Schiffsunglück Kapitän von Schweizer Kreuzfahrtschiff in Haft

SDA

30.5.2019 - 23:16

Nach dem Untergang des Ausflugsdampfers auf der Donau wird der Kapitän des Donau-Kreuzfahrtschiffes «Viking Sigyn» festgenommen. Gegen ihn läuft ein Strafverfahren wegen Gefährdung mit mehrfacher Todesfolge.

Verantwortlich für das Kreuzfahrtschiff «Viking Sigyn», das unter Schweizer Flagge fährt und in Ungarn auf der Donau den kleinen Ausflugsdampfer gerammt hat, ist als Kapitän ein 64-jähriger Ukrainer. Gegen ihn ist nach einer ersten Vernehmung Haftbefehl beantragt worden, erklärt die Polizei in Budapest. Er und weitere Besatzungsmitglieder sind bereits als Zeugen befragt worden. Die Polizei hat ein Strafverfahren wegen Gefährdung mit massenhafter Todesfolge eingeleitet. Wahrscheinlich haben mehr als zwei Dutzend Menschen ihr Leben verloren.

Wie die staatliche ungarische Nachrichtenagentur MTI unter Berufung auf die Polizei berichtet, hätten sich gegen den ukrainischen Kapitän «begründete Verdachtsmomente» ergeben. Worin dieser Verdacht konkret besteht, wurde zunächst nicht mitgeteilt.

Schiff sank in wenigen Sekunden

Bei dem Unglück waren am Mittwochabend zwei Schiffe kollidiert. Der Zusammenstoss ereignete sich um 21.05 Uhr. Unter der Margaretenbrücke war das kleine Ausflugsschiff «Hableany» vor das grössere Kreuzfahrtschiff «Viking Sigyn» gebogen, wodurch es zu der Kollision kam. Das kleinere Schiff kenterte und ging in wenigen Sekunden unter.

Kapitän von Schweizer Kreuzfahrtschiff in Haft

Auf der «Viking Sigyn» kam niemand zu Schaden. Das Schiff gehört den Viking River Cruises mit Sitz in Basel. Das kleinere Schiff kenterte infolge der Wucht des Zusammenstosses und ging in wenigen Sekunden in den Fluten der Donau unter.

Suche nach Vermissten läuft

Mindestens sieben Menschen kamen ums Leben. Bei den Opfern handelt es sich um südkoreanische Touristen. Sieben Menschen – alle Südkoreaner – konnten unmittelbar nach der Katastrophe aus dem Wasser gerettet werden. Sie wurden wegen Unterkühlung in Budapester Spitälern behandelt, erklärte ein Sprecher des Rettungsdienstes in der Nacht zum Donnerstag.

21 weitere Menschen werden noch vermisst, für sie gibt es kaum noch Hoffnung. Dennoch dauerte die Suche einen Tag nach einer der schlimmsten Schifffahrtskatastrophen in der neueren Geschichte Ungarns an. So suchten hochspezialisierte Taucher mit Unterstützung der Armee nach den 19 südkoreanischen Passagieren sowie zwei Ungarn, einem Kapitän und einem Matrosen.

Die Aussicht, sie lebend zu finden, wurde von den ungarischen Behörden als gering eingeschätzt. Der hohe Wasserstand, die starken Strömungen und die schlechten Sichtverhältnisse erschweren die Arbeit der Einsatzkräfte. Die Polizei berichtete, dass eine Leiche kilometerweit flussabwärts vom Unglücksort entfernt geborgen worden sei.

Koreaner hatten Sechs-Länder-Reise gebucht

Nach Berichten der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap befanden sich 30 Touristen, die eine Sechs-Länder-Reise nach Osteuropa gebucht hatten, auf der gesunkenen «Hableany» (Nixe). Dazu kämen noch drei Reisebegleiter sowie die zwei ungarischen Besatzungsmitglieder. Die meisten Reisenden seien 40 bis 50 Jahre alt gewesen. Auch ein sechsjähriges Kind sei an Bord gewesen.

Der erste Notruf war um 21.15 Uhr, zehn Minuten nach der Kollision, bei der Polizei eingegangen. Unmittelbar darauf begannen grosse Such- und Rettungseinsätze von Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst.

Grosse Scheinwerfer beleuchteten Teile der Oberfläche der Donau in Budapest. Die Suche nach den Vermissten wurde durch heftigen Regen und starke Strömungen erheblich erschwert, wie das Internet-Portal «Index.hu» berichtete. Die Wassertemperatur sank auf zehn Grad ab.

Krisenstab aus Südkorea

Südkoreas Präsident Moon Jae In ordnete an, einen Krisenstab einzusetzen und zusammen mit den ungarischen Behörden «alle verfügbaren Mittel» zur Rettung der Vermissten zu ergreifen. Das Aussenministerium kündigte an, eine «schnelle Einsatzgruppe» mit 18 Beamten und Rettungskräften an den Unglücksort nach Budapest zu schicken. Nach Informationen der ungarischen Nachrichtenagentur MTI wurde die südkoreanische Aussenministerin Kang Kyung Wha in Budapest erwartet.

Wie eine Sprecherin von Viking River Cruises mitteilte, kamen weder Passagiere noch Crew der «Viking Sigyn» zu Schaden. Das Unternehmen kooperiere mit den Behörden. Auch dem eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) lagen am Donnerstag keine Informationen über Schweizer Opfer vor, wie es auf Anfrage mitteilte. «Abklärungen durch die Schweizer Vertretung in Budapest dazu sind im Gang.»

Bitte um Entschuldigung

Der südkoreanische Reiseveranstalter Verygoodtour bat um Entschuldigung. Das Unternehmen werde alles tun, um den Opfern und deren Familien zu helfen, sagte der Leiter des Kundenservice, Lee Sang Moo, im südkoreanischen Fernsehen.

Das 27 Meter lange, für 60 Passagiere ausgelegte Unglücksschiff gehört dem Budapester Schifffahrtsunternehmen Panorama Deck. Ein Sprecher der Firma teilte am späten Mittwochabend mit: «Es werden alle Ressourcen mobilisiert, um Menschenleben zu retten.»

Die Donau fliesst mitten durch Budapest und trennt die beiden Stadthälften Buda und Pest voneinander. Ausflugsfahrten per Schiff sind auf dem Budapester Flussabschnitt bei Touristen sehr beliebt, weil sich dabei schöne und fotogene Ausblicke auf Sehenswürdigkeiten wie die Burg von Buda und das Parlamentsgebäude bieten.

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