Rote Liste der Bäume Hälfte der europäischen Baumarten ist bedroht

SDA/dpa/uri

27.9.2019

Bäume an der Ova dal Fuorn in Graubünden. (Archiv)
Bäume an der Ova dal Fuorn in Graubünden. (Archiv)
Bild: Keystone

Schädlinge, Verstädterung und vor allem neue Arten setzen den in Europa heimischen Bäumen massiv zu. Das ist das Ergebnis einer Studie der in Gland ansässigen Weltnaturschutzunion.

In den europäischen Städten und Wäldern sind mehr als die Hälfte der Baumarten bedroht. Ursache sind unter anderem Klimawandel und Krankheiten. Die Rosskastanie wird von anderer Seite gefährdet.

Mehr als die Hälfte der nur in Europa vorkommenden Baumarten ist nach einer Bestandsaufnahme der Weltnaturschutzunion (IUCN) gefährdet. Neben Schädlingen seien auch Krankheiten, gebietsfremde Arten, nicht nachhaltiger Holzschlag und das Wachstum der Städte Ursachen für die Bedrohung, berichtete die IUCN am Freitag.



Sie hat die Bestände von allen in Europa bekannten 454 Baumarten untersucht. 265 davon kommen auf keinem anderen Kontinent vor. Von diesen 265 seien 58 Prozent bedroht. 66 stünden bereits auf der höchsten Stufe der Gefährdung und damit vor dem Aussterben.

Die IUCN teilt gefährdete Arten in sechs Kategorien ein: von «potenziell gefährdet» über «gefährdet», «stark gefährdet», «vom Aussterben bedroht» und «in der Natur ausgestorben» bis «ausgestorben». Insgesamt listet sie weltweit mehr als 28'000 Tier- und Pflanzenarten als gefährdet.

Nationale Rote Liste in der Schweiz kurz

Schlecht sieht es beispielsweise für die wilden Gewöhnlichen Rosskastanien aus. Sie gelten seit 2017 als «gefährdet», Stufe zwei der IUCN-Skala. Grösste Bedrohung stelle neben einem Pilz die Balkan-Miniermotte dar. Sie breitet sich seit den 1980er Jahren von Südosteuropa über den ganzen Kontinent aus und hat kaum natürliche Feinde. IUCN schätzt die Zahl der wilden Rosskastanien (Aesculus hippocastanum) in Europa auf weniger als 10'000 Exemplare. Nicht berücksichtigt bei dieser Beurteilung sind die Bäume in Städten, Parks und Alleen.



In der Schweiz wurde die nationale Rote Liste zuletzt 2016 aktualisiert: Darin wurden nur zwei Baumarten als gefährdet qualifizier: die Flatterulme (Ulmus laevis) und der Speierling (Sorbus domestica). Laut Auskunft von info flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora, ist das der aktuelle Stand. Die nationale Rote Liste werde nur alle zehn Jahre nachgeführt.

Harte Zeiten für Weichtiere

Die IUCN-Wissenschaftler erstellten gleichzeitig mit der Baumliste neue europäische Rote Listen für Weichtiere, Sträucher und Moose. Mehr als ein Fünftel der Weichtiere und Moose und fast die Hälfte aller Straucharten seien bedroht, so die IUCN.



Das liege vor allem an der Zerstörung der Wildnis, an eingeschleppten Arten, Agrarpraktiken und dem Klimawandel. Weichtiere wie Schnecken spielten eine Schlüsselrolle beim Recyceln von Nährstoffen im Boden und seien eine wichtige Nahrungsquelle für Vögel und andere Tiere.

«Dieser Bericht zeigt, dass die Lage für viele übersehene und unterschätzte Arten prekär ist, Arten, die das Rückgrat des europäischen Ökosystems bilden und zu einem gesunden Planeten beitragen», sagte Luc Bas, IUCN-Direktor des Europa-Büros. «Wir müssen die Auswirkungen des Menschen auf unsere Ökosysteme begrenzen und den Schutz dieser Arten zur Priorität machen.»

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