UntersuchungFührungsversagen und strukturelle Fehler in Dübendorfer Sozialhilfe
olgr, sda
24.1.2022 - 19:00
Die externe Untersuchung zur Dübendorfer Sozialhilfe kommt zu einem klaren Verdikt: Sie ortet «erhebliches Führungsversagen» und zählt «systematische Verfehlungen» auf. Die Behörde solle nun professionalisiert werden.
Keystone-SDA, olgr, sda
24.01.2022, 19:00
24.01.2022, 19:34
SDA
Die eingesetzte Spezialkommission hat die Ergebnisse der Administrativuntersuchung am Montagabend im Stadtparlament vorgestellt. Nach aufgekommener Kritik habe sie zwar mit gewissen Missständen gerechnet, doch über das Ausmass und die Tragweite der Mängel sei sie betroffen, hält sie in einer Mitteilung fest.
Ab 2016 wurde wiederholt berichtet, dass im Dübendorfer Sozialbereich Klienten ausländischer Herkunft absichtlich und systematisch unkorrekt behandelt würden. Sozialhilfebezüger seien exzessiv überwacht worden, eine Burka-Trägerin als «Pinguin» bezeichnet worden, hiess es in Berichten des «Tages-Anzeigers».
In seiner Administrativuntersuchung hält Rechtsprofessor Thomas Poledna nun fest, dass ihm ein zuweilen schroffer, wenig freundlicher und kaum empathischer Umgang aufgefallen sei.
Rechtliche Vorgaben verletzt
Die Kritik fällt im 155 Seiten umfassenden Untersuchungsbericht breit aus: «Nebst strukturellen Mängeln haben diverse Sicherungs- und Kontrollmechanismen nicht gegriffen und es kam zu erheblichem Führungsversagen auf verschiedenen Ebenen», fasst die Spezialkommission die Befunde zusammen.
So wurden rechtliche Vorgaben verletzt. Poledna bemängelt etwa, dass die Klientinnen und Klienten im 18-seitigen Anmeldeformular auch eine Einverständniserklärung für Hausbesuche unterzeichnen mussten. Für derartige Besuche benötige es aber eine gesetzliche Grundlage.
Des weiteren schreibt er von «Nichteinhalten von finanzrechtlichen Vorgaben», «Verletzungen von Amtsgeheimnissen» und «Abschluss eines Vertrags ohne Beschluss der Sozialbehörde».
Im Bericht wird – neben zahlreichen weiteren Punkten – zudem von einer unklar definierter Rollenzuteilung zwischen Stadtrat und Sozialbehörde geschrieben, die Mühe bereitet und Abläufe verzögert habe. Und die Aktenführung im Sozialhilfebereich wird als «etwas handgestrickt» bezeichnet, es würden vorgeschriebene Aktenverzeichnisse fehlen.
Kritik an Stadträtin
Die Administrativuntersuchung kritisiert auch die 2018 gewählte Sozialvorsteherin Jacqueline Hofer (SVP) scharf. Poledna stellte bei ihr mangelnde Sachkenntnis fest. Die Lücken seien zu häufig und zu gravierend. «Als Sofortmassnahme empfehle ich eine vertiefende Fachschulung für die Sozialvorsteherin im Bereich des kommunalen und des Sozialhilferechts sowie in der Personalführung.»
Der Stadtrat von Dübendorf entzog Hofer das Dossier «Soziales» im Herbst 2020, um die Untersuchung unbelastet durchführen zu können. Die SVP kündigte im November 2021 an, dass die Stadträtin bei den Wahlen 2022 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr antreten werde.
Rechtsberatung und Einführungskurse
Die Spezialkommission des Gemeinderats legt dem Stadtrat nun verschiedene Verbesserungen nahe. So soll er prüfen, ob die Funktion eines Rechtskonsulenten geschaffen werden soll, um rechtskonforme Abläufe gewährleisten zu können.
Zudem soll die Sozialhilfe professionalisiert werden, indem unter anderem Anforderungsprofile für Mitarbeitende erstellt und regelmässige Supervisionen durchgeführt werden.
Beim allfälligen Einsatz von Sozialdetektiven müsse der Stadtrat sicherstellen, dass die Gesetze ordnungsgemäss eingehalten werden. Neu gewählte Stadtratsmitglieder sollen «mittels externer Kurse auf die Anforderungen aus ihren Amtsgeschäften» vorbereitet werden.