UnappetitlichAmazon entschuldigt sich für «Pinkeln in Flaschen»-Tweet
dpa/dj
6.4.2021
Die Arbeitsbedingungen beim Onlinehändler Amazon stehen schon seit längerem im Fokus der Kritik. Nun ist die Debatte um eine unappetitlichen Aspekt reicher.
06.04.2021, 12:18
06.04.2021, 12:27
dpa/dj
Der weltgrösste Onlinehändler Amazon hat sich nach einer Twitter-Auseinandersetzung darüber, wo und wie Beschäftigte ihre Notdurft verrichten, bei einem US-Abgeordneten entschuldigt.
Am Osterwochenende räumte der Konzern von Multimilliardär Jeff Bezos in einer Mitteilung ein, dass Lieferfahrer*innen mitunter keine Toiletten fänden und bestätigte somit erstmals Berichte, wonach Mitarbeiter*innen unter hohem Zeitdruck im stressigen Arbeitsalltag in Flaschen urinieren. Dass dies zunächst über einen offiziellen Twitter-Account von Amazon abgestritten wurde, sei ein «Eigentor» gewesen.
Keine Entschuldigung an Mitarbeiter*innen
Der Konflikt hatte vorletzte Woche mit einem kritischen Tweet des Abgeordneten Marc Pocan von der demokratischen Partei begonnen: «Mitarbeitern 15 Dollar Stundenlohn zu zahlen, macht einen nicht zu einem «fortschrittlichen Arbeitsplatz», wenn man gegen Gewerkschaften vorgeht und Beschäftigte in Wasserflaschen urinieren». Amazon hatte zunächst in ungewöhnlich scharfem Ton bei Twitter gekontert: «Sie glauben nicht wirklich die Sache mit dem Pinkeln in Flaschen?». Und weiter: «Wenn das wahr wäre, würde niemand für uns arbeiten.»
Nun zeigte sich der Bezos-Konzern zwar einsichtig: «Wir entschuldigen uns beim Abgeordneten Pocan». Eine Entschuldigung an die betroffenen Mitarbeiter*innen enthält das Statement zwar nicht, allerdings kündigte Amazon an, das Pinkelproblem in Angriff nehmen zu wollen. «Wir wissen bislang noch nicht wie, aber wir werden nach Lösungen suchen.» Das Unternehmen betonte jedoch auch, dass es sich um ein branchenweites Problem handele, das sich nicht auf Amazon beschränke und sich durch die Schliessung öffentlicher WCs in der Corona-Krise verschärft habe.
Sigh.
This is not about me, this is about your workers—who you don't treat with enough respect or dignity.
Start by acknowledging the inadequate working conditions you've created for ALL your workers, then fix that for everyone & finally, let them unionize without interference. https://t.co/tdIns0AR66
Amazon war in den vergangenen Wochen sogar noch stärker unter Druck geraten. Kurz nach dem Disput mit dem Politiker Pocan hatte das Investigativportal «The Intercept» geleakte Dokumente einer Amazonlogistics-Managerin veröffentlicht, in denen unter anderem klargestellt wird, dass keine Tüten mit «menschlichen Fäkalien» in den Lieferzentren geduldet werden.
Amazon äusserte sich dazu auf Nachfrage zunächst nicht und ging auch in der aktuellen Stellungnahme nicht darauf ein. Die Arbeitsbedingungen des Konzerns standen zuletzt besonders stark im Fokus, da durch eine Abstimmung in Alabama erstmals eine US-Gewerkschaft bei Amazon Einzug erhalten könnte.