Android-Flaggschiff Das Xiaomi 12 Pro im Praxistest

DPA/dj

15.5.2022 - 00:00

Das Xiaomi 12 Pro kostet offiziell 1200 Franken, ist inzwischen aber auch schon günstiger zu bekommen. 
Das Xiaomi 12 Pro kostet offiziell 1200 Franken, ist inzwischen aber auch schon günstiger zu bekommen. 
Xiaomi

Xiaomi hat einen Lauf. 2021 schloss der Smartphone-Hersteller die Lücke, die der von US-Sanktionen gebeutelte Konkurrent Huawei hinterlassen hat. Setzt das neue Flaggschiff 12 Pro den Erfolg fort?

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Xiaomi hat sich in den vergangenen Jahren einen Ruf als Anbieter besonders günstiger Smartphones erworben. Selbst die Spitzenmodelle des chinesischen Herstellers blieben unter der 1000-Franken-Schwelle. Doch die Zeiten ändern sich: Alles wird teurer, auch das aktuelle Top-Modell Xiaomi 12 Pro für 1200 Franken.

Es gehört zu den Smartphones, die mit dem momentan leistungsstärksten Mobilprozessor für Android-Geräte, Qualcomms Snapdragon 8 Gen 1, ausgestattet sind. Xiaomi hat das Hochleistungssystem in einem edlen Gehäuse mit leicht abgerundeten Kanten untergebracht. Alles hier fühlt sich stimmig an. Das Gerät liegt gut in der Hand. Die samtige Gehäuserückseite ist unempfindlich gegenüber Fingerabdrücken.

Beim Benchmark-Test «PCMark» kam das Xiaomi 12 Pro auf über 13'000 Punkte und ordnet sich so in der Performance-Bestenliste mit ganz oben ein.

Gemischt fielen dagegen die Ergebnisse beim «3DMark»-Test aus. Hier wurden im Einzeldurchlauf knapp 78 Bilder pro Sekunde angezeigt, was gute Gaming-Leistung verspricht. Bei einer Wiederholung des «3DMark» wurde der Test allerdings abgebrochen. Das Xiaomi 12 Pro war zu heiss gelaufen. Geräte der Android-Oberklasse wie das Samsung S22+ verfügen hier über ein besseres Hitzemanagement.

Nur mit Fingerspitzen: Ein wiederholter «3DMark»-Benchmark-Test brach ab, weil das Xiaomi 12 Pro zu heiss gelaufen war.
Nur mit Fingerspitzen: Ein wiederholter «3DMark»-Benchmark-Test brach ab, weil das Xiaomi 12 Pro zu heiss gelaufen war.
Franziska Gabbert/dpa-tmn

Voller Akku in 20 Minuten

Bei der Batterielaufzeit bewegt sich das Xiaomi 12 Pro im Mittelfeld. Bei unserem Standard-Testszenario hielt das Gerät acht Stunden und 40 Minuten durch. Die besten Samsung-Modelle kommen hier auf knapp zehn Stunden. Das gleicht Xiaomi aber mit einem sensationell flotten Ladegerät aus, das über sage und schreibe 120 Watt verfügt. Das spürt man auch im Alltag: In nur 20 Minuten lädt der Akku komplett auf.

Schneller geht das wohl bei keinem anderen Smartphone. Dafür nimmt man auch in Kauf, dass das Netzteil mit 220 Gramm vergleichsweise schwer geraten ist. Beim kabellosen Laden beträgt die Ladeleistung bis zu 50 Watt, was ebenfalls sensationell gut ist. Diesen Wert erreichen Samsung und Apple nicht einmal mit Kabel.

Im Test gefiel auch uneingeschränkt das brillante 6,73 Zoll grosse AMOLED-Display, nicht nur wegen der kräftigen Farbwiedergabe, sondern weil die Bildschirminhalte auch bei hellem Umgebungslicht sehr gut zu erkennen waren. Xiaomi verwendet hier die beste Displayklasse (A+).

