Spezifische Viren sind ein vielversprechendes Mittel gegen multiresistente Bakterien: Sie befallen Bakterien und töten sie. ETH-Forschende haben nun solche «Phagen» so programmiert, dass sie nicht nur ihre üblichen Ziel-Bakterien befallen, sondern auch andere.
Das Gesundheitssystem steht vor einem gewaltigen Problem: Krankmachende Bakterien werden zunehmend resistent gegen Antibiotika. Ein möglicher Ansatz, auf dem viele Hoffnungen ruhen, ist der Einsatz der natürlichen Feinde der Bakterien: Phagen sind spezifische Viren, die Bakterien befallen und zerstören.
Forschende um Samuel Kilcher von der ETH Zürich haben nun einen wichtigen Schritt gemacht, um Phagen therapeutisch einzusetzen, wie die Hochschule am Montag mitteilte. Die Wissenschaftler konnten sie so umprogrammieren, dass sie nicht mehr nur ihre spezifischen «Opfer»-Bakterien befallen, auf die sie spezialisiert sind, sondern auch andere. Davon berichten sie im Fachblatt «Cell Reports».
Schlüssel zum Angriff auf Bakterien
Phagen erkennen «ihre» Bakterien anhand von Oberflächenstrukturen. Die Phagen tragen auf ihrer Hülle Proteine, die spezifisch zu einer Andockstelle (Rezeptor) auf der Oberfläche der Bakterien passt, wie ein Schlüssel ins Schloss. Nur wenn der Schlüssel des Phagen zum Schloss des Bakteriums passt, kann der Phage das Bakterium befallen und abtöten.
Das Team um Kilcher fokussierte auf Listeriaphagen, also Phagen, die Listerien befallen und jeweils auf verschiedene Listerienstämme spezialisiert sind. Die Forschenden konnten dank Röntgenkristallografie die Struktur eines Listeriaphagen-«Schlüssels», beziehungsweise Rezeptorbindeproteins, im Detail beschreiben.
Auf dieser Basis entwarfen die Forscher anschliessend neue Rezeptorbindeproteine, die sich nach einem Baukastenprinzip zusammensetzen lassen und zu verschiedenen anderen Bakterien- Rezeptoren passen. Die genetische Bauanleitung für diese Proteine bauten die Wissenschaftler wiederum in Listeriaphagen ein, programmierten sie damit also zu «Auftragskillern» gegen verschiedene Listerienstämme.
Reduzierter Aufwand und Kosten
Für eine Therapie könnte man einen Mix solcher Designer-Phagen einsetzen, um ein breites Spektrum an Bakterienstämmen zu bekämpfen, schrieb die ETH. Bisher mussten Forschende Phagen für diesen Zweck aus der Umwelt isolieren und aufwendig charakterisieren.
Solche Therapien liessen sich bisher aber kaum standardisieren, hiess es in der Mitteilung. Anders bei den Designer-Phagen: Diese könne man viel gezielter entwickeln, herstellen und anpassen. Das reduziere Aufwand und Kosten.
Bis zur praktischen Anwendung dürfte es jedoch noch dauern. Die Forschenden wollen nun Designer-Phagen insbesondere gegen Krankheitserreger entwickeln, denen wegen Antibiotikaresistenzen ansonsten schwer beizukommen ist. Allerdings müssten dazu noch Methoden entwickelt werden, um die entsprechenden Phagen im Labor herzustellen, schrieb die ETH.
Einzelfälle von experimentellen Phagentherapien gibt es zwar bereits, allerdings fehlen noch grosse klinische Studien und entsprechend die Marktzulassung solcher Therapien.
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