Reisen ohne Coronaregeln Wer lockert, lockt Schweizer Feriengäste an

Von Andreas Fischer

12.2.2022

Mallorca wie in alten Zeiten: Die Schweizer Reiseveranstalter erleben derzeit einen Nachfrageboom und rechnen damit, dass es im Sommer in Europa nur noch vereinzelte Corona-Einschränkungen gibt.
Mallorca wie in alten Zeiten: Die Schweizer Reiseveranstalter erleben derzeit einen Nachfrageboom und rechnen damit, dass es im Sommer in Europa nur noch vereinzelte Corona-Einschränkungen gibt.
Bild: Clara Margais/dpa

Überall in Europa wird gelockert, in einigen Ländern gibt es überhaupt keine Corona-Regeln mehr. Verreisen die Schweizer deswegen wieder mehr? Oder bleiben sie vorsichtig? 

Von Andreas Fischer

12.2.2022

Durchatmen, zumindest unter freiem Himmel. In Spanien ist das seit Kurzem wieder möglich: Die Maskenpflicht im Freien wurde abgeschafft. Auf der Ferieninsel Mallorca fällt die 3G-Regel beim Besuch von Restaurants, Cafés und Bars. Auch die Italiener öffnen die Diskotheken wieder, wenn auch unter der 2G-Regel.

Für die Touristikbranche sind solche Nachrichten Musik in den Ohren. Nach zwei harten Jahren hoffen die Reiseanbieter auf bessere Zeiten. Doch machen Herr und Frau Schweizer auch mit und lassen sich von lockeren Corona-Regeln locken? Oder schreckt es sie eher ab, dass in einigen Ländern quasi gar keine Schutzmassnahmen mehr gelten?

Einer, der es wissen muss, ist Walter Kunz. «Länder, in denen mit keinen Reiserestriktionen mehr zu rechnen ist, sind mehr gefragt», erklärt der Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbandes (SRV) auf Nachfrage von blue News. «Wenn zwei Länder infrage kommen, entscheiden sich die Reisenden in der Regel für das Ferienziel, an dem die meisten Massnahmen aufgehoben sind», ist sich Kunz sicher.

Die Veranstalter würden bei Buchungsanfragen spüren, wenn wieder ein Land gelockert hat. Zwar nicht gleich am Tag danach. Aber, so Kunz: «Man merkt, dass die Lockerungen dazu beitragen, dass die Buchungszahlen in den entsprechenden Ländern steigen.» Dass vorsichtige Reisende bewusst Länder aussuchen, in denen sie sich dank Testpflicht und anderer Massnahmen sicherer fühlen als in Ländern mit lockeren Massnahmen, glaubt Kunz hingegen nicht.

Corona-Regeln vor Ort beeinflussen Wahl des Reiseziels

Die Veranstalter bestätigen Kunz’ Einschätzung. «In den meisten bereisbaren Ländern ist die Situation momentan nicht gross anders als bei uns in der Schweiz», heisst es bei Hotelplan Suisse. Unternehmenssprecherin Bettina Gähweiler erklärt auf Anfrage: «Restaurants und Museen sind – teilweise mit Zertifikatspflicht oder Maskentragpflicht – geöffnet und die meisten Freizeitaktivitäten können durchgeführt werden.»

In Skandinavien gibt es (fast) keine Regeln mehr

  • Dänemark: Seit dem 1. Februar gibt es in Dänemark bis auf vereinzelte Einreiseregeln praktisch keine Einschränkungen mehr. Die Maskenpflicht gehört ebenso der Vergangenheit an wie das Vorzeigen von Impf-, Genesungs- und Testnachweisen per Corona-Pass. Für Konzerte oder Fussballspiele gibt es keine Teilnehmerbegrenzungen mehr, Discos und Kneipen sind wieder offen – ohne Sperrzeiten für den Verkauf von Alkohol.
  • Finnland will ab dem 14. Februar Regeln für Restaurants und Kneipen lockern und alle Beschränkungen für Kultur, Sport und Veranstaltungen aufheben.
  • Norwegen hat bereits umfassend Beschränkungen zurückgenommen, seit Samstag ist auch die Maskenpflicht und der Mindest-Abstand Geschichte. 
  • Schweden: «Feiern, als sei es 2019», heisst es in Schweden. Die allermeisten Corona-Massnahmen wurden Mitte der Woche aufgehoben - und viele Menschen feierten das ausgiebig. Vor manchen Clubs bildeten sich lange Warteschlangen. (Material von SDA, Stand: 12.2.2022)

