Musk kündigt Rücktritt bei Twitter an «Sobald ich jemanden finde, der dumm genug ist, den Job zu übernehmen»

dpa

21.12.2022 - 05:08

Twitter-Umfrage-Ergebnis: Musk muss gehen

Twitter-Umfrage-Ergebnis: Musk muss gehen

STORY: Twitter-Nutzer haben sich für einen Abgang von Unternehmenschef Elon Musk entschieden. Rund 17,5 Millionen Stimmen wurden in einem Votum abgegeben, das Musk selbst eingeleitet hatte. Und seit Montagmittag deutscher Zeit liegt das Ergebnis vor. Demnach waren 57,5 Prozent für den Rücktritt und 42,5 Prozent dagegen – ein Votum, an das sich der Tech-Multimilliardär nach eigenen Angaben halten will. Allerdings hatte Elon Musk im Vorfeld keine genauen Angaben dazu gemacht, wann er zurücktreten würde, falls die Umfrageergebnisse entsprechend ausfielen. Nun ist das Ergebnis da. Und man darf gespannt auf die nächsten Schritte schauen und wie es mit dem Kurznachrichtendienst Twitter weitergeht, der seit Wochen nicht aus den Schlagzeilen kommt.

21.12.2022

Das Ergebnis der fragwürdigen Online-Abstimmung ist deutlich: Elon Musk soll als Chef von Twitter zurücktreten. Daran will sich der Tech-Milliardär halten – und solange Geschäftsführer bleiben, bis er einen Nachfolger gefunden habe. 

Im Oktober kaufte Elon Musk für rund 44 Milliarden Dollar den Kurznachrichtendienst Twitter. Seit der Übernahme herrscht beim Online-Netzwerk Chaos. Nun will Musk selbst als Chef zurücktreten – doch nur unter einer Bedingung, die schwierig zu erfüllen ist.

Elon Musk will als Twitter-Chef zurücktreten – allerdings erst, wenn ein Nachfolger gefunden ist. Das twitterte der Eigentümer des Kurznachrichtendienstes am Dienstag (Ortszeit). Sollte er jemanden finden, der, «der dumm genug ist, den Job zu übernehmen», werde er selbst nur noch die Software- und Server-Teams führen.

witter-Nutzer hatten sich zuvor in einer von Musk eingeleiteten Umfrage mehrheitlich für dessen Rücktritt ausgesprochen. Es deutet derzeit allerdings wenig darauf hin, dass Musk zügig einen geeigneten Kandidaten für den Top-Job findet. So oder so dürfte er als Eigentümer grossen Einfluss behalten.

Musk hatte vor der Abstimmung bereits gewarnt, dass es keine Interessenten gebe, die in der Lage seien, «Twitter tatsächlich am Leben zu halten». Er selbst hatte den Spitzenposten im Zuge seines rund 44 Milliarden Dollar schweren Kaufs der Internetplattform im Oktober übernommen. Musk hatte allerdings schon wiederholt signalisiert, dass dies keine Dauerlösung sein dürfte. Er gehe davon aus, seine Arbeitszeit bei Twitter zu reduzieren und die Führung dort mit der Zeit abzugeben, sagte Musk vergangenen Monat.

Der Tech-Milliardär leitet auch noch andere Unternehmen wie den Elektroautobauer Tesla und die Raketenfirma SpaceX. Bei deren Investoren sorgen Musks grosses Engagement und die andauernden Turbulenzen bei Twitter für Unmut und Befürchtungen, dass er seine anderen Unternehmen vernachlässigt und ihrem Ruf schadet. Einige wichtige Aktionäre von Tesla haben sich bereits öffentlich beschwert, dass Musks Fokus zu stark auf Twitter liege und er als Vorstandschef des Autokonzerns zurzeit ausfalle. Tesla steht ohnehin unter Druck – die Aktie ist in drei Monaten um rund 50 Prozent gesunken.

Chaos und Kontroversen

Musks bislang knapp zwei Monate als «Head of Twitter» waren von Chaos und Kontroversen geprägt. Nach einer Reihe höchst umstrittener Entscheidungen wurde der Gegenwind für den 51-jährigen Starunternehmer zuletzt immer stärker. So fiel die am Sonntag von ihm selbst eingeleitete Twitter-Umfrage dann auch recht klar aus: Von 17,5 Millionen Stimmen waren 57,5 Prozent für den Rücktritt. Zuvor hatte Musk versichert, sich an das Ergebnis des Votums zu halten. Laut US-Medienberichten war seine Suche nach einem neuen Chef schon vor der Abstimmung im Gange – bislang jedoch ohne Erfolg.

In der vergangenen Woche eskalierte die Lage bei Twitter immer weiter. So sperrte Musk – trotz seines immer wieder betonten Bekenntnisses zur Redefreiheit – zunächst einen automatisierten Account zur Nachverfolgung seines Privatjets und später zeitweise auch die Nutzerkonten einiger US-Journalisten. Weiteren Ärger löste sein Vorhaben aus, Nutzerinnen und Nutzern künftig nicht mehr zu erlauben, ihre Präsenz auf bestimmten Konkurrenz-Plattformen zu bewerben – darunter Facebook, Instagram oder Mastodon. Musk versprach in der Nacht zu Montag in einem weiteren Tweet, grössere Änderungen der Richtlinien künftig ebenfalls zur Abstimmung zu stellen.

Das Votum über seinen Rücktritt als Twitter-Chef ist nicht die erste Umfrage, die Musk auf der Internetplattform durchführen liess. Im vergangenen Jahr liess Musk sich zum Beispiel mit einer Twitter-Abstimmung verpflichten, ein Zehntel seiner Tesla-Aktien zu verkaufen. Im November liess er abstimmen, ob der ehemalige US-Präsident Donald Trump wieder auf dem Kurznachrichtendienst tätig werden darf. Ja, darf er, lautete mit knapper Mehrheit die Antwort, woraufhin Twitter den Account wieder entsperrte. Trump war im Zuge von Sympathiebekundungen für Anhänger, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington gestürmt hatten, von Twitter verbannt worden.

Weitere Verrohung von Twitter befürchtet

Musks Twitter-Kauf hatte von Anfang an für viel Argwohn gesorgt. Der Multimilliardär begründete die Übernahme als Aktion zur Stärkung der Redefreiheit. Kritiker befürchteten jedoch eine weitere Verrohung der Internetplattform und sorgten sich, dass der Eigentümerwechsel zu ungezügelteren Hassbotschaften, Hetze und Desinformationen führen könnte. Musk gelang es nicht, diese Bedenken auszuräumen. ImGegenteil: Mit einer Kündigungswelle, erratischen Regeländerungen und anderen brisanten Entscheidungen erschütterte er das Online-Netzwerk und verschreckte Anzeigenkunden – die wichtigste Einnahmequelle.