Metropole probt VerkehrswendeParis wird grösstenteils zur 30er-Zone
SDA
29.8.2021 - 09:17
Paris drosselt das Höchsttempo für Autos: Wird die französische Hauptstadt so zum Vorbild für andere europäische Städte?
29.08.2021, 09:17
30.08.2021, 09:07
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Für Paris ist es ein weiterer Schritt hin zu einer Verkehrswende und einem Stadtleben, in dem das Auto nicht mehr überall dominiert. Grosse Teile der französischen Hauptstadt werden von diesem Montag an zur Tempo-30-Zone, die Stadtautobahn und wichtige Verkehrsachsen bleiben ausgenommen.
59 Prozent der Pariser hätten einer Geschwindigkeitsbegrenzung bei einer Umfrage zugestimmt, begründete die Stadtverwaltung den Schritt. 25 Prozent weniger Unfälle, zwei Mal weniger Lärm und mehr Raum insbesondere für Radfahrer lauten die Argumente für den Einschnitt. Auf 60 Prozent der Strassen gelte ohnehin schon Tempo 30, hiess es.
Das neue Tempolimit ist nur eine Massnahme von etlichen zur Eindämmung der Autolawinen in Paris, die einem Besucher gleich ins Auge springen. Auf vielen Strassen wird im Moment gebaut – und zwar nicht, um zusätzliche Fahrspuren für Autos, sondern für Radfahrer zu schaffen.
52 Kilometer Pop-Up-Radwege, die während der Corona-Pandemie mit Betonblöcken von den Autospuren abgetrennt wurden, sogenannte «Coronapistes», werden im Moment in dauerhafte Radfahrstreifen umgewandelt. Seit dem Lockdown legten die Pariser sieben Prozent ihrer Wege per Rad zurück, vor der Pandemie waren es fünf, sagte die Stadt.
1000 Kilometer Radwege versprochen
In anderen Strassen müssen die Autos komplett den Fussgängern weichen, öffentliche Begegnungsflächen und Fahrradstellplätze werden geschaffen und Bäume und Gartenflächen gepflanzt. All dies fügt sich in einen 2018 vorgelegten Plan, der der Metropole ein Durchatmen mit mehr Stadtgrün, 1000 Kilometern Radwegen und neuen Strassenbahnlinien versprach.
Der Motor hinter vielem ist Oberbürgermeisterin Anne Hildago, die Autos und Luftverschmutzung den Kampf angesagt hat. Bei schlechter Luft wird der Verkehr eingeschränkt, Schadstoff-Plaketten für Autos sind Pflicht. Einige Strassen sind für den Verkehr gesperrt – zum Beispiel das rechte Seine-Ufer – stattdessen ist dort eine Flaniermeile entstanden.
Kaufleute und Anwohner gehen auf die Barrikaden
Ohne Kritik bleibt das Tempolimit in Paris aber nicht: Bei der Umfrage nämlich wurden auch Bewohner des Grossraums Paris befragt, die nicht alle gleich per Metro an ihr Ziel gelangen können. 61 Prozent von ihnen sprachen sich gegen die Massnahme aus. Und der Interessensverband der Autofahrer «40 millions d'automobilistes» zweifelt den Zweck der Massnahme an.
Innerhalb von Paris gebe es ohnehin wenig Unfälle, und wenn, dann seien meist Radfahrer betroffen, sagte der Verbandsdelegierte Pierre Chasseray der Zeitung «Le Figaro». Und der Verkehrslärm werde von den Autoreifen und nicht den Motoren verursacht, weniger Tempo helfe da kaum.
Widerstand droht auch bei weiteren schon angekündigten Massnahmen in Paris. So sollen ab Anfang kommenden Jahres erstmals auch Motorräder und die in der Metropole beliebten Motorroller Parkgebühren zahlen, E-Motorräder aber ausgenommen. Und Pläne, im Herzen von Paris viele Strassen in Fussgängerzonen zu verwandeln, bringen Kaufleute und Anwohner auf die Palme. Die Pläne seien nun wohl bis 2023 aufgeschoben, schrieb die Zeitung «Le Parisien» kürzlich.
Ist Paris Vorbild für andere Städte?
Hunderte neue Tempo-30-Schilder mussten in Paris übrigens nicht für die neue Geschwindigkeitsbegrenzung an jede Strassenecke geschraubt werden. An den Einfallstrassen in die Stadt wird einmalig auf die neue grossflächig geltende Regelung hingewiesen, das sei ausreichend, befand 2019 der damalige Innenminister. Pionier mit dem stadtweiten Tempolimit ist Paris in Frankreich nicht: Die Grossstädte Lille und Grenoble senkten vorher bereits das Tempo. Paris könnte damit auch Vorbild für andere Städte sein.
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