«Ja – die Lockerungen von Corona-Massnahmen im In- und Ausland führen dazu, dass immer mehr Schweizerinnen und Schweizer ihre Ferienpläne bei Kuoni verwirklichen», antwortet Mediensprecher Markus Flick von Kuoni Reisen. «Die Corona-Bedingungen einer Reise wirken sich im hohen Mass auf die Wahl des Zielgebietes aus. Abschreckend wirken sich etwa Einschränkungen in der Gastronomie und im Einzelhandel vor Ort aus.» Innerhalb Europas rechne man bei Kuoni mit nur noch vereinzelten Massnahmen im Sommer.

Derweil steige das Buchungsaufkommen bei Kuoni wöchentlich. «Noch liegt es zwar unter dem Vorkrisenniveau, im Sommergeschäft dürfte dieser Rückstand jedoch in den kommenden Wochen noch wettgemacht werden können.»

Auch diese Länder sind ziemlich locker

  • Grossbritannien: Wer geimpft nach Grossbritannien einreist, muss keinen Corona-Test mehr vorweisen. Damit hat die britische Regierung eine der letzten Corona-Regeln aufgehoben. Für Ungeimpfte gilt weiterhin die Pflicht, bei einem zertifizieren Anbieter bis zwei Tage nach der Einreise einen Test zu machen.
  • Die Niederlande wollen zum 18. Februar die meisten Corona-Massnahmen aufheben. Für Nachtclubs, grosse Konzerthallen und Veranstaltungen mit mehr als 500 Besuchern und ohne feste Sitzplätze soll die 1G-Regel gelten. Das heisst, dass alle Besucher sich vorher testen lassen müssen. Der Corona-Pass bleibt nach den Plänen der Regierung vorerst Pflicht für Sport, Kultur sowie Gasstätten. Damit müssen Besucher nachweisen, dass sie getestet, geimpft oder genesen sind. Dafür müssen sie dann aber keine Maske mehr tragen und nicht länger 1,5 Meter Abstand halten. (Material von SDA, Stand: 12.2.2022)

Die beliebtesten Destinationen würden dabei vom gewünschten Reisezeitraum abhängen, so Flick. «Für kurzfristige Abreisen stehen Ziele wie Lappland oder die Alpenländer beziehungsweise Thailand, die Malediven, die Karibik, Dubai, die Kanaren oder Ägypten im Vordergrund.» Für den Frühling würden dann vermehrt Städtereisen gebucht, «und für die Sommerferienmonate nehmen wir aktuell am meisten Reservationen für den Mittelmeerraum, den europäischen Norden oder erstmals seit zwei Jahren wieder für Nordamerika entgegen».

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Das Reisegeschäft zieht wieder an

Auch bei Hotelplan Suisse spürt man, dass die Kundinnen und Kunden ihre Ferien im Ausland verbringen möchten. «Die Reiselust bei unseren Kunden ist gross, teilweise grösser denn je», so Bianca Gähweiler. Der Eingang von Neubuchungen habe dabei bereits das Niveau von 2019 erreicht.

