Heikle Geschäfte Verdachtsfälle gegen Pilatus mehren sich

jfk/SDA

30.10.2018

Die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar haben sich an den Bombardements im Jemen beteiligt. Die beiden Golfstaaten besitzen Pilatus-Trainingsflugzeuge vom Typ PC-21. 
Die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar haben sich an den Bombardements im Jemen beteiligt. Die beiden Golfstaaten besitzen Pilatus-Trainingsflugzeuge vom Typ PC-21. 
Bild: Keystone (Archiv)

Gegen den Stanser Flugzeugbauer wurde wegen Geschäften mit Saudi-Arabien ein Meldeverfahren eingeleitet. Das Aussendepartement (EDA) hat inzwischen bestätigt, dass Pilatus auch wegen anderer Auslandsaktivitäten im Visier der Bundesbehörden ist.

Das als Söldnergesetz bekannte Bundesgesetz über im Ausland erbrachte private Sicherheitsdienstleistungen (BPS) verpflichtet Schweizer Unternehmen, diese einer Behörde im EDA mitzuteilen. Verletzungen der Meldepflicht können mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe gebüsst werden. Dem Zentralschweizer Flugzeugbauer wird konkret vorgeworfen, den Bund über einen Folgeauftrag eines 2014 bewilligten Deals zur Unterstützung der saudischen Luftstreitkräfte nicht informiert zu haben.

Ein EDA-Sprecher teilte nun laut Tages-Anzeiger mit, das Meldeverfahren gegen Pilatus betreffe neben Saudi-Arabien auch noch andere Länder. Wegen des laufenden Verfahrens werden weitere Details nicht bekanntgegeben, doch der «Tages-Anzeiger» vermutet, dass die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar dazugehören. Demzufolge hätten sich beide Golfstaaten an Saudi-Arabiens Bombardements im Jemen beteiligt. Beide Staaten besässen eine Flotte von Pilatus-Trainingsflugzeugen (PC-21) und würden ihre Piloten mithilfe von Pilatus-Simulatoren ausbilden.

Ein Flugschüler beim Training im Simulator des Pilatus Porter PC21 in der Pilotenschule der Schweizer Luftwaffe in Emmen. (Archiv)
Ein Flugschüler beim Training im Simulator des Pilatus Porter PC21 in der Pilotenschule der Schweizer Luftwaffe in Emmen. (Archiv)
Bild: Keystone

Piloten der Qatar Emiri Air Force sollen laut «Tages-Anzeiger» im Jahr 2017 über 2500 Übungsstunden auf den Pilatus­-Simulatoren absolviert haben. Wenn auf diesen Simulatoren auch Kriegsszenarien trainiert ­werden, wäre das für die Bundesbehörden ein schwerwiegender Befund. Besteht zwischen der von dem Schweizer Unternehmen erbrachten Dienstleistung und den Einsätzen der Streitkräfte ein unmittelbarer Bezug, kann die Schweiz diese Dienstleistung verbieten. Oder eben im Nachhinein ahnden.

Vorwürfe «völlig absurd»

Den Verdacht bezüglich des Engagements in Saudi-Arabien hat Oscar Schwenk, der Verwaltungsratspräsident bei Pilatus, unterdessen in einem Interview deutlich zurückgewiesen. Die Vorwürfe «stimmen absolut nicht und sind völlig absurd», sagte der 74-Jährige in einem Interview mit der «Zentralschweiz am Sonntag» und der «Ostschweiz am Sonntag». «Pilatus hat alles richtig gemacht.»

Schwenk sieht kein Fehlverhalten seines Unternehmens. «Wir haben eine ausserordentliche Generalausfuhrbewilligung für Saudi-Arabien aus dem Jahr 2014, die für vier Jahre gültig ist», sagte er. Laut dieser könne das Unternehmen nach Saudi-Arabien Flugzeuge verkaufen, den Support übernehmen, Software updaten oder Technologie im Rahmen des Unterhalts liefern.

«Pilatus hat alles richtig gemacht» – Oscar Schwenk, Verwaltungsratspräsident des Stanser Flugzeugbauers. (Archiv)
«Pilatus hat alles richtig gemacht» – Oscar Schwenk, Verwaltungsratspräsident des Stanser Flugzeugbauers. (Archiv)
Bild: Keystone

Man habe 2015 das Gespräch mit dem EDA und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gesucht. Dabei habe man die Behörden über die Geschäftstätigkeiten sowie die Exportbewilligungen umfassend informiert. Auch seien die Unterhaltsleistungen, die man für die PC-21-Flotte der saudischen Luftstreitkräfte erbringe, explizit erwähnt worden.

Kritik am Bewilligungsverfahren

Das EDA habe festgehalten, dass für Geschäfte, die bereits vom Seco bewilligt wurden, keine weiteren Bewilligungen notwendig seien, sagte Schwenk weiter. Das habe er schriftlich in einem Mail des EDA. Nach seiner Auffassung war der Saudi-Arabien-Auftrag vom Seco bewilligt. «Wir stellen uns also auf die Position, dass keine weitere Information notwendig war.» Im Übrigen sei auch der Schweizer Botschafter in Saudi-Arabien über die Geschäfte informiert gewesen.

Schwenk kritisierte im Interview das Bewilligungsverfahren beim Bund. Fakt sei, dass die Bewilligungen zweigeteilt seien. Ein Teil liege beim Seco, das zum Volkswirtschaftsdepartement gehöre, das Söldnergesetz wiederum liege beim EDA. Das sei eine schlechte Lösung, es brauche zwingend eine Änderung. «Das muss künftig an einer Stelle, in einem Departement, passieren.»

Beim umstrittenen Auftrag geht es um einen Supportvertrag von Pilatus aus dem Jahr 2017 für die PC-21-Flotte der saudischen Luftstreitkräfte. Der Auftrag sieht während fünf Jahren den Support von 55 Flugzeugen vor, die in der Hauptstadt Riad stationiert sind, wie aus dem Geschäftsbericht 2017 von Pilatus hervorgeht.

28'000 Tote im Jemen

Brisant ist der Auftrag, weil Saudi-Arabien in den Bürgerkrieg in Jemen involviert ist. In dem Land kämpft seit 2015 die international anerkannte Regierung gegen die Rebellen. Saudi-Arabien führt ein Militärbündnis an, das Stellungen der Huthis aus der Luft angreift. Bislang sind mehr als 28'000 Menschen umgekommen. Die Uno spricht von der weltweit grössten humanitären Katastrophe.

Ein mutmasslich von Saudi-Arabien durchgeführter Luftschlag gegen eine Stellung der Huthis in Sanaa im Jemen am 5. November 2017. (Archiv)
Ein mutmasslich von Saudi-Arabien durchgeführter Luftschlag gegen eine Stellung der Huthis in Sanaa im Jemen am 5. November 2017. (Archiv)
Bild: Keystone

Schwenk verteidigte in dem Interview die Geschäfte mit der saudischen Armee. Es sei klar geregelt, was Pilatus ausführen dürfe – und was nicht. Es wäre nicht tolerierbar, wenn Pilatus-Trainingsflugzeuge in einem Konflikt zum Einsatz kämen. Dies sei aber gar nicht möglich. Technologie und Software würden dies ausschliessen.

«Es ist schrecklich, dass im Jemen-Konflikt täglich Hunderte Leute sterben. Auch verurteile ich scharf, was mit dem Journalisten Khashoggi passiert ist. Es kann aber nicht sein, dass diese Themen nun auf dem Rücken von Pilatus ausgetragen werden.»

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