Ohne Anlaufzeit tritt Murat Yakin im August das Erbe des abgewanderten Vladimir Petkovic an. In seinen ersten sieben Spielen macht der Nati-Trainer seinen Vorgänger aus mehreren Gründen schon fast vergessen.
Sieben Spiele, keine Niederlage, zwei Gegentore – die Bilanz von Murat Yakin als Trainer der Schweizer Nati lässt sich definitiv sehen. Mit der Ausbeute von 2,14 Punkten pro Spiel ist Yakin momentan der mit Abstand erfolgreichste Nationaltrainer, auch wenn dies nach so kurzer Zeit wenig aussagekräftig ist. Aber nicht nur deshalb fliegen ihm die Sympathien zu, auf die Vladimir Petkovic in seiner siebenjährigen Amtszeit nie zählen kann.
Sportlich hieft Petkovic die Nati nach seinem Amtsantritt 2014 zweifellos auf die nächste Stufe. Als erster Nati-Coach hat er mit der kleinen Schweiz die Ambition, stets dominant aufzutreten. Das Vorhaben scheitert zwar ab und an, dennoch führt Petkovic die Mannschaft mit dieser Mentalität im abgelaufenen Sommer in den EM-Viertelfinal.
Auf klatschende Journalisten trifft Petkovic aber selten bis gar nicht. Zu wenig Kommunikation, zu wenig Flexibilität und zu viel Distanz werden dem heutigen Bordeaux-Coach nachgesagt. Zeitweise scheint alles falsch, was Petkovic auch unternimmt. Der 58-Jährige kämpft oft nicht nur um Siege und Punkte, sondern vielmehr um die Akzeptanz der Medien und Fans.
Rund drei Monate nach Petkovics Abgang erreicht die Nati mit der geschafften WM-Quali den nächsten Meilenstein. Der langjährige Baumeister des Erfolgs gerät dabei fast etwas in Vergessenheit. Dafür verantwortlich zeichnet sich in erster Linie ausgerechnet sein Nachfolger, der die Herzen der Fans aus mehreren Gründen im Nu erobert.
Yakin zu Gast im Heimspiel
Murat Yakin ist am kommenden Donnerstag zu Gast im Heimspiel – Der Fussball-Talk. Heimspiel liefert Standpunkte und Argumente und vertieft aus einer schweizerischen Perspektive die wichtigsten Themen des Fussballs: kontrovers, engagiert, humorvoll. Immer donnerstags auf blue Zoom im Free-TV ab 21 Uhr. Oder hier als Podcast.
Die Vergangenheit
Im Gegensatz zu Petkovic ist Yakin selbst ein verdienter, 45-facher Nationalspieler. In seiner Aktivzeit macht er sich in der Schweiz mit 200 Einsätzen in der Super League einen Namen und avanciert zu einem Publikumsliebling. Sympathien, die Yakin bis heute nicht einbüsst.
Zudem kennt er den Schweizer Ligafussball aus eigener Erfahrung haargenau und weiss so um die Qualitäten der besten Super-League-Spieler. Bestes Beispiel ist die Nomination von FCB-Routinier Fabian Frei, der unter Petkovic längst nicht mehr berücksichtigt wurde. Mit überragenden Leistungen zahlt der polyvalente Mittelfeldspieler Yakin das Vertrauen zurück.
Die Lockerheit
Ob im Umgang mit Medien und Fans oder dann mit kurzfristigen Ausfällen legt Yakin eine beachtliche Flexibilität und Offenheit an den Tag. Eine feste Rangordnung im Team existiert bei ihm nicht, auch gestandene Spieler müssen sich ihren Platz mit Leistung verdienen.
An Pressekonferenzen sorgt er mit spontanen Antworten immer wieder für Lacher, nach dem Spiel schiesst er vor dem Stadion Selfies mit Anhängern. Diese Leichtigkeit scheint sich auf sein Team zu übertragen und dieses zu beflügeln.
Die Kommunikation
Yakin hat Ausstrahlung und verkörpert die nötige Sicherheit gegenüber Journalisten oder Sponsoren. Er führt seine Überlegungen aus und weicht einer Frage nur selten aus. Damit legt der ehemalige Schaffhausen-Coach einen ganz anderen Stil an den Tag als Vorgänger Petkovic.
Ob sich das auch hinsichtlich der Amtszeit auswirkt, muss sich zeigen. Petkovic hielt sich schliesslich geschlagene sieben Jahre auf dem Posten des Nationaltrainers, während Yakins bisher längste Amtszeit im Klubfussball bei Schaffhausen zwei Jahren anhielt. Seine Kritiker brachte Yakin jedenfalls innert kürzester Zeit zum Schweigen. Bleibt die Frage, für wie lange?