Theater«Hexen sind aktuell» – Simona Specker über ihre Rolle «Anna Göldi»
SDA
31.8.2020 - 15:08
Durch ihre Hauptrolle im Kinofilm «Das Deckelbad» (2015) ist Schauspielerin Simona Specker (37) einem breiten Publikum bekannt geworden. Ab Freitag spielt die Rheintalerin auf der Freilichtbühne Rüthi als «Anna Göldi» eine weitere starke Frau.
Anna Göldi, die aus dem Nachbardorf Sennwald stammte, wurde 1782 in Glarus als eine der letzten Hexen in Europa hingerichtet. Simona Specker findet die Geschichte aktuell – auch wenn heute kaum noch jemand von «Hexen» spricht.
«Sobald jemand anders ist und auffällt», könne er Opfer von Intoleranz, Neid, Ausgrenzung und Mobbing werden, etwa am Arbeitsplatz oder in der Schule. Betroffen seien manchmal ganze Bevölkerungsgruppen, wegen ihrer Herkunft oder Religion. Auch im Internet würden Menschen an den Pranger gestellt und ausgegrenzt.
Specker sieht Anna Göldi als eine Frau, die «in einen vergifteten Strudel von Ereignissen und Menschen hineingeraten ist». Schon in jungen Jahren wurde ihr nach einer Totgeburt vorgeworfen, ihr uneheliches Kind getötet zu haben. Später soll sie als Magd der wohlhabenden und mächtigen Familie Tschudi in Glarus deren Kinder verhext haben.
Simona Specker, die für die Proben zu «Anna Göldi» mit dem Zug zwischen Zürich und Rüthi SG pendelt, findet die Rolle faszinierend. Sie habe aber auch Respekt davor, einem realen Menschen von damals auf der Bühne gerecht werden zu müssen. Sie wolle Anna Göldi nicht einfach als Opfer darstellen.
Anna Göldi habe sich als einfache Magd gerne gut gekleidet. Dadurch sei sie oft aufgefallen, weil sie äusserlich «immer etwas besser aussah als andere Mägde oder Leute aus ihrem Stand». Zur Vorbereitung auf ihre Rolle las Specker viel und recherchierte über Hexenprozesse, um den damaligen Zeitgeist zu verstehen.
Rheintaler Dialekt
Die Freilichtbühne Rüthi spielt «Anna Göldi» konsequent im kernigen Rheintaler Dialekt, in dem auch ab und zu deftig geflucht wird. Specker sieht darin eine Stärke. Die mehrheitlich von Laien gespielten Figuren wirkten auf diese Weise natürlich und authentisch. Das Zusammenspiel zwischen Laien und Theaterprofis funktioniere «erstaunlich gut».
Zu den Besonderheiten des Stücks gehören die Auftritte von Reitern und Pferdefuhrwerken auf dem ansteigenden Bühnengelände am Fuss des «Hirschensprungs». Auch Spezialeffekte und Überraschungen dürfen nicht fehlen. Das Publikum sitzt in einer gedeckten Tribüne auf einer Wiese.
In Zukunft wird Simona Specker die Freilichtbühne Rüthi künstlerisch leiten und in die Fussstapfen von Kuno Bont (68) treten. «Ich freue sich wahnsinnig darauf», sagt sie über die neue Herausforderung. Ideen für 2023 seien schon da. Wie ihr Vorgänger wird Simona Specker das neue Stück selber schreiben, massgeschneidert für das Freilichttheater Rüthi.
Theater-Nachwuchs
Wichtig ist ihr auch die Arbeit mit jungen Theaterbegeisterten. Als die Freilichtbühne Rüthi vor ein paar Jahren zu überaltern drohte, gründete der Verein eine Nachwuchs-Company. Dort würden bewusst moderne Stücke gespielt. «Gerne mit viel Tempo», lacht Specker, welche dieses Projekt betreut. Die Jungen seien gut integriert.
Die Produktionen der Freilichtbühne Rüthi SG sind weit über die Region hinaus bekannt. Alle drei Jahre wird ein neues Stück inszeniert. In «Anna Göldi» stehen rund 100 Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne. Vom Starkregen in der Ostschweiz blieb das Theater zum Glück verschont. Nur eine Probe musste am vergangenen Freitag abgebrochen werden.
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