Ausstellung Ein Stück japanische Volkskunst am Luganersee

evpf, sda

9.2.2022 - 18:02

Japanischer Bettüberwurf aus dem frühen 20. Jahrhundert.
Japanischer Bettüberwurf aus dem frühen 20. Jahrhundert.
Keystone

Ein tänzelndes Pferd auf einem Teekrug, ein wilder Tiger auf einem Raumteiler: Die Schau «Japan. Arts and Life» im Museo delle Culture Lugano zeigt japanische Volkskunst aus der am Luganersee heimischen Sammlung Montgomery.

Keystone-SDA, evpf, sda

Wasser hat für den Inselstaat Japan eine grosse Bedeutung. Und Wasser zieht sich als Motiv quer durch die 170 ausgestellten Objekte. Einmal als ruhiger See, dem Lotusblumen entwachsen, ein anderes Mal als gekräuselte Wellenspitze, die einen übergrossen Fisch hochhebt.

Ein Höhepunkt der Ausstellung bilden vier grosse Banner aus dem späten 19. Jahrhundert. Auch hier spielt das Wasser eine zentrale Rolle: Auf dem ersten Banner sind die dunkelblauen Wellen noch sanft gewölbt, doch auf dem vierten schleudert die wütend-schäumende See wunderliche kleine Vögelchen durch die Luft. Über den Wellen prangen zwei Familienwappen.

Es sind auf den ersten Blick schlichte Objekte, die das Luganeser Museo delle Culture (MUSEC) in 13 kleinen Räumen präsentiert. Ein Zimmer beherbergt lauter in Erdtönen bemalte Sake-Flaschen. Auf einer viereckigen Flasche von 1830 sind drei Bäume in wenigen Strichen angedeutet: Kiefer, Bambus und Pflaumenbaum. Diese Bäume gelten in Japan als «die drei Freunde des Winters», wie der Katalogtext verrät. Die Flasche mit den drei Baummotiven wurde üblicherweise an Silvester verwendet.

Fehlender Kontext

Solche weiterführenden Erklärungen fehlen in der Ausstellung. Die Wände zieren Tafeln mit Statements des Sammlers oder Einordnungen seiner Sammlertätigkeit. Im in Papierform erhältlichen Begleittext sind kurze Anmerkungen enthalten, doch ohne weitere Einordnung in den Ausstellungsräumen dürften die ausgestellten Objekte Japan-Unkundigen ziemlich fremd bleiben.

Das Museo delle Culture habe sich bewusst entschieden, den Weg des Sammlers Jeffrey Montgomery als roten Faden der Ausstellung zu nehmen, erklärte Direktor Francesco Paolo Campione am Mittwoch vor den Medien. Montgomery sei ein Mensch, der sich in die «kleinen Dinge» verliebe. Erst durch ihn, den Sammler, könnten die Besucherinnen und Besucher Japan «ganz unmittelbar» erleben, hielt Campione fest. Ein Museum bewahre denn auch Erinnerungen, nicht Objekte, resümierte der Museumsdirektor, der die aktuelle Schau auch kuratiert hat.

Alle in der Ausstellung gezeigten Textilien, Keramik- und Holzgegenstände stammen aus der Zeit zwischen dem 12. und 20. Jahrhundert und werden der japanischen Volkskunst – der Mingei – zugeordnet. Unter «Mingei» versteht man im Land der aufgehenden Sonne eine spezielle Ästhetik der Alltagsgegenstände, die sich je nach Region in anderen Mustern, Motiven und Farben ausdrückt. Übersetzt bedeutet «Mingei» auch «Kunst der einfachen Leute».

Wahltessiner mit englischen Wurzeln

Die Sammlung des seit über 50 Jahren am Luganersee wohnhaften Jeffrey Montgomery umfasst dem Vernehmen nach mehrere Tausend Objekte. Mit dem Sammeln begonnen habe der 1937 Geborene bereits in jungen Jahren, wie er an der Medienkonferenz erzählte. Er sei viel gereist und habe dabei zusammengetragen, was ihm gefiel, ohne sich je zu fragen, wohin das führe.

Erst als 1990 einige seiner Objekte in einer Luganeser Galerie erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurden, sei ihm bewusst geworden, dass er Sammler sei. Seither fanden rund 40 Ausstellungen mit Objekten Montgomerys statt, darunter Schauen in New York und Genua. Doch die Ausstellung in seiner Heimatstadt liege ihm besonders am Herzen, sagte der Sohn einer Norwegerin und eines Engländers, der in Kalifornien zur Welt kam. «Lugano hat mich adoptiert. Deshalb ist es mir wichtig, hier auszustellen.»

Die Schau «Japan. Arts and Life» ist vom 10. Februar 2022 bis 8. Januar 2023 im Museo delle Culture in Lugano zu sehen.