Am Display gibt es nichts auszusetzen.
Am Display gibt es nichts auszusetzen.
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Das Display verfügt über eine Bildwiederholrate von bis zu 120 Hertz. Heisst: Beim Scrollen oder bei schnellen Bildwechseln im Game sieht alles sehr flüssig aus. Das Pro ist ausserdem in der Lage, diese Frequenz bei statischen Inhalten auf bis zu 1 Hertz runterzufahren, um Strom zu sparen. Beim Display spielt Xiaomi also in der Top-Liga mit. Zusammen mit den Vierfach-Lautsprechern von Harman Kardon mit Unterstützung für Dolby Atmos bekommt man hier ausserdem ein Mini-Kino für die Westentasche geliefert.

Gefällige Fotos im Praxistest

Auf den ersten Blick weniger wettbewerbsfähig in der Oberklasse sind die drei verbauten Kameras an der Rückseite. Neben der Hauptkamera gibt es nur ein zweifaches optisches Zoom. Und der Ultraweitwinkel kann keine Makroaufnahmen machen. Fotoenthusiasten, die gerne in Szenen hineinzoomen, müssen sich woanders umsehen.

Im Praxistest gefielen die Fotos aber, auch weil man unkompliziert den Bildhintergrund unscharf stellen kann. Bei Nachtaufnahmen liess das Xiaomi 12 Pro allerdings den Detailreichtum anderer Android-Smartphones wie Pixel 6 Pro von Google oder Huawei Mate 40 Pro vermissen.

Bei der Hauptkamera des Xiaomi 12 Pro arbeitet ein optischer Bildstabilisator mit: Er verhindert verwackelte Bilder.
Bei der Hauptkamera des Xiaomi 12 Pro arbeitet ein optischer Bildstabilisator mit: Er verhindert verwackelte Bilder.
DPA

Auf der Habenseite steht weiter ein optischer Bildstabilisator, der verhindert, dass die Fotos verwackeln. Positiv zu erwähnen ist auch die Kamera-Software, die die riesigen Daten der drei 50-Megapixel-Sensoren auf eine vernünftige Dateigrösse schrumpft. Dabei werden vier Bildpunkte zu einem Pixel optimiert, sodass am Schluss 12,5 Megapixel als normale Auflösung herauskommen.

Eher enttäuschend fielen die Testergebnisse mit der Selfie-Kamera aus. Wir hatten teilweise Schwierigkeiten mit der Schärfe der Frontkamera, weil Xiaomi hier auf einen Autofokus verzichtet. Zudem kann die 32-Megapixel-Kamera keine 4K-Videos aufzeichnen.

Die Liste der Einschränkungen

Damit sind wir bei den Features, die man eigentlich bei einem Smartphone der Oberklasse erwarten könnte, die das Xiaomi 12 Pro aber nicht bietet: Man kann keine E-SIM aktivieren. Es gibt auch keinen Slot für eine Micro-SD-Speicherkarte. Und statt des aktuellen USB-Schnittstellenstandards 3.0 bietet das 12 Pro nur USB 2.0, was beispielsweise die Übertragung grosser Videodateien spürbar ausbremst.

Merkwürdig ist auch, dass Xiaomi für das 12 Pro keine IP-Schutzklasse ausweist. Aber wahrscheinlich wollte der Hersteller nur die Kosten für die Zertifizierung sparen, denn das SIM-Kartenfach beispielsweise wurde mit einer vor Wasser und Staub schützenden Gummidichtung versehen, wie sie bei IP68-zertifizierten Handys üblich ist.

Fazit: Für ein Smartphone, das mit einem Listenpreis von 1200 Franken an das Niveau von Samsung oder Apple heranreicht, ist die Liste der Einschränkungen dann doch ein wenig zu lang. Allerdings hat der Markt schnell reagiert. Das Xiaomi 12 Pro ist inzwischen bei manchen Händlern schon für rund 900 Franken zu haben. Und das ist dann auch ein fairer Preis.