Der Kanton Luzern und die Gemeinden sollen Aufgaben in der Höhe von 200 Millionen Franken tauschen. Weil ein Teil der Gemeinden über Massen belastet wird, rechnet der Regierungsrat die positiven Folgen von Steuergesetzrevisionen ein, obwohl diese noch nicht unter Dach sind, und installiert einen Härteausgleich.
Der Regierungsrat hat am Mittwoch die Aufgaben- und Finanzreform 2018 vorgestellt. Dieses Massnahmenpaket erfülle sowohl die Forderungen des Kantons als auch der Gemeinden, sagte Finanzdirektor Marcel Schwerzmann.
Der Verband Luzerner Gemeinden (VLG) reagierte positiv auf die Vorlage. Über die Gesamtheit der Gemeinden würden die zentralen Forderungen erfüllt, sagte Rolf Born, Präsident des VLG, an einer Medienkonferenz. Bei den Unsicherheiten, den noch nicht beschlossenen Steuerreformen, handle es sich um eine verträgliche Grössenordnung.
Ganz anders lautet die Beurteilung der Stadt Luzern. Diese ist nicht Mitglied des Gemeindeverbandes, der die Reform massgeblich mitgestalten konnte. Inhaltlich führt die Stadt an, dass die Aufgaben- und Finanzreform des Kantons die finanzstarken Gemeinden als kantonalen Wirtschaftsmotor gefährde. Sie kritisiert auch, dass die Vorlage überladen sei und auf unsicheren Annahmen beruhe.
Forsches Tempo kritisiert
Auch die Parteien reagierten eher zurückhaltend bis ablehnend. Kritisiert wurde etwa das forsche Tempo, das der Regierungsrat anschlägt. Die Stimmberechtigten sollen schon im Mai 2019 über die Vorlage entscheiden. Auch die Parteien weisen auf Unsicherheiten hin, auf denen die Vorlage beruhe.
Die Ausarbeitung des Reformwerks dauerte mehr als drei Jahre. Die zusätzlichen Ausgaben, die der Kanton übernehmen soll, stammen vor allem aus den Aufgabengebieten Wasserbau und Volksschulbildung. Beides seien Pendenzen aus der Finanzreform 08, sagte Schwerzmann. Die zwei grossen Brocken seien damals bewusst zurückgestellt worden.
Vorgesehen ist, dass neu der Kanton allein für den baulichen und betrieblichen Unterhalt von Hochwasserschutzmassnahmen zuständig ist. Neu beteiligt sich der Kanton an den Gemeindeschulen zu 50 Prozent und nicht mehr nur zu 25 Prozent. Für den VLG ist der neue Kostenteiler Volksschule ein historischer Durchbruch. Die Stadt Luzern lehnt ihn dagegen ab, weil diese 160 Millionen Franken schwere Massnahme das Gesamtpaket überlade.
Gemeinden müssen Aufgaben übernehmen
Im Gegenzug sollen die Gemeinden vom Kanton Aufgaben übernehmen. Es geht dabei etwa um die Ergänzungsleistungen oder die Verbilligung der Krankenkassenprämien für Sozialhilfebezüger. Hier wurde verschiedentlich kritisiert, dass die Gemeinden Aufgaben erhalten sollen, die ein starkes Ausgabenwachstum haben könnten.
Umstritten ist der geplante Steuerfussabtausch. Per Gesetz soll festgeschrieben werden, dass der Kanton für 2020 den Steuerfuss von 2019 um einen Zehntel einer Einheit erhöht, und alle Gemeinden ihren Steuerfuss senken. Ab 2021 ist der Steuerfuss wieder frei.
Reichere Gemeinden wie die Stadt Luzern haben schon im Vorfeld deutlich gemacht, dass sie den Steuerfussabtausch als unverhältnismässige Beschränkung der Gemeindeautonomie ablehnen. Für den für die Gemeinden zuständigen Regierungsrat Paul Winiker wird dieser Eingriff aber dadurch legitimiert, dass die Aufgaben- und Finanzreform den kantonalen Stimmberechtigten vorgelegt wird.
Unterschiedliche Betroffenheit
Die Aufgabenverschiebungen wirken sich auf die einzelnen Gemeinden unterschiedlich aus. Gemeinden mit wenig Schülern, ohne anstehende Wasserbauprojekte und hohen Einnahmen aus Sondersteuern werden stark belastet.
Als Korrektur rechnet der Regierungsrat deswegen die Hälfte der erwarteten Einnahmen aus der Steuervorlage 17 des Bundes in die Aufgaben- und Finanzreform mit ein. Damit resultiert für den Kanton eine Entlastung von 29 Millionen Franken und für die Gemeinden von 3 Millionen Franken.
Im Durchschnitt werden die Gemeinden pro Einwohner mit 7 Franken entlastet. Die Spannweite ist allerdings gross: In Meggen beträgt der Mehraufwand pro Kopf 510 Franken, in Altwis der Mehrertrag pro Einwohner 406 Franken.
Um diese Spannweite zu minimieren, rechnet der Regierungsrat auch die zweite Hälfte der Steuervorlage 17 sowie die Einnahmen aus der kantonalen Steuergesetzrevision 2020 mit ein. Diese begünstigt just jene Gemeinden finanziell, die durch die Aufgaben- und Finanzreform stark betroffen sind. Im Falle von Meggen sinkt die Belastung pro Kopf so auf 277 Franken.
Meggen, aber auch Greppen, Weggis, Schenkon und Eich müssten aber dennoch eine Mehrbelastung von über 60 Franken pro Kopf tragen. Dieser Betrag war vom Gemeindeverband als Maximum definiert worden. Damit dieses eingehalten werden kann, sollen die übermässig belasteten Gemeinden während sechs Jahren durch einen Härteausgleich entlastet werden.
Das Parlament soll im Dezember über die Aufgaben- und Finanzreform 2018 befinden. Diese unterliegt dem obligatorischen Referendum. Abgestimmt werden soll im Mai 2019, wenn auch über die Steuervorlage 17 des Bundes befunden wird. Die Steuergesetzrevision 2020 soll im Juni 2019 vom Luzerner Kantonsrat zu Ende beraten werden.
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