Massnahmen Wirte laufen Sturm gegen Pläne des Bundesrats

uri

9.12.2020

Am 4. Dezember 2020 wird in einem Restaurant in Davos nach der Verschärfung der Massnahmen aufgestuhlt. (Archiv)
Am 4. Dezember 2020 wird in einem Restaurant in Davos nach der Verschärfung der Massnahmen aufgestuhlt. (Archiv)
Bild: Keystone

Die Gastronomen sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Sie gehen gegen die neuesten Massnahmen-Pläne des Bundesrates auf die Barrikaden – und hoffen auf Widerstand der Kantone.

Da die Corona-Fallzahlen wieder ansteigen, dringt der Bundesrat auf eine Verschärfung der Massnahmen. In einer ersten Stufe sollen ab dem 12. Dezember neben Einkaufsläden, Märkten, Freizeitbetrieben und Sportaktivitäten dann auch Gastrobetriebe ab 19 Uhr sowie an Sonntagen schliessen müssen. Zudem dürfen sich wohl auch in Restaurants nur noch Personen aus zwei Haushalten treffen – ausgenommen wären lediglich Weihnachten und Silvester.

Seine Vorschläge hat der Bundesrat den Kantonen zur Konsultation unterbreitet, am Freitag will er definitiv entscheiden. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (SP) sagte dazu am Dienstagabend: «Wir möchten diese Massnahmen durchsetzen, sind aber offen, sonst müssten wir die Konsultation mit den Kantonen nicht durchführen.»

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In der Gastrobranche sorgen die Pläne bereits für Wut und Empörung. Hier hofft man, dass sich die Kantone noch querstellen. «Die anvisierten Massnahmen des Bundesrates sind nicht nachvollziehbar und willkürlich», meint GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer in einer Mitteilung des Verbands.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) habe schliesslich bestätigt, dass die Gastronomie kein Corona-Hotspot sei. Wenn der Bundesrat nun ausgerechnet das Gastgewerbe einschränke, würde das wieder private Feiern befördern. Und bei denen gebe es eben keine Kontrolle oder Schutzkonzepte wie in der Gastronomie, so Platzer.

«Es ist eine Katastrophe»

«Was der Bundesrat da macht, ist himmeltraurig», sagt auch der Präsident von Gastro Luzern, Ruedi Stöckli, gegenüber «20 Minuten». Weil so viele Leute im Homeoffice arbeiten würden, kämen bereits jetzt am Mittag fast keine Gäste. «Jetzt will der Bundesrat uns aber auch noch das Abendgeschäft abwürgen», so Stöckli.

In einem offenen Brief beschwert sich auch der Aargauer Gastro-Verband bei Alain Berset. Man blicke wegen der sich teils wöchentlich ändernden Entscheide des Bundesrats in eine düstere Zukunft, heisst es in dem Schreiben laut «Aargauer Zeitung». Eindringlich appelliert der Verband an den Bund: «Wenn Sie jetzt unsere Betriebe wieder schliessen wollen, indem Sie den Druck auf die Kantone erhöhen, dann stehen viele unserer Mitglieder vor einer mehr als ungewissen Zukunft. Unsere Reserven sind fast vollständig aufgebraucht!»

Für die Massnahmen aus Bern habe man bislang immer Verständnis gehabt, sagte Bruno Lustenberger, Präsident von Gastro Aargau, der «Aargauer Zeitung». Doch jetzt sei es «einfach genug». Man komme nicht mehr damit nach, die Schutzkonzepte anzupassen und dies zu kommunizieren. «Es ist eine Katastrophe. Und wir wissen nicht, wie es weitergeht. Wir haben keine Planungssicherheit.»

Auch kritisiert sein Verband, dass es zu wenig Unterstützung für die gebeutelte Gastronomie gebe: «Zwar gibt es allerlei Abfederungsmassnahmen, für die wir durchaus dankbar sind. Man beraubt uns aber der Einnahmen und lässt uns auf einem grossen Teil der Kosten sitzen.»

Komplette Schliessung als bestmögliche Variante

In die gleiche Richtung zielt auch die Beschwerde der Bar & Club Kommission Zürich BCK. Sie befürchtet, dass die «Salamitaktik des Bundes» den Barbetrieben «jegliche wirtschaftliche Basis» entziehe, wie es in einer Mitteilung heisst.

Bereits vor der Verschärfung der Massnahmen durch den Kanton am gestrigen Dienstag hätten die Barbetriebe Umsatzeinbussen von mindestens 60 Prozent erlitten. Nun würde der Umsatz noch weiter einbrechen, warnt die BCK – und das, obwohl sich bereits mit nur 40 Prozent des normalen Umsatzes die Fix- und Personalkosten in der Stadt Zürich nicht decken liessen.

Die BCK fordert deshalb vom Kanton Zürich Konsequenz: «Eine Schliessung wäre in der aktuellen Situation die bestmögliche Variante.» Denn nur in einem Härtefall könne mit den Vermietern über eine Mietzinsreduktion verhandelt oder womöglich eine Versicherungsdeckung beansprucht werden.

GastroSuisse hofft auf Kantone

Auch der Luzerner Gastro-Präsident Ruedi Stöckli kritisiert, dass die vom Bund hierzu angedachten Massnahmen «weder Fisch noch Vogel» seien. «Ein Lockdown wäre mir bald lieber», erklärt er «20 Minuten». «Dann können die Betriebe alle Mitarbeiter in die Kurzarbeit schicken und der Bund soll bezahlen.»

GastroSuisse setzt diesbezüglich auf die Kantone. Es bleibe zu hoffen, dass sie «den Ernst der Lage erkannt haben und den Bundesrat bremsen, dessen Forderungen einem Lockdown gleichkommen», heisst es in der Mitteilung. Würden die Kantone dieser Verantwortung nicht nachkommen, brauche es «dringend A-fonds-perdu-Beiträge, die sofort ausbezahlt werden». Und kleine Beiträge würden dabei nicht ausreichen: «Es braucht dann erhebliche Summen», meint Verbandspräsident Platzer.

Allenfalls könnte der Bund den Forderungen der Gastronomen spätestens mit der angekündigten zweiten Stufe ab 18. Dezember entgegenkommen. Wenn sich die Lage bis zu diesem Datum weiter verschlechtert, dürfte an der Schliessung von Läden und Gastrobetrieben wohl kaum mehr ein Weg vorbeiführen.

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