Greenpeace unter Beschuss Nach missglückter Protestaktion vor EM-Spiel hagelt es Kritik von allen Seiten

dpa

16.6.2021 - 10:16

Ein Greenpeace-Aktivist muss kurz vor Anpfiff des EM-Spiels zwischen Deutschland und Frankreich mit einem Motorschirm mitten im Stadion notlanden. Zwei Menschen werden verletzt, es hagelt Kritik von allen Seiten, nun drohen Konsequenzen.

16.6.2021 - 10:16

Nach der missglückten Protestaktion vor dem EM-Spiel Deutschland gegen Frankreich ermittelt die Polizei wegen verschiedener Delikte nach dem Strafgesetzbuch – und dem Luftverkehrsgesetz. Das teilt das Polizeipräsidium München mit. Ein 38 Jahre alter Mann aus Baden-Württemberg war am Vorabend kurz vor dem Anpfiff des Fussballspiels mit einem Motorschirm auf dem Platz in der Münchner EM-Arena gelandet und hatte im Landeanflug zwei Männer verletzt, die ins Krankenhaus kamen.

Gemäss einem Artikel der «Bild» wurde auch Frankreich-Trainer Didier Deschamps fast von den Gleitschirm-Trümmern getroffen und musste sich in Sicherheit bringen. Dabei schlug er sich bei der Trainerbank den Kopf an. «Ich habe eine kleine Beule, es ist nichts. Aber es hätte ernster sein können. So etwas muss nicht sein.»



«Das ist kein Kavaliersdelikt»

Der Pilot wurde festgenommen, sein Flieger sichergestellt. «Das Polizeipräsidium München betont, dass es keinerlei Verständnis für solche unverantwortlichen Aktionen gibt, bei denen eine erhebliche Gefährdung von Menschenleben in Kauf genommen wird», hiess es in der Mitteilung der Polizei. Auch von anderen Seiten hagelte es Kritik an der missglückten Aktion der Umweltorganisation Greenpeace, die als Protest gegen den Sponsor Volkswagen geplant war.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte Konsequenzen an. «Das wird genau behandelt, das sind klare Verstösse», sagte er dem Bayerischen Rundfunk. «Das ist kein Kavaliersdelikt.»

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«Das tut uns wahnsinnig leid»

Die UEFA sprach von einer «rücksichtslosen und gefährlichen Aktion», die schwerwiegende Folgen für viele Menschen hätte haben können. Auch der Deutsche Fussball-Bund verurteilte den Protest.

Eigentlich hätte laut Greenpeace alles ganz anders ablaufen sollen. Die Umweltorganisation forderte bei Twitter von Volkswagen, keine klimaschädlichen Diesel- und Benzinautos mehr zu verkaufen. Dazu sollte der Pilot vor Spielbeginn einen grossen gelben Ball in die Arena sinken lassen. Dabei geriet er in eine Stahlseilkonstruktion am Stadiondach und kam ins Trudeln, so dass er ins Stadion herabsank.

Ein Sprecher räumte noch während des laufenden Spiels ein, dass die Aktion missglückt sei – und entschuldigte sich. «Das tut uns wahnsinnig leid», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Auf dem Twitteraccount von Greenpeace hiess es: «Dieser Protest hatte nie die Absicht das Spiel zu stören oder Menschen zu verletzten.» Greenpeace-Aktionen seien immer friedlich und gewaltfrei.

Notlandung wegen technischen Schwierigkeiten

Eigentlich sei der Plan gewesen, dass der Pilot mit einem grossen Latexball über das Stadion schwebt, erklärte der Sprecher. Der Ball hätte dann hinab sinken sollen – der Pilot, der auch einen Propeller auf dem Rücken festgeschnallt hatte, sollte gar nicht landen. Technische Schwierigkeiten hätten ihn aber zur Notlandung auf dem Spielfeld gezwungen.

Volkswagen kritisierte, Greenpeace habe mit der Protestaktion «Leib und Leben unbeteiligter Zuschauer und Fans eines Fussballspiels in Gefahr gebracht und es wurden sogar Menschen verletzt.» VW sei offen für den kritischen und konstruktiven Dialog in Sachen Umwelt und Nachhaltigkeit und bekenne sich klar zum Pariser Klimaabkommen bis 2050.

Auch in den Sozialen Medien erntete Greenpeace Spott und scharfe Kritik. «Wichtiges Thema, aber krass idiotische und unverantwortliche Aktion», schrieb der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz bei Twitter. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte den Piloten in der «Bild»-Zeitung einen unverantwortlichen Abenteurer, «der seine Flugkünste selbst masslos überschätzt hat und dadurch Leib und Leben von Zuschauern im Stadion ernsthaft gefährdet hat».

dpa