Hierhin kannst du reisen, wenn du vorsichtiger bist (I)

  • Belgien: Grössere Lockerungen gibt es bislang noch nicht. Die Regierung berät aber unter anderem bereits über Lockerungen des Nachtlebens. Zu Kulturveranstaltungen in Innenräumen dürften bald wieder mehr Gäste zugelassen werden.
  • Deutschland: Je nach Bundesland gilt in Freizeiteinrichtungen wie Kinos, Theatern oder Restaurants die 2G- oder 2G+Regel (zusätzlicher, tagesaktueller Test). Bei überregionalen Grossanlässen sind begrenzt Zuschauer*innen zugelassen. In öffentlichen Innenräumen und im öffentlichen Verkehr müssen FFP2-Masken getragen werden.
  • Frankreich: Die Regierung verfolgt einen detaillierten Lockerungsplan. Bei Sport- und Kulturveranstaltungen sind Obergrenzen teilweise weggefallen. In Gastronomie, Kultur sowie im Fernverkehr gilt weiterhin 2G.
  • Italien: Der Notstand ist bis 31. März in Kraft. In vielen Geschäften gilt die 3G-Regel. In Innenräumen gilt die Maskenpflicht. Erwogen wird, wieder mehr Menschen zu Sportveranstaltungen zuzulassen.

Auch beim Schweizer Reise-Verband merke man, dass das Geschäft anzieht. «Die Zahl von Buchungen und Anfragen ist in den vergangenen Tagen stark angestiegen», so Geschäftsführer Walter Kunz. Im Moment gäbe es allerdings noch mehr Erkundigungen als Buchungen. «Vermutlich wollen die Leute noch ein paar Tage abwarten, bevor sie sich für eine Buchung entscheiden.»

Hierhin kannst du reisen, wenn du vorsichtiger bist (II)

  • Portugal: Der Corona-Notstand läuft allerdings noch bis zum 22. März. In Hotels, Restaurants und anderen Einrichtungen gilt 3G. Die Regierung erwägt jedoch eine baldige Lockerung der Regeln.
  • Rumänien: Der Zugang zu Hotels, Restaurants, Kultureinrichtungen, Geschäften unterliegt der 3G-Regel. In öffentlichen Bereichen gilt Maskenpflicht. Wer im Urlaub positiv getestet wird, muss in Quarantäne und darf erst danach heimreisen.
  • Spanien: Die Maskenpflicht im Freien wurde abgeschafft. In Katalonien ist das Nachtleben geöffnet. In vielen Landesteilen gilt die 3G-Regel beim Besuch von Restaurants, Cafés, Bars und Fitnessstudios. Ausnahme: Mallorca und die Nachbarinseln.
  • Österreich: Die 2G-Regel in Geschäften und Museen wurde aufgehoben. Ab 19. Februar soll in der Gastronomie wieder die 3G-Regel gelten. Damit hätten auch negativ Getestete Zutritt zu den Lokalen. Ausnahme ist Wien, das an der 2G-Pflicht festhalten will. (Material von SDA, Stand: 11.2.2022)

Das «gestiegene Interesse» liesse sich durchaus auf das Ende der Corona-Massnahmen im Ausland zurückführen, schätzt Kunz ein und wagt einen Ausblick: «Die ganze Welt wird im Laufe des Jahres noch nicht offen sein. Aber es gibt immer mehr positive Nachrichten, zuletzt sogar aus Australien.»

Branche erwartet Kapazitätsengpässe

Gute Nachrichten habe die Branche nach der langen Durststrecke nötig, auch wenn den Reiseveranstaltern gemäss Walter Kunz klar ist, «dass auch in diesem Jahr noch nicht das Niveau von 2019 erreicht wird». Vor allem bei den Fernreisen dürfte es etwas länger dauern. Dennoch kann sich der Branchenexperte «vorstellen, dass es in diesem Jahr an gewissen Destinationen zu Kapazitätsengpässen kommen könnte». Kunz erwartet aus diesem Grund in den nächsten Wochen ein erhöhtes Buchungsaufkommen.

Hotelplan Suisse habe gleich nach der Ankündigung des Bundesrates, dass die Testpflicht bei Einreise in die Schweiz für vollständig geimpfte und genesene Personen aufgehoben wurde, eine starke Nachfrage nach Neubuchungen gespürt. «Seither verzeichnen wir ein deutliches Anziehen der Buchungen, des Traffics auf der Website und in unseren Reisebüros», bestätigt Bianca Gähweiler.

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