Virus vertreibt GästeDie Kantinen suchen Auswege aus der Homeoffice-Misere
Von Tobias Bühlmann
20.10.2020
Bisher haben Kantinen viele Schweizerinnen und Schweiz sattgemacht. Doch wer statt im Büro zu Hause arbeitet, isst auch woanders. Personalrestaurants setzen darum auf neue Ideen, wie sie die Leute verpflegen können.
Die Kantine ist derzeit der letzte Ort, an dem viele sein wollen: Dazu muss man zum Arbeitsort pendeln und sich mittags mit vielen Leuten in einen oft engen Raum setzen, an dem alle ihre Masken absetzen. Die Covid-19-Pandemie und die Massnahmen dagegen dürften darum wenigen Wirtschaftszweigen stärker zusetzen als den Kantinenbetreibern: Ihre Kundinnen und Kunden bleiben ihrem Arbeitsort oft gleich ganz fern, zugleich erhöhen die Schutzkonzepte den Aufwand.
Die grössten Kantinenbetreiber des Landes bestätigen auf Nachfrage, dass sie unter grossem Druck stehen. Detailliert Auskunft geben wollen «blue News» allerdings nur die ZFV-Unternehmungen: «Während des Lockdowns war der Betrieb von rund zwei Drittel der Betriebe vorübergehend eingestellt. Inzwischen ist ein Grossteil der Betriebe wieder geöffnet, die Frequenzrückgänge sind aber deutlich spürbar», sagt Mediensprecherin Katrin Dorfschmid. Das Unternehmen hat weit über 2'000 Angestellte und führt rund 200 Betriebe, darunter neben Kantinen und Mensen auch Hotels und Bäckereien, zudem bietet es Event-Caterings an.
Die SV Group gibt schriftlich die Auskunft, dass sie von der Situation «stark betroffen» sei und die Umsätze zurückgegangen seien – in welchem Mass, will das Unternehmen für sich behalten. Ähnlich klingt es bei der Compass Group, ebenfalls eine der grossen Kantinenbetreiberinnen des Landes: Die Homeoffice-Empfehlung des Bundes habe Auswirkungen auf den Betrieb und «fordert der neuen Situation angepasste Konzepte», teilt die Medienstelle schriftlich mit. Zahlen gebe man aber grundsätzlich keine bekannt.
Kantinen verlieren ihren Reiz
Auch jene Menschen, die weiterhin im Büro arbeiten, kämen nicht mehr so oft in die Kantine, sagt ZFV-Sprecherin Dorfschmid. Zwar habe man in allen Betrieben Schutzkonzepte aufgestellt, aber letztlich sei das auch eine psychologische Sache.
Die ZFV-Unternehmungen haben darum Take-away-Angebote ausgebaut. Trotzdem erwartet das Unternehmen für das laufende Jahr einen Umsatzrückgang von rund 40 % gegenüber dem Vorjahr. Auch die SV Group setzt in der aktuellen Zeit auf bereits bestehende Lieferangebote oder Kühlschränke, aus denen sich Angestellte von Betrieben ohne eigene Kantine selbst mit Mahlzeiten bedienen können. «Es gilt, auf allen Ebenen flexibel zu bleiben und sich auf die dynamisch veränderte Situation einzustellen», schreibt die Medienstelle an «blue News».
Weniger Gäste erfordern weniger Personal
Der Umsatzrückgang macht Massnahmen beim Personalbestand unausweichlich, da der Trend zum Homeoffice noch lange andauern dürfte. Zu dem Thema will allerdings nur ZFV Stellung beziehen: «Wir sind gezwungen, uns auch den langfristigen Konsequenzen der Pandemie und ihren Folgen anzupassen. Leider ist auch ein Personalabbau unumgänglich», so Katrin Dorfschmid. Man bemühe sich, auch in der schwierigen Situation ein verantwortungsvoller Arbeitgeber zu sein und das eigene Personal möglichst offen zu informieren.
Die ebenfalls angefragte Eldora AG, die laut ihrer Website täglich 30'000 Gäste empfängt, hat auf eine entsprechende Anfrage gar nicht reagiert. Es ist anzunehmen, dass die aktuelle Pandemie-Situation auch dieses Unternehmen stark trifft.
Alle Kantinen-Betreiber werden die Auswirkungen der Pandemie sicherlich noch lange spüren. Denn zum einen ist fraglich, wie lange die Homeoffice-Empfehlung noch gelten wird – und zum anderen dürften viele fortan ohnehin öfter von zu Hause aus arbeiten und darum auch nach einer Normalisierung der Lage seltener eine Kantine besuchen.
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