Coup auf AuktionBanksys Schredder-Aktion sorgt für Spekulationen
uri/dpa
8.10.2018
Kaum war der Hammer des Auktionators gefallen, zerstörte sich das Millionenkunstwerk des Graffiti-Künstler Banksy von selbst. Die Kunstwelt rätselt jetzt, wer hier die Finger im Spiel hatte.
Das gab es auf einer Kunstauktion noch nie: Am Freitag zerstörte sich das Bild «Girl with a Balloon» des Street-Art-Künstlers Banksy kurz nach seiner Versteigerung beim Auktionshaus Sotheby‘s in London selbst. Kaum war das Werk für umgerechnet knapp 1,4 Millionen Franken verkauft worden, lief es vor staunenden Betrachtern durch einen Schredder, der im Rahmen verborgen war. Übrig blieb nur der obere Teil des Bilds, der Rest hing in Streifen herunter.
«Going, going, gone»
Banksy, dessen wahre Identität unbekannt ist, teilte zuerst ein Foto dieser Szene per Foto-Plattform Instagram und versah es mit dem Kommentar «going, going, gone» – «zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten». Ein Wortspiel, denn wörtlich bedeutet «gone» eigentlich «gegangen» oder einfach «fort».
Später postete der Künstler ein Video, auf dem zu sehen ist, wie eine vermummte Person Teile eines Schredders in einen Bilderrahmen setzt. «Vor ein paar Jahren baute ich heimlich einen Schredder in ein Gemälde», heisst es in einem eingeblendeten Text. «Falls es jemals versteigert werden sollte», ergänzt ein zweiter.
Mann mit Hut im Fokus
Das Auktionshaus Sotheby’s bezeichnete den Vorfall als «unerwartet». Doch es gibt Zweifel an dieser Darstellung. Kann das wirklich alles ohne das Zutun der Sotheby's-Mitarbeiter geschehen sein? War es reiner Zufall, dass das Bild als letztes Los verkauft wurde und einen sehr ähnlichen Preis erzielte wie der bisherige Rekord eines Banksy-Werks im Jahr 2008? Das Fachblatt «The Art Newspaper» hält es nicht für ausgeschlossen, dass Sotheby's-Mitarbeiter ihre Finger im Spiel hatten.
Und auch eine weitere Frage beschäftigte am Wochenende die Medien. War Banksy möglicherweise selbst vor Ort und drückte den Auslöser? Unter den Gästen der Auktion machten angeblich Gerüchte über einen mysteriösen Mann mit Sonnenbrille und Hut die Runde, der kurz nach dem Vorfall in eine Rangelei mit Sicherheitskräften verwickelt gewesen sein soll.
Das Bild „Mädchen mit Luftballon“ des Künstlers #Banksy wird gerade versteigert – an einen unbekannten Bieter. Da passiert es. Ein Schredder zerstört das Kunstwerk zum Teil. Die Kollegen aus dem Studio London waren zufällig vor Ort – und haben einen potentiellen Täter gefilmt: pic.twitter.com/OJpBxeP7jb
Auch ein Video des deutschen TV-Senders ZDF zeigt einen Mann mit Mütze und Brille, der scheinbar genau in dem Moment, in dem sich das Bild zu zerstören beginnt, an einer Art Fernbedienung hantiert. Andere Videos von Besuchern zeigen einen anderen Mann, der offenbar genau jenen Ausschnitt zu filmen scheint, der später im Banksy-Video viral geht.
Über die Identität des umtriebigen Banksy wird seit Jahren spekuliert. Es ist deshalb eher unwahrscheinlich, dass er ausgerechnet selbst zur Auktion ging, wo die Wahrscheinlichkeit gefilmt zu werden sehr hoch war. Vor allem zwei Namen werden jedoch häufig genannt, wenn die Frage nach der wahren Identität hinter dem Gesamtkunswerk Banksy gestellt wird: Robin Gunningham und Robert del Naja.
Banksy mag «Massive Attack»
Der 53-jährige Del Naja ist Mitglied der Trip-Hop-Gruppe «Massive Attack» und unter seinem Pseudonym 3D selbst erfolgreicher Graffiti-Künstler. Erstaunlich oft erscheinen Banksy-Werke an Mauern in Städten, in denen «Massive Attack» gerade auf Tour sind. Genährt wird der Verdacht der Verbindung durch eine unbedachte Aussage des britischen Musikerkollegen Goldie. Der erklärte vor gut einem Jahr in einem Interview zur Graffiti-Kultur, man müsse nur Banksy drunter schreiben und schon würden sich die Sachen verkaufen. In diesem Zusammenhang erklärte er auch: «Ich möchte Rob gegenüber nicht respektlos sein ... Er hat die Kunstwelt auf den Kopf gestellt.»
Tatsächlich könnte Goldie aber auch den zweiten heissen Aspirant gemeint haben, bei dem es sich um Banksy handeln soll: Der 45-jährige Graffiti-Künstler Robin Gunningham stammt wie Banksy aus Bristol und hat angeblich schon vor dem Auftauchen des Kunst-Phantoms einen ähnlichen Stil gepflegt. Ausserdem soll er sich auch häufig genau dort aufgehalten haben, wo anschliessend Banksy-Werke auftauchten.
Banksy ist bekannt für seine gesellschaftskritischen Werke. Im Jahr 2015 machte er Furore mit einer Installation mit dem Titel «Dismaland», einem gruseligen Anti-Freizeitpark an der englischen Küste. Vergangenes Jahr eröffnete er in Betlehem ein Hotel, das mit der «schlechtesten Aussicht der Welt» wirbt – dem Blick auf die Trennmauer zwischen Israel und dem Westjordanland. Ein Werk Banksys zeigt Menschen bei einer Kunstauktion, versteigert werden die gerahmten Worte: «Ich kann nicht glauben, dass ihr Idioten diesen Mist tatsächlich kauft.» Auch dieses Werk kam bei Sotheby's unter den Hammer.
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