Repression Gesichtserkennung bringt Anti-Putin-Demonstranten hinter Gitter

dj

4.5.2021

Dank Gesichtserkennungssoftware muss man Oppositionelle nun nicht mehr vor laufenden Kameras festnehmen.
Dank Gesichtserkennungssoftware muss man Oppositionelle nun nicht mehr vor laufenden Kameras festnehmen.
Keystone

In Moskau wird nun Gesichtserkennungssoftware eingesetzt, um regierungskritische Demonstranten zu identifizieren und festzunehmen. Wladimir Putin nimmt sich hier offenbar China zum Vorbild.

dj

4.5.2021

Im Moskauer Stadtgebiet gibt es 189’000 Überwachungskameras mit Gesichtserkennungsfunktion, dazu kommen nochmal 12’300 weitere in U-Bahn-Waggons. Und diese Überwachungsinfrastruktur wird offenbar aktiv zur Repression eingesetzt.

Laut einem Bericht von «Bloomberg» wurden durch Gesichtserkennung in den vergangenen Wochen über 50 Teilnehmer*innen an Demonstrationen gegen die Inhaftierung von Oppositionsführer Alexei Nawalny identifiziert und festgenommen.

Die Technik ermöglichte einen Strategiewechsel bei der Bekämpfung von Dissens. Im Gegensatz zu früheren regierungskritischen Protesten werden inzwischen relativ wenig Teilnehmer*innen vor Ort festgesetzt. Stattdessen konnten Demonstrant*innen nun später in Ruhe und weniger öffentlich in ihren Wohnungen verhaftet werden.

Von China inspiriert

Ursprünglich wurde das System als gute Gabe für die Bürger*innen verkauft. Sie könnten per Gesichtserkennung etwas ihr U-Bahn-Ticket bezahlen, ausserdem könnten Corona-Beschränkungen überwacht werden. Bei der jetzigen Verwendung wurde die Regierung von Dauer-Präsident Wladimir Putin aber offensichtlich von China inspiriert. Hier wird Gesichtserkennung in einem ungleich grösseren Ausmass zur Überwachung und Unterdrückung der Uiguren-Minderheit eingesetzt.



Kritik an der Verwendung von Gesichtserkennungssoftware ist jedoch nicht auf autoritäre Staaten beschränkt. Im Zuge der «Black Lives Matter»-Proteste in den USA vergangenen Sommer gab es Vorwürfe, die Technik werde zur Identifikation friedlicher Demonstrant*innen eingesetzt. Und auch Schweizer Polizeibehörden setzen verstärkt auf Gesichtserkennungssoftware und das grösstenteils unreguliert, wie der «Tages-Anzeiger» jüngst berichtete.