In Kooperation mit Basler Versicherungen und Baloise Session
20.11.2020
Stephan Eicher Interview
23.11.2020
30. November um 18.30 Uhr: Livestream-Konzert mit Stephan Eicher
Die zweite Welle brachte ihn aus seiner Wahlheimat in der Camargue zurück in die Schweiz. «Hier sind wir viel freier», sagt Stephan Eicher. Hier bereitet er sich auf das Live-Streaming-Konzert Baloise Session @home vor.
Stephan, wie geht es Dir?
Stephan Eicher: Wie allen. Ein bisschen komisch, ein bisschen chaotisch, emotionell. Aber hey, das Leben ist oft so.
Wie trifft Dich die Pandemie als Mensch, aber auch als Künstler?
Stephan Eicher: Die erste Welle habe ich in Frankreich erlebt, die dort bedeutend «polizeihafter» war. Man war wirklich eingesperrt. Die Polizei hat mich angehalten und ich musste eine Busse zahlen, weil ich den Zettel mit der Ausgeh-Bescheinigung mit Bleistift unterschrieben hatte. Das war wirklich heavy. Die zweite Welle erlebe ich in der Schweiz. Hier sind wir viel, viel freier. Ich kann spazieren, ich kann arbeiten, ich kann Dich treffen, was in Frankreich verboten wäre. Ich ziehe die Schweizer Version vor. Aber es ist immer noch – ich suche nach dem Wort, ähm – Scheisse!
«Ich würde sogar zahlen für die Begegnung mit dem Publikum »
War die zweite Welle für Dich ein Grund, zurück in die Schweiz zu kommen?
Stephan Eicher: Ein wenig schon, ja. Ich kam in die Schweiz, um wieder zu arbeiten. Anfang März mussten wir aber aufhören, hatten keine Jobs, keine Einkünfte mehr. Dann durften wir drei Wochen im Oktober fünf Konzerte spielen. Ich spiele pro Jahr 60 bis 70 Konzerte, um den ganzen «Charre am Laufe z’bhalte»: Musiker, Techniker, um mein Team zu bezahlen. Jetzt, mit fünf Konzerten, wird es finanziell ein bisschen komplizierter. Ja, ich bin in die Schweiz gekommen, weil ich die Attitude der französischen Regierung nicht vertragen habe. Ich bin immer noch ein Demokrat. Ich finde, es ist gut, wenn das Volk ein wenig sagen kann, wie es die Dinge haben möchte.
Künstler und Musiker, viele Menschen, die mit Livekultur ihr Brot verdienen, kämpfen um ihre Existenz. Wer soll ihnen helfen? Der Staat?
Stephan Eicher: Beim ersten Lockdown war es für mich vollkommen okay, dass ich mich selbst um mein Team – das sind 14 Leute – kümmere. Das habe ich finanziert mit meinem für mein Alter zurückgelegten Geld. Jetzt, beim zweiten Mal, muss ich sagen: Nein! Ich will ein bisschen ausholen: Wenn ich mit meinen Musikern, Technikern, dem ganzen Zirkus auf die Bühne gehe, für diesen Moment muss ich nicht bezahlt werden. Das ist ein Vergnügen. Ich würde vielleicht sogar bezahlen für die Begegnung mit dem Publikum. Aber denkt daran: Wenn wir auf der Bühne sind und so etwas Tolles singen, das ist nicht, weil wir Talent haben. Das ist Arbeit, die vorher gemacht wird – Stunden, Wochen, Monate. Für unsere Liveshows im Sommer sind das seit September des Vorjahres Investitionen, Zeit, Aufwand, üben, üben, üben. Wenn dann jemand sagt, es wird nicht gearbeitet, finde ich, dass der Staat uns unterstützen müsste. Oder lasst uns wieder arbeiten!
Sollten Sponsoren einspringen?
Stephan Eicher: Das finde ich schwierig. Ich schreibe ja nie ein Lied für eine Versicherung zum Beispiel. Ich singe es meistens für Menschen oder Situationen. Aber früher haben wir ja für den König und den Papst gespielt. Vielleicht spielen wir bald wieder für den König und den Papst?
«Vielleicht spielen wir bald wieder für den König und den Papst? »
Am 30. November spielen Sie das Live-Streaming-Konzert Baloise Session @home. Was ist für Sie dabei die besondere Herausforderung?
Stephan Eicher: Ich habe das Glück, dass mein Pianist Reyn Ouwehand auch ein guter Facebook-Hacker ist. Mit ihm haben wir eine neue Form des Streamings gefunden: ohne Kopfhörer, die Instrumente sehr, sehr akustisch, alles sehr offen. Bei der Baloise Session @home werden wir nicht auf der Bühne spielen, sondern dort, wo normalerweise das Publikum sitzt. Dieser Platz ist für mich symbolisch. Auf der Bühne würde ich gerne eine Kerze haben, wo jemand mit der Hand die Flamme schützt – als Bild für den Schutz der Kultur. Vielleicht könnte das ein Bundesrat machen?
Kann Livestreaming für die Musikwelt eine neue Kulturform werden?
Stephan Eicher: Nick Cave, der hat das gemacht in einem leeren Palast am Klavier sitzend. Dort habe ich es genossen, es hat einfach funktioniert. Billie Eilish, die ich auch sehr schätze, war für mich enttäuschend. Wenn es 30 Dollar kostet, jemandem bei einem Videoclip zuzuschauen: Sorry!
Was sind Deine nächsten Pläne?
Stephan Eicher: Ich probiere etwas zu machen, wo ich zum Publikum kann – auch während der Zeiten von COVID und mit allen Hygiene-Regeln. Ich habe das Gefühl, 2021 ist das nicht weg. Ich probiere einen kleinen Zirkus zu bauen, der an überraschenden Orten wie Schlösser, ja, sogar Bunker der Armee auftritt. Alles live – und nicht gestreamt. ZVE
LIVESTREAMING-KONZERT BALOISE SESSION @HOME
Die Baloise Session gehört zu den renommiertesten Musikfestivals der Schweiz. Unterstützt vom langjährigen Presenting Partner Basler Versicherungen, der unter dem Motto «Baloise goes Music» die Schweizer Musikszene unterstützt, wurde dieses Jahr das neue Live-Streaming-Konzert Baloise Session @home ins Leben gerufen, um exklusive Live-Musik-Erlebnisse den Fans auch digital und online zu vermitteln.