Aktive Sterbehilfe ist nach einem höchstrichterlichen Urteil in den Niederlanden auch bei schwer demenzkranken Patienten zulässig. Eine schriftliche Patientenfügung werde auch dann anerkannt, wenn der Patient nicht mehr ansprechbar sei.
So urteilte der Hohe Rat am Dienstag in Den Haag. Das Urteil wird als wegweisend für die weitere Legalisierung der Sterbehilfe in den Niederlanden gewertet.
Anlass zu diesem Urteil war ein heftig umstrittener Fall. Es war der erste Strafprozess gegen eine Ärztin seit Legalisierung der Sterbehilfe 2002. Die Staatsanwaltschaft hatte den Hohen Rat um ein Grundsatzurteil gebeten.
Die Ärztin hatte 2016 in einem Pflegeheim bei einer schwer demenzkranken Frau aktive Sterbehilfe geleistet. Die 74-Jährige hatte zwar schriftlich erklärt, dass sie im Fall unerträglichen Leidens aufgrund der Demenz sterben wollte. Doch zum Zeitpunkt der Sterbehilfe war sie nicht mehr ansprechbar und hatte auch Signale gegeben, dass sie leben wollte. Die Ärztin war aber vom Vorwurf des Mordes freigesprochen worden. Das Urteil bestätigte nun der Hohe Rat.
Aussichtsloses unerträgliches Leiden
Die Richter betonten, dass Ärzte sehr sorgfältig nach dem Gesetz handeln müssten. Der Tod auf Verlangen ist in den Niederlanden nur dann zulässig, wenn ein Patient aussichtslos krank ist, unerträglich leidet und mehrfach darum gebeten hat.
Dabei gehe es nicht nur um körperliches Leiden, betonen die Richter. Es könne Signale geben, «dass der Patient so sehr an seiner fortgeschrittenen Demenz leidet, dass sein Leiden als unerträglich bezeichnet werden kann». 2019 gab es 6361 Fälle von aktiver Sterbehilfe in den Niederlanden, darunter waren zwei Patienten mit schwerer Demenz.
In Deutschland hatte erst kürzlich das Bundesverfassungsgericht durch ein wegweisendes Urteil eine Neuregelung der Sterbehilfe möglich gemacht. Die Karlsruher Richter hatten das Recht des Einzelnen auf ein selbstbestimmte Sterben festgestellt. Das schliesse die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen, hiess es in dem Urteil vom Februar.
Allerdings bleibt anders als in den Niederlanden aktive Sterbehilfe – also Tötung auf Verlangen, etwa durch eine Spritze – verboten. Bei der assistierten Sterbehilfe wird das tödliche Medikament nur zur Verfügung gestellt, der Patient nimmt es selbst ein.
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