Eine Mutter und ihre Tochter aus Tschetschenien, die in Luzern Kirchenasyl genossen, sind am Dienstag nach Belgien ausgeschafft worden. Gegen die erneute Rückführung hatte die Katholische Kirche Stadt Luzern am Vorabend eine Mahnwache gehalten.
Die Stadtluzerner Pfarrei St. Leodegar gewährte der 53-Jährigen und ihrer elfjährigen Tochter aus Tschetschenien Kirchenasyl, um eine Überstellung nach Belgien im Rahmen des Dublinverfahrens zu verhindern. Am Montag seien die beiden aber von der Luzerner Polizei aufgegriffen worden. Die Katholische Kirche forderte den Stopp der Ausschaffung, wie sie anlässlich der Mahnwache vor dem Polizeigebäude mitteilte.
Die beiden Betroffenen seien am Dienstag in Richtung Belgien abgeflogen, teilte das Staatssekretariat für Migration (Sem) auf Anfrage mit. Die Abreise sei ohne Zwischenfälle verlaufen. Rückmeldung über die Ankunft habe man noch nicht.
Die beiden Frauen wüssten aber, dass sie in Belgien um Asyl nachsuchen können und die belgischen Behörden sie in diesem Fall in die Asylstrukturen aufnehmen werden, teilte das Sem mit. Wenn jemand allerdings kein Asylgesuch stelle, sei dies nicht gewährleistet.
Seit neun Jahren auf der Flucht
Gemäss Darstellung der Kirchgemeinde flohen die beiden 2010 aus Tschetschenien vor Gewalt und Misshandlung in der Familie und der Verflechtung des Ehemannes in mafiaähnliche Strukturen. Die Frau habe sowohl einen christlichen als auch einen Muslimischen Elternteil. Über andere russische Teilrepubliken landeten Tochter und Mutter erst in Belgien, wo sie ein Asylgesuch stellten.
Dort seien sie von einem Landsmann erkannt worden, untergetaucht und in die Schweiz geflohen. Ein Asylgesuch wurde abgelehnt, wonach sie 2013 nach Deutschland reisten und dort vier Jahre geduldet waren, bevor sie aus Angst vor Landsleuten abermals in die Schweiz kamen.
2018 reisten sie freiwillig nach Belgien aus, nachdem einem erneuten Asylgesuch gemäss Vorschriften aus der Dublinverordnung nicht entsprochen wurde. Weil auch dort ihr Gesuch abgelehnt worden war, kamen sie zurück in die Schweiz nach Luzern, wo sie Kirchenasyl erhielten und das Mädchen die Heilpädagogische Schule besuchte.
Mit Kirchenasyl soll Zeit gewonnen werden, um allfällige Widersprüche aufzuklären oder neue Tatsachen aufzuarbeiten. Die Katholische Kirche Stadt Luzern vertritt die Meinung, dass mit dem Kirchenasyl die Dublin-Überstellungsfrist abgelaufen sei und das im Dezember eingereichte Asylgesuch von der Schweiz geprüft werden müsse. Im Blick auf die Situation der Tochter werde man beim UNO-Ausschuss für Kinderrechte eine Individualbeschwerde einreichen.
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