Die Schweizer Nationalmannschaft hat sich gegen Wales in der 120. Minute für die WM qualifiziert. Ex-Nati-Kickerin Kathrin Lehmann spricht nach dem Erfolg mit blue Sport über die Stärken und Schwächen der Frauen-Nati und über den Abgang von Trainer Nils Nielsen.
Kathrin Lehmann, die Schweizer Frauen-Nati hat sich zum zweiten Mal für eine Weltmeisterschaft qualifiziert. Was bedeutet das für den Schweizer Frauenfussball?
Das bedeutet unglaublich viel. Vor allen Dingen, weil jetzt alle noch die EM in Erinnerung haben. So kann man diesen Lauf, diesen Hype rund um den Frauenfussball mitnehmen. Dass es auf so dramatische Art und Weise geklappt hat, ist sehr sympathisch, und Sympathie ist immer sehr gut für die Vermarktung.
Fast 8’000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren im Letzigrund. Hinzu kommt, dass wir an vier der letzten fünf grossen Turnieren dabei waren. Sind wir auf dem richtigen Weg, was den Frauenfussball in der Schweiz betrifft?
Das würde ich so jetzt nicht nur unterschreiben. Es ist grossartig, auch für den Herrenfussball. Die Schweiz ist ein kleines Land, da ist jede Qualifikation für eine Endrunde grossartig und ganz wichtig: ein Leuchtturm. Trotzdem ist es wichtig, dass die Liga mitzieht. Die europäische Dichte ist so eng geworden. Wir können nicht immer hoffen, dass wir Crnogorcevics, Wältis und Bachmanns haben. Wir müssen die ganze Breite nach oben bringen, damit auch eine Fabienne Humm, die ja einen grossen Anteil an unserer Qualifikation hatte, nicht 100 Prozent arbeiten muss. Wir sind auf einem Weg, den müsste man noch ein bisschen teeren und schauen, dass die guten Autos draufstehen, damit wir Gas geben können.
In der Vergangenheit konnte das Team in den entscheidenden Momenten die Leistung nicht immer abrufen. Gestern hat es geklappt. Hat dieses Team einen mentalen Schritt nach vorne gemacht?
Ja, das kann man auf jeden Fall sagen. Die Qualifikation ist ein riesiger Befreiungsschlag. Aber ich bin nicht ganz einverstanden, wenn man sagt, das Team habe in der Vergangenheit die Leistung nicht immer abgerufen. Das Team hat es sich einfach immer selber schwer gemacht. Zuerst die EM-Qualifikation im Penaltyschiessen, gestern der Sieg erst in der 120. Minute. Sie haben ein K.o.-Herz. Der nächste Schritt wäre, konstant gut zu sein. Dass man ein Team ist, das gejagt wird und nicht jagen muss.
Nils Nielsen wird an der WM nicht mehr an der Seitenlinie stehen. Sollte er dieses Projekt nicht noch fertig machen und die WM noch anhängen?
Nein! Es war ein Entscheid, der bereits kommuniziert war. Ich freue mich sehr für ihn, dass er das erfolgreich beenden konnte. Eine Beziehung zwischen Team und Coach ist wie eine richtige Beziehung. Wenn man einmal Schluss gemacht hat und dann meint, man könne noch ein bisschen weiter plänkeln, dann endet das meistens tragisch.
Was traust du dem Nationalteam an der WM in Australien und Neuseeland zu?
Das ist tatsächlich immer ein bisschen von der Gruppenauslosung abhängig. Aber was klar ist: Die Schweiz kann K.o.-Spiele. Das haben sie jetzt bewiesen, deshalb wünsche ich mir, dass sie in die K.o.-Runde kommen. Und dann können wir uns auf dramatische Spiele freuen. Da braucht es nur noch das richtige Getränk im Kühlschrank (lacht).
Was für ein Getränk?
Also mit Milch habe ich noch nie einen geilen Sieg gefeiert (lacht).