Stillschweigend nahm der Rat den Antrag der SiK an, der vorsieht, dass bis zu einer bestimmten Menge der Zugang über den Fachhandel geregelt werden kann. Keller-Sutter war mit der Änderung einverstanden.

Verbot in der EU

In der Vorlage geht es um Chemikalien, aus denen Privatpersonen mit dem nötigen Know-how Bomben bauen können, etwa Dünger, Bleichmittel oder Lösungsmittel. Rezepte dafür lassen sich im Internet finden.

Bei verschiedenen Anschlägen in den vergangenen Jahren kamen solche selbst gebauten Bomben zum Einsatz. Ein Beispiel dafür ist die vom Rechtsextremen Anders Behring Breivik 2011 in Oslo gezündete Autobombe, die acht Menschen tötete. Dafür verwendete Breivik vorwiegend Kunstdünger.

Die EU hat den Handel mit solchen Produkten bereits 2014 eingeschränkt. Seither ist die Schweiz das einzige europäische Land, in dem solche Produkte frei erhältlich sind. Der Bundesrat befürchtet, dass Kriminelle in die Schweiz ausweichen, um sich Vorläuferstoffe zu beschaffen.

Der Bundesrat will nun nachziehen und für Private den Zugang zu 100 bis 200 Produkten einschränken, die hauptsächlich in Apotheken, Drogerien und im Fachhandel verkauft werden. Diese Liste liegt noch nicht vor; erstellen müsste sie der Bundesrat. Er will aber grundsätzlich die gleichen Produkte regeln wie die EU.

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