US Open Ärger mit dem Publikum und viele verpasste Chancen – Bencics Final-Traum geplatzt

Von Luca Betschart, New York

6.9.2019

Mit Belinda Bencic verabschiedet sich in der Nacht auf Freitag auch die letzte Schweizer Hoffnung aus New York. Gegen Bianca Andreescu erlebt die 22-Jährige ein Spiel der verpassten Chancen – und ärgert sich über das Publikum.

Zumindest einen Satzgewinn hätte sich Belinda Bencic in einem über zweistündigen Abnützungskampf verdient. Im ersten Satz schnuppert die Schweizerin mehrfach an einem Servicedurchbruch, erarbeitet sich gegen die zähe Kanadierin sechs Breakbälle und hat beim Stand von 5:4 gar einen Satzball – doch Andreescu weiss sich stets zu befreien und schafft es irgendwie ins Tiebreak. Dort dreht die 19-Jährige im Stile eines Routiniers dann mächtig auf, geht mit 5:0 in Führung und sichert sich den Startsatz, ohne die bessere Spielerin gewesen zu sein.

Umso bitterer ist der Satzrückstand deshalb für Bencic. «Logisch ist es nicht einfach und es war frustrierend», sagt sie nach dem Spiel. Allerdings betont die Schweizerin, dass ihre Kontrahentin in den wichtigen Momenten jeweils stark aufgetrumpft habe. «Bei ihrem Aufschlag konnte ich nicht viel beeinflussen, weil sie bei vielen Breakchancen gut serviert hat oder mit dem zweiten Ball viel Druck gemacht hat.» Sie könne sich da nicht allzu viel vorwerfen.

«Jeder Ball ist gleich wichtig»

Trotzdem bedauert Bencic, dass sie in diesen Momenten nicht zupacken konnte. «Wenn ich den Satzball mache, dann würde es logisch mindestens einen dritten Satz und einen offenen Match geben», sagt die Ostschweizerin. Die Niederlage aber an diesem einen Punkt aufhängen, will sie nicht. «Jeder Ball ist gleich wichtig, ich trauere jedem Punkt nach, den ich verloren habe.»

Bencic steckt in der Folge aber nicht auf – im Gegenteil: «Ich habe in diesem Moment versucht, nicht weiter zu fokussieren, obwohl es wehtat.» Und das gelingt der 22-Jährigen sehr gut. Im 2. Satz realisiert sie mit ihrer siebten Gelegenheit gleich im ersten Aufschlagsspiel von Andreescu das lang ersehnte erste Break und kann kurze Zeit später gar mit Doppelbreak 5:2 in Führung gehen. «Ich denke, diesbezüglich bin ich mental schon besser geworden. Früher hätte mich der Verlust des 1. Satzes mehr aufgeregt.»

Umso enttäuschender dürfte für Bencic sein, dass sie anschliessend auch den zweiten Satz trotz der klaren Führung nicht gewinnen kann und es gar nicht mal ins Tiebreak schafft. Während die Fehlerquote bei der 22-Jährigen zunimmt, findet Andreescu noch einmal einen zusätzlichen Gang und gewinnt fünf Games in Folge – und das Match.

Ein (zu) lautes New Yorker Publikum

Dass ihr mit dem möglichen Satzausgleich vor Augen die Nerven einen Streich spielten, glaubt Bencic aber nicht. «Ich machte einfach hie und da einen blöden Fehler und sie (Andreescu, Anm. d. Red.) packte starke Schläge aus. Im Tennis geht es schnell, die Dinge wenden sich schnell. Heute unglücklicherweise nicht auf meine Seite.»

Hinzu kommt, dass sich Bencic auch mit dem teilweise parteiischen, vor allem aber lauten Publikum schwerzutun scheint. Mehrfach beschwert sie sich beim Schiedsrichter, dass es zu unruhig sei. «Ich fand es schade, dass die Leute noch herumliefen, wenn wir zu spielen beginnen wollten», bestätigt die aktuelle Weltnummer 12 diesen Eindruck und fügt an: «Aber es ist New York, es ist laut – das ist nun mal so. Es war auch schön, auf so einem riesigen Court zu spielen.»

Das Positive überwiegt

Trotz der bitteren Niederlage zieht Bencic aber bereits kurz nach der Partie ein positives Turnier-Fazit: «Wir sprachen im Team, was wir hier erreicht haben. Der Halbfinal ist mein mit Abstand bestes Resultat. Wir sollten das definitiv nicht als selbstverständlich nehmen und dankbar sein – das hat mich positiv gestimmt.»

Das gute Abschneiden gebe ihr ausserdem Selbstvertrauen für die nächsten Turniere und Grand Slams – und motiviert. Bencic: «Ich möchte mir auch in den nächsten Grand Slams die Chance erarbeiten, einen Halbfinal oder Viertelfinal zu spielen. Ich denke, wenn man viele Chancen hat, nutzt man irgendwann eine – und das ist mein Ziel.»

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