Totes Meer Qumran-Schriftrollen geben Material-Geheimnis preis

uri

9.9.2019

Fragment einer Qumranschrift. (Archiv)
Fragment einer Qumranschrift. (Archiv)
Bild: Getty Images

Die berühmten Qumran-Rollen vom Toten Meer stecken auch rund 70 Jahre nach ihrer Entdeckung voller Rätsel. Forscher fanden nun Hinweise auf eine ungewöhnliche Behandlungsmethode bei der sogenannten Tempelrolle.

Die Qumran-Schriftrollen vom Toten Meer sind nicht nur hinsichtlich der hier aufgeschriebenen Texte von immenser Bedeutung für die Wissenschaft. Auch die zur Herstellung der wertvollen Pergamente angewendeten Techniken sind bisher noch nicht komplett erforscht, wie Wissenschaftler um Admir Masic vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in der Fachzeitschrift «ScienceAdvances» darlegen.

Die auch als Schriftrollen vom Toten Meer bezeichneten Handschriften gehören zu den wichtigsten archäologischen Funden des 20. Jahrhunderts: Zwischen 1947 und 1956 wurden bei der Ruinenstätte Khribet Qumram im Westjordanland in elf Felshöhlen rund 15'000 Fragmente von etwa 850 Schriftrollen aus der Zeit des antiken Judentums in Tonkrügen gefunden.

Bibelmuseum erwarb Fälschungen

Die versteckten Schriften der jüdischen Religionsgemeinschaft der Essener beinhalten einige der ältesten bekannten Bibeltexte in hebräischer, aramäischer und griechischer Sprache sowie die älteste Abschrift der Zehn Gebote. Die ältesten Dokumente unter den Rollen werden auf das dritte Jahrhundert vor Christus datiert, das jüngste auf das erste Jahrhundert nach Christus.

Erst im letzten Jahr erklärten Wissenschaftler, dass sie eine der beiden letzten ungelesenen Schriftrollen zusammensetzen und entziffern konnten. Wenig später wurde berichtet, dass man auf einem Fragment aus dem Bestand neue Schriftzeichen sichtbar machen konnte. Und im Oktober 2018 wurde nach einer Experten-Untersuchung schliesslich bekannt, dass das Bibelmuseum in Washington wohl keine echten Fragmente aus Qumran in den Vitrinen hatte, sondern nur sündhaft teure Fälschungen. 

Beschichtung mit Salzen

Eine der bedeutendsten gefundenen Schriftrollen ist die rund acht Meter lange sogenannte Tempelrolle, die heute im Schrein des Buches im Israel Museum in Jerusalem liegt. Ihr Pergament ist mit gerade einmal einem zehntel Millimeter Dicke auch das dünnste und hellste bei allen gefundenen Rollen. Für ihre Herstellung wurden laut Admir Masic vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) schätzungsweise die Häute von zehn bis 15 Schafen benötigt.

Nachdem das Pergament der Tempelrolle auf herkömmliche Art von Haaren und Fettrückständen befreit worden und anschliessend zum Trocknen und Dehnen in Rahmen gespannt worden war, wurde es nach den neuesten Erkenntnissen mit speziellen Salzen eingerieben. Auf der Oberfläche des Pergaments entdeckten die Forscher die Rückstände von Schwefel, Natrium und Calcium. Die Elemente kämen in der gefundenen Zusammensetzung nicht im Wasser des Toten Meers vor und wurden so bisher auch auf keiner der anderen Rollen entdeckt.

Die Wissenschaftler sehen in der speziellen Behandlung einen Indikator dafür, dass im Nahen Osten in der damaligen Zeit offenbar mehrere verschiedene Techniken zur Pergamentherstellung bekannt und gebräuchlich waren. Auch sei die Technik ursächlich dafür, dass die Tempelrolle die ihre eigene helle Elfenbeinfarbe hat und auch so gut erhalten ist.

Luftfeuchtigkeit als grosses Problem

Die Forscher um Masic geben aber auch zu bedenken, dass die neue Erkenntnis bei der Beurteilung von möglichen Fälschungen Eingang finden müsse. Vor allem aber auch habe man noch vorsichtiger bei der Lagerung der unschätzbar wertvollen Rollen zu sein. Schliesslich könnten bereits geringste Veränderungen bei der Luftfeuchtigkeit die mineralische Beschichtung der Pergamente schwer beschädigen.

Immerhin ist auch der grösste Teil der Schäden an den Schriftrollen nicht auf die Jahrtausende lange Lagerung in den Felshöhlen zurückzuführen – sondern erst auf unsachgemässe Bergung und Lagerung durch ihre Entdecker, Antiquitätenhändler und Wissenschaftler.

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